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Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, warum der FC Biel am Ende seiner Geschichte und der EHC Biel gerade am Anfang eines neuen, ruhmreichen Kapitels seiner Historie steht. In den letzten Tagen hat der EHC Biel mit dem Zuzug von NHL-Goalie Jonas Hiller gerade den grössten Transfer seiner Geschichte verkündet. Der FC Biel musste dagegen vermelden, dass die Lizenz entzogen und die Nachlassstundung eröffnet worden ist.
Weder die Geschichte noch die Gegenwart liefern eine Antwort. Eishockey und Fussball haben in dieser Stadt eine lange Tradition. Beide haben im Laufe ihrer Geschichte die Meisterschaft gewonnen, der EHC Biel sogar mehrmals. Die Fussballkultur ist stark. Alleine auf dem Gebiet der Stadt Biel gibt es mehr als zehn unabhängige lokale Fussballvereine.
Die jüngere Hockey- und Fussballgeschichte in Biel weist sogar erstaunliche Parallelen aus. Beide Klubs mussten in der Neuzeit mit der sportlichen Zweitklassigkeit leben lernen. Aber nur der EHC Biel hat sich daraus befreit. Und vor allem haben beide beste äussere Bedingungen: Die Stadt Biel hat den Bau der modernsten Fussball-Hockey- Stadionanlage des Landes orchestriert und die Steuerzahler haben 77 Millionen Franken beigesteuert. Eine bessere Infrastruktur bietet in diesem Land keine andere vergleichbare Stadt seinen Fussball- und Hockeyklubs.
Das unterschiedliche Schicksal der zwei Sportunternehmen liefert uns ein Lehrstück. Ein Sportunternehmen kann nur wirtschaftlich und sportlich erfolgreich sein, wenn seine Besitzer mit der lokalen Wirtschaft und Gesellschaft vernetzt sind. Das tönt banal, ist aber die Erklärung. Der EHC Biel ist im Besitz von lokalen Unternehmern und wird von einem Lokalpolitiker (SVP-Grossrat Andreas Blank) und einem einheimischen Manager geführt. Die Verankerung im sozialen Umfeld führt zu einem viel verantwortungsbewussteren Geschäften. Denn Scheitern im Sportbusiness führt auch zu einem Verlust von Prestige, Ehre und letztlich auch Macht im «richtigen Leben». Es ist ja nicht möglich, sich einfach davonzustehlen und der Verantwortung davonzulaufen.
Das Sportbusiness ist ein Zuschussgeschäft. Selbst sehr reiche Leute haben keine Lust, dauerhaft alleine ein Sportunternehmen zu alimentieren, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen. Diese Gegenleistung muss nicht materieller Natur sein – Anerkennung in der lokalen Gesellschaft ist auch mehr als einfach Gottes Lohn.
Wer in der lokalen Wirtschaft gut vernetzt ist, findet Partner, die mithelfen, ein Sportunternehmen zu finanzieren. Wer Einfluss hat, wer Aufträge zu vergeben hat, der findet immer Männer und Frauen, die seine Nähe suchen um ins Geschäft zu kommen – und durchaus bereit sind, die finanziellen Lasten mitzutragen. Sport ist eine emotionale Angelegenheit: Gemeinsam feiern ist schöner und gemeinsam zahlen ist leichter.
Das Verhängnis des FC Biel ist die fehlende Verankerung in der lokalen Wirtschaft und Gesellschaft. Wenn der vermeintliche Wohltäter keine echte Beziehung zu Biel hat, wenn er seinen Lebensmittelpunkt nicht hier hat, dann fällt es ihm leicht, Versprechungen nicht einzuhalten und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Wenn der vermeintliche Wohltäter keine echten Beziehungen zur lokalen Wirtschaft hat, dann ist es ihm kaum möglich, Partner zu finden, die ihm mithelfen, das Minus des Sportunternehmens auszugleichen oder eine Anschub-Investition zu finanzieren.
Alle NLA-Hockeyklubs werden von Grössen der einheimischen Wirtschaft oder Politik getragen – ausser den Kloten Flyers. Und dort läuft ja wegen des völligen Desinteresses der nordamerikanischen Besitzer an Dorf und Hockeykultur gerade ein Existenzkampf, der durchaus Parallelen zum Schicksal des FC Biel hat.
Aber es funktioniert in Bern (mit Marc Lüthi und einer Besitzergruppe aus der Region), in Ambrì (geführt von Ständerat Filippo Lombardi), in Lugano (alimentiert von der im Grossraum Lugano ansässigen Milliardärsfamilie Mantegazza), in der Stadt Zürich (mit dem Freundeskreis von Walter Frey), in Davos (mit den reichen Unterländern, die ihre Datschas in Davos haben), in Zug (der EVZ ist mit einem reichen Präsidenten 1998 Meister geworden und seine Nachfolger, in der Region verankert, sind noch reicher), in Langnau (mit dem Unternehmer Peter Jakob), in Fribourg (wo das Hockeyunternehmen neben der katholischen Kirche die wichtigste Institution ist), in Genf (wo sich der Kanadier Chris McSorley seit mehr als zehn Jahren durch starkes Engagement auch neben dem Sport als Muster-Genfer präsentiert). Aber es könnte schwierig werden in Lausanne, wo die kanadischen «Verräter von Kloten» gerade daran sind, einzusteigen. Globales Denken und Handeln ist schon gut, recht und wichtig – aber es braucht dazu eine solide lokale Basis.
Der Fussball liefert uns das eindrücklichste Beispiel für die Wichtigkeit der lokalen Verbundenheit: Gigi Oeri, Milliardärin aus Basel, sorgte für die Anschubfinanzierung und in Basel verankerte Persönlichkeiten haben diese Investition dazu genutzt, um aus dem FCB das erfolgreichste Schweizer Fussballunternehmen aller Zeiten zu machen. Der FC Basel ist ein durch und durch baslerisches Unternehmen, baslerischer als GC und der FCZ zürcherisch und YB stadtbernisch sind. Deshalb ist der FC Basel inzwischen für alle Stadtberner und Zürcher eine Nummer zu gross – sportlich und wirtschaftlich.
Das wirtschaftlich und sportlich erfolgreichste kleine Fussballunternehmen ist auch ein durch und durch einheimisches Produkt: der FC Thun. Und schliesslich und endlich ist das Phänomen Christian Constantin (und sein FC Sion) nur denkbar und durchaus erfolgreich, weil dieser Fussball-Napoleon eben durch und durch ein Produkt der lokalen Kultur ist und mit dem Wallis verwachsen wie ein tausendjähriger Eichenbaum mit dem Erdreich. Würde sich ein Deutscher oder Franzose so aufführen wie Christian Constantin, dann würde er mit Mistgabeln, faulen Eiern und Anwälten aus dem Tal vertrieben.