Die Transferzeit ist für viele Fans ein Highlight. Man darf spekulieren, wer zu seinem Lieblingsklub kommt. Davon träumen, wie sehr die Neuverpflichtung X einschlägt. Hoffen, dass das Supertalent Y auch eine Liga höher alle Gegner schwindlig dribbelt. Und daran glauben, dass die Karriere von Routinier Z nach vier schwierigen Saisons genau jetzt nach dem Transfer noch einmal Schwung aufnimmt.
Aber in der Transferzeit erkennen wir auch, was uns am Fussball heute alles stört. Dass die Grossen immer grösser werden etwa, oder dass die Fussballwelt immer rastloser wird. Dass kleinere Ligen den Anschluss verlieren oder Retortenklubs dank viel Sponsorengeld rasch an die Spitze vorstossen, während Traditionsklubs versauern.
Und hier kommt meine Idee, die viele Probleme lösen und den Fussball wieder ausgeglichener machen könnte:
Egal, ob die Spieler gekauft oder ausgeliehen werden, ob man bezahlen musste oder ob sie ablösefrei kommen. Drei Neue, fertig. Die Zahl der Abgänge wird nicht beschränkt. Verliert ein Klub auf einen Schlag viele Spieler, muss er die Lücken mit Nachwuchsspielern füllen.
Der Fussball heute ist flüchtig. Ein Spieler bleibt im Durchschnitt bloss 2,2 Jahre bei einem Klub, bevor er zum nächsten wechselt. Jahr für Jahr wird beinahe die Hälfte des Kaders ausgetauscht.
Wenn jeder Klub nur noch drei neue Spieler holen darf, wird diese Entwicklung gebremst. Kontinuität ist angesagt und Klubs, die gut arbeiten, werden dafür belohnt. Es lässt sich nicht mehr alles mit dem Scheckbuch regeln.
Je kürzer ein Spieler bei einem Klub bleibt, umso weniger identifiziert sich der Fan mit ihm. Und umgekehrt ist es genauso: Spieler küssen heute dieses Wappen und morgen jenes. Im Grunde ist es ihnen egal, wo sie spielen, Hauptsache, der Lohn wird überwiesen.
Wenn jeder Klub nur noch drei neue Spieler holen darf, wird diese Entwicklung gebremst. Fussballer bleiben länger bei einem Klub, identifizieren sich eher mit der Stadt und der Region. Und die Fans wissen beim Gang ins Stadion, wen sie dort sehen: jene Spieler, die «schon immer» da waren und kein beliebig austauschbares Team.
Kaum kann ein Spieler in der Super League drei Mal jonglieren, träumt er von Real Madrid. Das darf er auch ruhig, aber wenn ausländische Klubs ihre Kader immer weiter aufblähen, trocknen die kleinen Ligen aus. Und der Klassenunterschied wird noch grösser.
Wenn jeder Klub nur noch drei neue Spieler holen darf, wird diese Entwicklung gebremst. Grossklubs müssen sich gut überlegen, welches Trio sie holen. Sie können nicht mehr «auf Vorrat» einkaufen und jene Spieler, die nicht liefern, einfach wieder verleihen. Klubs in kleinen Ligen können ihre Spieler dadurch länger halten und wenn nicht jeder, der drei Mal jonglieren kann, sofort ins Ausland wechselt, hebt es auch das Niveau der Liga an.
Längst unterhält fast jeder Klub eine eigene Akademie. Doch die grossen Vereine bilden zumeist für die Konkurrenz aus: Der Sprung vom Nachwuchs in die Startelf ist einfach zu gross. Und bei kleineren Klubs wird dem Eigengewächs ein zweitklassiger Ausländer vor die Nase gesetzt, während der Junior in eine tiefere Liga ausgeliehen wird, um Spielpraxis zu sammeln.
Wenn jeder Klub nur noch drei neue Spieler holen darf, wird diese Entwicklung gebremst. Die Klubs sind darauf angewiesen, mehr Nachwuchsspieler zu integrieren, um im Falle von Verletzungen einen breiteren Kader zu haben. Der Einbau von Talenten aus der eigenen Jugend fördert zudem die Identifikation vom Fan mit dem Team.
Was wäre Paris Saint-Germain ohne die Blankoschecks seiner arabischen Besitzer? Gäbe es Red Bull RasenBallsport Leipzig in seiner heutigen Form überhaupt? In den vergangenen Jahren sind einige Teams schier aus dem Nichts an die Spitze vorgestossen, weil ihre Investoren tief in die Taschen griffen. Zum Ärger vieler Anhänger, für die Retortenteams das Letzte sind.
Wenn jeder Klub nur noch drei neue Spieler holen darf, wird diese Entwicklung gebremst. Natürlich kann PSG immer noch wie bei Neymar den teuersten Transfer der Geschichte tätigen, aber die Pariser können dann nur noch zwei weitere Spieler holen. Auch sie sind gezwungen, eigene Talente auszubilden und zu fördern. Und einem Konstrukt wie der Red-Bull-Fussballfirma wird ein Riegel geschoben, weil nicht mehr endlos viele Spieler von Liefering nach Salzburg und von dort nach Leipzig befördert werden können.
Einige Beispiele:
Real Madrid hat für die kommende Saison bereits fünf Spieler engagiert: Eden Hazard, Luka Jovic, Eder Militao, Ferland Mendy und Rodrygo. Die «Königlichen» müssten sich mit neuer Regelung für ein Trio entscheiden – die Chance für einen Klub wie Eintracht Frankfurt, Stürmer Jovic zu halten und ein grosses Team aufzubauen, das um den Titel mitspielen kann?
Bayern München muss die Abgänge der Altstars Arjen Robben (35), Franck Ribéry (36) und Rafinha (33) kompensieren. Auch Verteidiger Mats Hummels und Offensivkraft James Rodriguez verliessen den deutschen Rekordmeister im Sommer. Die Bayern könnten nur drei von ihnen mit Einkäufen ersetzen – die Chance für Spieler aus dem eigenen Nachwuchs?
YB ist ein Opfer seines Erfolgs, denn mit ihren Leistungen machten die Nationalspieler Kevin Mbabu und Djibril Sow so Eindruck, dass sie in die Bundesliga wechselten. Schwierig für den Schweizer Meister, sie adäquat zu ersetzen – die Chance für andere Klubs, um wieder aufzuholen?
Beim FC St.Gallen weist die Statistik für die Saison 2018/19 insgesamt 19 Zugänge und 20 Abgänge aus. So ein Jekami gäbe es nicht mehr – die Chance für den Klub, wieder Kontinuität hinein zu bringen und für die Fans die Gelegenheit, sich stärker mit dem Team zu identifizieren?