Für den Fall der Fälle haben sie auch noch einige Slalomskis eingepackt. «Falls sich Marco entscheiden sollte, neben Abfahrt, Super-G und Riesenslalom auch noch spontan die Kombination zu bestreiten», sagt Beni Matti, Renndirektor bei Marco Odermatts Ausrüster Stöckli.
Matti vermutet zwar, dass sich der 24-Jährige auf seine Paradedisziplinen fokussieren wird. Doch bei rund 50 Paar Ski, die Stöckli allein für Odermatt sowieso an die Olympischen Spiele in China mitgenommen hätte, kam es auf einige mehr oder weniger nicht mehr darauf an.
Sicher ist sicher. Denn wenn dieser Winter eines gezeigt hat, dann, dass es für Marco Odermatt offenbar keine Grenzen gibt.
Odermatt wird zugetraut, an den Winterspielen in Peking zur grossen Figur zu werden. Oder besser: Es wird erwartet. Elfmal stand der Nidwaldner in dieser Saison schon auf dem Podest, fünfmal im Riesenslalom und je dreimal in der Abfahrt und im Super-G. Eine Kombination fand nicht statt – aber was heisst das bei ihm schon?
Stöckli auf jeden Fall wäre bereit. Und das ist gut so. Schliesslich ist die Luzerner Firma ein wichtiges Puzzleteil im Erfolgskonzept von Marco Odermatt. Matti ist es zwar wichtig zu betonen: «Ohne einen genialen Skifahrer hilft das beste Material nichts.»
Und natürlich stimmt das und steht am Ursprung des Erfolgs. Trotzdem ist es beeindruckend, wie sich Stöckli unter den Herstellerriesen behauptet. Aber Matti gibt zu:
Während das Material in der Regel mit Frachtflugzeugen an weit entfernte Destinationen gebracht wird – zum Beispiel zum Saisonbeginn jeweils nach Nordamerika –, lief es für die Winterspiele anders. «Weil es derzeit keine Linienflüge nach Peking gibt und wir mit einem Charterflug anreisten, hatten wir die Möglichkeit, das ganze Material so mitzunehmen», sagt Matti.
Damit entfiel auch das Risiko von Verzögerungen im Cargobereich. Denn normalerweise haben nur die Lieblingsmodelle von Odermatt in jenem Flugzeug Platz, das er selbst besteigt. Also jene Rennski, die er unbedingt dabei haben möchte.
Dass sofort alle Ski zur Verfügung standen, hat Vorteile. Weil bisher noch keine alpinen Skirennen im Olympiagebiet stattfanden, fehlen die Vergleichswerte und wichtige Indikatoren, welcher Belag in Kombination mit welchem Kantenschliff ideal funktioniert.
Zwar hat Stöckli dem Skicross-Team Testmaterial mitgegeben, als dieses im November des vergangenen Jahres für einen Wettkampf nach China reiste. Trotzdem wurde entschieden, möglichst viele Varianten an die Spiele mitzunehmen.
Matti sagt: «Die ersten Trainings haben uns jetzt zwar gezeigt, dass die Verhältnisse ähnlich sind wie vor vier Jahren in Südkorea. Aber genau gleich ist es nie. Darum sind wir sehr froh, dass wir die Auswahl haben.»
Bei Odermatt besteht glücklicherweise nicht die Gefahr, dass er sich verzettelt. Er hat die Fähigkeit, sehr schnell zu erkennen, ob ihm ein Modell passt. Matti erinnert sich: «Vor einem Jahr haben wir mit Marco vor den Rennen in Kitzbühel neue Super-G-Modelle getestet. Nach nur einer Fahrt kam er ins Ziel und sagte – ohne seine Zeit zu kennen – mit diesem Ski fahre ich nächste Woche das Rennen.» Und Odermatt wurde im Super-G Zweiter.
Diese Fähigkeit wird ihm nun auch in Peking helfen, sich auf den für alle neuen Verhältnissen zurechtzufinden. «Marcos Entscheidungsfreudigkeit ist gut für das ganze Team», sagt Matti. Weil sich so alle auf gewisse Modelle konzentrieren können.
Zwei Männer kümmern sich in Peking um Odermatts Ski. Chris Lödler primär als Servicemann und Ivo Zihlmann zusätzlich als Skitester und Einfahrer. «Zudem ist so sichergestellt, dass jemand da ist, falls der andere coronapositiv getestet würde», sagt Matti. Und ein dritter Servicemann stünde im Notfall in der Schweiz auf Abruf bereit.
«Bisher verläuft alles genau nach Plan», sagt Matti, der davon schwärmt, wie professionell in China alles organisiert sei. Nicht einmal die 50 Paar Ski musste das Team selbst in den Bus tragen. Diese standen beim Eintreffen im Skigebiet schon im Skiraum. Die Mission Odermatt kann starten.