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Olympia 2020: Algerier reagiert auf Rassismus-Eklat: «Narbe wird bleiben»

Azzedine Lagab of Algeria, right, and Ahmad Badreddin Wais of the Olympic Refugee Team, compete during the men's cycling individual time trial at the 2020 Summer Olympics, Wednesday, July 28, 202 ...
Azzedine Lagab wurde im Zeitfahren Opfer einer rassistischen Beleidigung.Bild: keystone

Algerischer Radfahrer reagiert auf «Kameltreiber»-Eklat: «Narbe wird immer bleiben»

Beim Einzelzeitfahren der Männer sorgte der deutsche Radsport-Funktionär Patrick Moster mit seinen rassistischen Aussagen für einen Eklat. Der Deutsche Olympische Sportbund schickte ihn einen Tag später trotz Entschuldigung nach Hause. Nun hat der algerische Radfahrer mit der «Bild» über den Vorfall gesprochen.
30.07.2021, 15:2730.07.2021, 15:53
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Azzedine Lagab startete am Mittwoch im olympischen Einzelzeitfahren vor dem Deutschen Nikias Arndt. Dies verleitete Patrick Moster, den Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer, zur Aussage: «Hol die Kameltreiber!» Damit meinte er neben dem Algerier Lagab auch den ebenfalls vor Arndt gestarteten Eritreer Amanuel Ghebreigzabhier.

«Ich war geschockt, dass so etwas bei Olympia passieren kann.»
Azzedine Lagab

Mehr zu den rassistischen Aussagen des deutschen Funktionärs:

Lagab zeigte sich von der rassistischen Beleidigung nicht überrascht: «Ich bekam schon viel aggressivere rassistische Beleidigungen zu hören. Diese habe ich ja persönlich gar nicht mitbekommen.» Von den Aussagen des 54-Jährigen erfuhr er über einen Follower, der ihn in einer Instagram-Story markierte und ihm die Szene übersetzte. Auf Twitter konterte er den Deutschen: «Es gibt kein Kamelrennen bei Olympia, deshalb fahre ich Velo. Wenigstens war ich in Tokio dabei.»

Der 34-Jährige im «Bild»-Interview weiter: «Geschockt war ich nur, dass das auf einem so hohen professionellen Niveau wie Olympia passieren kann.»

«Hätten sie ihn auch nach Hause geschickt, wenn es nicht im Fernsehen zu sehen gewesen wäre?»

Moster hatte sich nach dem Rennen für die rassistische Entgleisung entschuldigt. Er habe sich im Eifer des Gefechts in der Wortwahl vergriffen und das tue ihm unendlich leid, sagte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Der Fahrer Arndt hat sich auf Twitter von den Aussagen distanziert. «Es tat gut zu lesen, dass sich Nikias gegen Rassismus ausspricht», sagte Lagab. Kontakt habe er zu keinem der Deutschen gehabt.

Der 36. des Zeitfahrens stellte zudem die Entscheidung des DOSB infrage, Patrick Moster mit einem Tag Verspätung nach Hause zu schicken: «Die Frage ist doch die: Hätten sie ihn auch nach Hause geschickt, wenn es nicht im Fernsehen zu sehen gewesen wäre und nur Nikias das gehört hätte?»

Der deutsche Radfahrer Rick Zabel, der selbst nicht bei Olympia dabei war, schlug in dieselbe Kerbe. Der 27-Jährige schrieb in einem Statement auf Instagram: «Ich schäme mich für die Aussagen vom Sportdirektor des BDR und vor allem für die lapidare Entschuldigung nach dem Rennen.» Er könne nicht verstehen, dass der BDR oder der DOSB nicht sofortige Konsequenzen getroffen habe.

Dennoch sagte Azzedine Lagab der «Bild», dass er Moster vielleicht vergeben könnte, falls dieser ihn anrufen sollte: «Aber wenn du etwas reparieren willst, das zerbrochen ist, wird immer eine Narbe bleiben.» Ein Gespräch schliesst er hingegen aus: «Worüber soll ich mit ihm reden? Würde das etwas ändern?» (nih)

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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nelson Muntz
30.07.2021 16:25registriert Juli 2017
Dann soll er lieber mal schauen dass seine Kollegen auch andere Menschen respektieren, zB. Athleten aus Israel. Die Aussage war dumm, er wurde bestraft. Eine unendliche Geschichte muss man daraus nicht machen.
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Rocky Balboa
30.07.2021 16:45registriert Dezember 2020
Anrufen darf er ihn, aber mit ihm direkt sprechen will er nicht? 🤔
Was denn nun?
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Max Dick
30.07.2021 18:04registriert Januar 2017
Finde jetzt Kameltreiber auch nicht wahnsinnig rassistisch. Wenn mein Fussballverein gegen Aarau spielt, spreche ich auch von Rüeblifressern, gegen servette von Froschfressern, gegen Sion von Weissweinaffen. Und habe kein Problem damit, wenn ich ähnliche Beleidigungen höre. Gehört zum Sport. Nicht alles, was nicht ganz Gottesdienstkonform ist, ist gleich Rassismus.
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