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NFL: Russell Wilson entlassen – ein teurer Fehler für die Denver Broncos

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Erwies sich als Fehlverpflichtung: Russell Wilson bei den Denver Broncos.Bild: www.imago-images.de

Er kam als Heilsbringer – nun ist Russell Wilson der teuerste Fehlgriff der NFL-Geschichte

Eigentlich wollten die Denver Broncos mit Russell Wilson um den Titel spielen, dann folgte die grosse Ernüchterung. Nach zwei Jahren ist der 35-jährige Quarterback nun entlassen worden – das finanziell folgenschwere Ende erfolgte nicht im Guten.
05.03.2024, 14:2205.03.2024, 14:36
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Eigentlich hätte es perfekt passen sollen. Hier der Star-Quarterback, der seine Seattle Seahawks in zehn Jahren achtmal in die Playoffs und einmal zum Titel geführt hat. Da ein Team gespickt mit einigen grossen Talenten, die nur darauf warten, durch einen starken Spielmacher zum Erfolg zu kommen. Das war die Stimmung nach dem Trade im Sommer 2022, der Russell Wilson zu den Denver Broncos brachte. Die Broncos hatten davor sechs Jahre und seit dem insgesamt dritten Super-Bowl-Gewinn auf eine Playoff-Teilnahme gewartet. Mit Wilson wollte man nun wieder um den Titel mitspielen. Der Schuss ging jedoch gehörig nach hinten los.

Zwei Jahre später ist der Quarterback nämlich bereits wieder entlassen worden. Dies teilten die Broncos in der Nacht auf Dienstag mit. In US-Medien und auch von Seiten der Fans wird vom möglicherweise schlechtesten Trade der NFL-Geschichte gesprochen. Schliesslich gab Denver für Wilson zwei Erstrundenpicks sowie drei weitere Picks ab der zweiten Runde in den Drafts 2022 und 2023 auf. Und auch finanziell kommt der Fehler die Broncos teuer zu stehen.

Fast 40 Millionen Dollar als Abfindung

Als Wilson im März 2022 verpflichtet wurde, wurde er nämlich mit einem neuen Vertrag ausgestattet, dessen Laufzeit noch nicht einmal begonnen hat. Die Broncos und der Quarterback, dessen Vertrag zu dem Zeitpunkt noch zwei Jahre gültig war, einigten sich auf fünf zusätzliche Jahre (2024 bis 2029), die ihm insgesamt bis zu 245 Millionen Dollar an Gehalt eingebracht hätten. Trotz der Entlassung steht Wilson über die nächsten Jahre zumindest ein Anteil der versprochenen Summe zu – und zwar rund 39 Millionen Dollar.

Noch schmerzhafter ist jedoch, dass Wilson während der nächsten beiden Saisons weiterhin das in der NFL wie in anderen US-Sportarten begrenzte Gehaltsbudget belastet. Zusammengerechnet 85 Millionen US-Dollar beansprucht der 35-Jährige, obwohl er für Denver keinen einzigen Spielzug mehr auf dem Feld stehen wird. Damit haben die Broncos weniger Geld für andere Spieler zur Verfügung. Wilsons sogenannter «Dead Cap Hit» ist mehr als zweimal grösser als jeder andere in der Geschichte der besten American-Football-Liga der Welt. Das nehmen die Verantwortlichen um General Manager George Paton jedoch in Kauf.

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Die Seattle Seahawks führte Russell Wilson zum Super-Bowl-Sieg – bei Denver funktionierte plötzlich nichts mehr.Bild: www.imago-images.de

Es ist ein Zeichen dafür, dass Wilson die Erwartungen in Denver nicht ansatzweise erfüllen und in den beiden Saisons im orangen Trikot der Broncos nie so richtig an seine Leistungen in Seattle anknüpfen konnte. Galt er bei den Seahawks noch als einer der besten Spieler auf seiner Position, gewann er mit Denver nur noch 11 seiner 30 Spiele.

Schon in den ersten Partien nach seinem Wechsel war klar, dass da irgendetwas nicht stimmen kann. Wilson, der für seine grosse Genauigkeit bei tiefen Würfen bekannt war, unterliefen viel zu viele Fehler. Die Folge: die Offensive stockte gewaltig. Als Hauptverantwortlicher für das Versagen galt jedoch Trainer Nathaniel Hackett, der kurz vor Ende der Saison 2022/23 nach nicht einmal einem Jahr entlassen wurde.

Rosenkrieg zum Schluss

Um Wilson in Denver doch noch zum Funktionieren zu bringen, wurde mit Sean Payton ein renommierter Coach engagiert. Und tatsächlich zeigte die Tendenz des Quarterbacks nach einigen Wochen nach oben. Zwischenzeitlich gewann Denver fünf Spiele in Serie, Wilson warf acht Touchdown-Pässe und keine einzige Interception. Die Broncos spielten um eine Teilnahme an den Playoffs. Dennoch soll Payton mit Wilson nicht zufrieden gewesen sein.

Denver Broncos head coach Sean Payton talks with quarterback Russell Wilson (3) in the first half of an NFL football game against the Washington Commanders, Sunday, Sept. 17, 2023, in Denver. (AP Phot ...
Gehen nicht im Guten auseinander: Russell Wilson und Trainer Sean Payton.Bild: keystone

Zwei Wochen vor Saisonende wurde Wilson dann auf die Bank versetzt. In der Folge warf der neunfache Pro-Bowler (so heissen die All-Stars in der NFL) dem Team vor, ihn erpresst zu haben. So hätten die Verantwortlichen nach dem achten Spieltag, an dem Denver gegen den späteren Meister aus Kansas City gewonnen hatte, seinen Vertrag umstrukturieren wollen. Das Ziel sei gewesen, das Datum, ab dem die Broncos Wilson im Verletzungsfall das gesamte Gehalt der Saison 2025/26 hätten bezahlen müssen, nach hinten zu verschieben.

«Sie haben mir gesagt, dass ich nicht mehr spielen würde, sollte ich dem nicht zustimmen», erzählte Wilson Ende Dezember. Im Podcast von Ex-NFL-Star Brandon Marshall wiederholte er die Vorwürfe der Erpressung. Wilson glaubte, dass er später nur deshalb degradiert wurde, weil er sich geweigert habe, auf diese Versicherung zu verzichten. Die Verantwortlichen um GM Paton verneinten einen Zusammenhang. In seiner Danksagung an die Fans und seine Mitspieler, die Wilson nach Bekanntwerden seiner Entlassung verfasste, erwähnte er Paton und Trainer Payton mit keinem Wort.

Offene Zukunft für beide

Wilson kann sich nun eine neue Franchise suchen, bei der er günstig unterkommen kann. Da das Gehalt bei seinem künftigen Team von jenem, das ihm die Broncos noch bezahlen müssen, abgezogen wird, dürfte der Ehemann von Sängerin Ciara im nächsten Jahr für den Mindestlohn spielen. Unter anderem Pittsburgh und Las Vegas gelten als Interessenten. Überzeugt er dort, könnte er ab der übernächsten Saison wieder einen besser dotierten Vertrag unterschreiben.

Denver muss sich derweil erneut auf die Suche nach einem Quarterback machen. Im Draft, der im April stattfindet, dürfen die Broncos erst an zwölfter Stelle auswählen. Die besten Talente aus dem College auf dieser Position dürften dann schon nicht mehr zu haben sein. Es wird also nicht einfach, die mittlerweile acht Jahre anhaltende Playoff-Dürre in der Hauptstadt Colorados zu beenden.

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