Ein Präsident, der sich als Alleinherrscher gebärdet, dabei aber mehr Fan ist als Fachmann. Der die falschen Trainer verpflichtet und eine dysfunktionale Mannschaft zusammenstellt, in der es an Leaderfiguren mangelt. Man mixe all dies zusammen, und fertig ist das Desaster.
So kam es auch:
Sieben Jahre nach dem letzten Meistertitel stieg der FC Zürich ab.
Nein, hier wird nicht die Situation von 2016 geschildert. Noch besteht eine winzige Chance, dass der FCZ den Ligaerhalt auf den letzten Drücker schafft. Noch darf man hoffen, dass der FC St.Gallen sein Gastspiel an den Gestaden des Luganersees nicht im vorgezogenen Ferienmodus absolvieren wird. Aber der Glaube an ein Wunder ist an einem Tiefpunkt angelangt.
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sich das geschilderte Szenario auf gespenstische Weise wiederholen wird. Denn genau so geschah es 1988. Damals wie heute waren sieben Jahre vergangen, seit der FCZ letztmals den Meisterpokal stemmen konnte. Damals hiess der allmächtige Präsident Sven Hotz, heute ist Ancillo Canepa für den Niedergang verantwortlich.
Und wir Fans sitzen da und dürfen uns den gleichen schlechten Film ein zweites Mal anschauen.
Wie konnte es so weit kommen? Sven Hotz war durch und durch ein Gentleman. Ohne seinen finanziellen Einsatz hätte der FC Zürich vielleicht nicht überlebt. Aber Hotz hörte auch zu oft auf den Fan in sich und zu wenig auf Fachleute. Wer erinnert sich an all die Fehltransfers von Trainern (Stessl, Houghton) und Spielern (Eder, Brolin, Linford) in seinen mehr als 20 Jahren als Präsident?
Als Ancillo Canepa ihn nach dem Meistertitel 2006 ablöste, wollte er alles anders machen, den Klub breiter abstützen, ihn nach betriebswirtschaftlichen Kriterien führen. Alles Schall und Rauch. Einstige Mitstreiter wie René Strittmatter und Gregor Greber verliessen den Verein im Unfrieden. Heute besitzen Canepa und seine Frau Heliane 90 Prozent des Aktienkapitals.
Der FC Zürich hat an der Spitze wieder einen Alleinherrscher, der alle Fehler der Ära Hotz wiederholt. Oder verschlimmert. Denn «Cillo» Canepa glaubt, er könne Sportchef sein, obwohl auch er zu sehr auf den Fan in sich hört. Viel zu lange hielt er an der Diva Yassine Chikhaoui fest. Er verpflichtete Spieler mit hoch dotierten Verträgen, die dieses Geld niemals wert waren.
Er liess sich vom grossen Namen eines Sami Hyypiä blenden, der als Spieler die Champions League gewonnen hatte, und ignorierte seine bescheidene Bilanz als Trainer. Er ist verantwortlich für eine Mannschaft, die von A bis Z falsch aufgestellt ist: Zwei Goalies ohne Ausstrahlung, eine löchrige Abwehr, ein kraftloses Mittelfeld und ein impotenter Angriff.
Und vor allem eine Mannschaft, in der niemand bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Während im Gegenzug Leadertypen wie David Da Costa – er glänzt heute in Italien – aussortiert und junge Talente verkauft wurden, damit etwas Geld in die Kasse zurück fliesst.
Was sagt der Präsident/Sportchef dazu? Er betont bei jeder Gelegenheit, wie gut im Klub trainiert werde. Memo an Canepa: Punkte holt man im Match, nicht im Training!
Damit ist es ohnehin so eine Sache. Laut dem «Tages-Anzeiger» wurden die Spieler von ihren Betreuern regelrecht kaputt trainiert. Genau so trat der FCZ zuletzt auf, wie ein mental und körperlich ausgelaugter Haufen. Es ist kein Zufall, dass Lugano und St.Gallen nach einer völlig vergurkten Rückrunde ihre beste Leistung ausgerechnet gegen Zürich abrufen konnten. Dieses Team macht seine Gegner stark und reitet sich so immer tiefer ins Elend.
Am Ende durften die Spieler auch noch den Trainer entlassen – ein weiterer trüber Akt in Canepas Trauerspiel. Hyypiäs Nachfolger Uli Forte ist zu bedauern. Er könnte als Abstiegstrainer in die Geschichte eingehen, obwohl er keine Schuld an der Misere trägt. Mit dieser Truppe hätte selbst ein Ottmar Hitzfeld Mühe, oben zu bleiben.
Für den Fan ist die Perspektive Challenge League bitter. Niedermatten statt Joggeli, Derbys auf der Schützenwiese statt im Letzigrund. Aber eigentlich hat dieser amateurhaft geführte Verein nichts anderes verdient als den Absturz in den Amateurfussball. Selbst der Cupsieg und damit die Teilnahme an der Europa League wären nur bedingt tröstlich. Sie könnten Canepa vielmehr zur Ansicht verleiten, dass eigentlich doch nicht alles ganz falsch gelaufen ist.
Nach dem letzten Abstieg musste der FCZ zwei Jahre in der Nationalliga B ausharren, und auch in den folgenden Jahren jonglierte er am sportlichen Abgrund. Die Wende kam erst, als Sven Hotz mit Fredy Bickel und Lucien Favre zwei echte Fachleute verpflichtete. Sie harmonierten nicht immer, ordneten dem Erfolg aber alles unter und bescherten Hotz eine Art spätes Glück.
Ironie des Schicksals: Gemeinsam mit den Zürchern stieg 1988 auch der FC Basel in die Nati B ab. Er sass dort ganze vier Jahre länger fest. Heute haben sich die beiden Vereine auseinander gelebt. Dabei war der FC Zürich in den letzten 13 Jahren das einzige Team, das die Meisterschafts-Hegemonie des FC Basel durchbrechen konnte, und das sogar dreimal. Doch der FCB ist heute ein rundum professionell geführter Verein und damit das Gegenteil des FCZ.
Noch ist es möglich, dass ein Wunder geschieht und der Stadtklub den Klassenerhalt mit fremder Hilfe schaffen wird. Sonst dürfen sich sowohl der FCZ wie der FCB in der nächsten Saison auf die CL einstellen: Champions League für Basel, Challenge League für Zürich.
Und wir Fans sitzen
da und schauen uns den gleichen schlechten Film erneut an, den wir
nie wieder sehen wollten. Herzlichen Dank, Ancillo Canepa!
Vorschlag aus meinem Bekanntenkreis: die Südkurve soll bei den FCZ-Frauen fanen. Das ergäbe eine Win-Win-Situation: Die Südkurve unterstützt ein Erfolgsteam und hat Meisterchancen, die FCZ-Damen haben endlich lautstarke Undterstützung und kriegen so auch mal Enthusiasmus als Lohn für die die harte Arbeit!
:-)