Und dann fiel der Siegtreffer doch noch. Nachdem der FC Zürich in der Schlussphase immer wieder erfolglos angerannt war, wurde Antonio Marchesano in der 94. Minute perfekt lanciert. Der eingewechselte Mittelfeldspieler, der 15 Minuten davor seinen Kopfball an die Latte abgelenkt sah, stolperte zunächst, traf den Ball dann aber doch noch und schoss seinen FCZ ins Glück.
Der Sieg war insgesamt verdient. Bereits in der ersten Halbzeit hatte der FCZ leicht mehr vom Spiel, in der zweiten Hälfte – nach dem unnötigen Gegentreffer unmittelbar vor der Pause – drängte er die Gäste aus Norwegen richtiggehend in die eigene Hälfte. Oft fehlte jedoch der berühmte letzte Pass oder das Selbstvertrauen beim Abschluss. Zeichen der Verunsicherung, die im Moment beim Schweizer Meister herrscht.
Nur so lässt sich auch der Gegentreffer in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit erklären. Der unbedrängte Nikola Katic wollte im Strafraum den Ball klären, spielte ihn aber direkt in die Füsse des Gegenspielers. Und am Schluss der Aktion stand der FCZ-Verteidiger auch noch zu weit vom Torschützen Amahl Pellegrino entfernt. Wieder einmal verteilten die Zürcher Geschenke. Ein Hauptgrund, warum sie in der Meisterschaft noch immer sieglos sind und die ersten vier Spiele in der Europa League verloren gingen.
In der zweiten Halbzeit kam jedoch eine klare Leistungssteigerung. Wobei auch beim Ausgleich etwas Glück dabei gewesen war. Zunächst hatte es so ausgesehen, als würde auch die Aktion in der 67. Minute unglücklich verlaufen. Der Schuss von Jonathan Okita landete an der Querstange des Gehäuses und prallte von dort Nikola Boranijasevic vor die Füsse. Dieser traf den Ball zwar nicht richtig, der von der anderen Seite herbeigeeilte Torhüter erreichte ihn aber trotzdem knapp nicht mehr.
Durch den 2:1-Sieg hat der FCZ in der letzten Runde der Europa-League-Gruppenphase noch die kleine Chance, den dritten Rang zu erobern. Mit diesem würde das europäische Abenteuer in der Conference League weitergehen. Dafür müssen die Zürcher jedoch auswärts bei Arsenal punkten und auf Schützenhilfe von PSV Eindhoven hoffen.
Trotz des Siegs zeigten sich nicht alle vollständig zufrieden. Der Sonntag war für die Fans des FC Zürich schlicht zu viel des Schlechten. Ihre bereits abgeschlagen am Tabellenende liegende Mannschaft verlor das Stadt-Derby gegen GC diskussionslos 1:4. Entsprechend deutlich war die Mitteilung, die während des Einlaufens per Plakat an die Mannschaft gesandt wurde: «So sind ihr am FCZ nöd würdig. Mir händs langsam gseh.» Die Südkurve blieb bis zum Anpfiff des Spiels leer.
Darauf angesprochen zeigten Spieler wie Trainer Verständnis. «Wer wäre nach einem Auftritt wie dem vom Sonntag nicht enttäuscht?», fragte Trainer Bo Henriksen zurück. «Umso wichtiger war es, dass wir heute eine Reaktion gezeigt haben.»
«Die Erleichterung ist riesig», sagte Marchesano, der nach seinen wettbewerbsübergreifend 17 Treffern in der letzten Saison in dieser Spielzeit erst bei drei Toren steht. «Vor allem auch für die Moral ist ein in der letzten Minute realisierter Sieg sehr wertvoll.» Gleichzeitig hielt er fest, dass es nur ein kleiner Schritt gewesen sei. «Wir müssen am Boden bleiben und konzentriert weiterarbeiten.» Dem pflichtete Torhüter Yanick Brecher bei. An ein mögliches Erreichen der K.o.-Phase in der Conference League denke er weniger, sagte er. «Jetzt zählt die Meisterschaft. Wir müssen endlich auch da gewinnen.»
Das war auch die Forderung der Fans nach dem Spiel. Mitten im Siegestaumel erklärten sie via Plakat, dass sie keine Ausreden mehr akzeptieren würden. Am Sonntag wollen sie beim Auswärtsspiel gegen Sion einen Sieg sehen. Für die Versöhnung braucht es nach der bisher schwachen Saison mehr als ein umjubelter Last-Minute-Erfolg.
Zürich - Bodö/Glimt 2:1 (0:1)
10'168 Zuschauer. SR Aranovskij (UKR).
Tore: 46. Pellegrino 0:1. 67. Boranijasevic 1:1. 94. Marchesano 2:1.
Zürich: Brecher; Kamberi, Katic, Aliti (84. Mets); Boranijasevic, Conde, Selnaes, Guerrero (60. Rohner); Dzemaili (71. Marchesano); Okita (84. Wjunnyk), Tosin (84. Hodza).
Bodö/Glimt: Haikin; Sampsted, Moe (82. Lode), Hoibraten, Wembangomo; Vetlesen, Saltnes, Gronbaek (86. Hagen); Solbakken, Espejord (78. Salvesen), Pellegrino (78. Mvuka).
Bemerkungen: Zürich ohne Kryeziu, Reichmuth und Sauter (alle verletzt). Bodö/Glimt ohne Vetti und Fet (beide verletzt).
Verwarnungen: 39. Vetlesen. 48. Conde. 63. Dzemaili. 75. Boranijasevic. 79. Tosin.
(nih/sda)