Das Treffen in Zürich war längst organisiert. Doch die Corona-Pandemie lässt keine Reise in die Schweiz zu. Alan Roura muss im französischen Lorient bleiben. «Wir sind im Haus eingesperrt, aber es geht uns gut», meldet der Genfer Hochsee-Segler per Videokonferenz.
Roura hatte 2016/2017 erstmals an der Vendée Globe teilgenommen und die Solo-Weltumseglung als jüngster Teilnehmer auf Rang 12 beendet. 106 Tage war er mutterseelenallein auf hoher See unterwegs. Dreieinhalb Monate. Rund 45'000 Kilometer.
Ein Lockdown weit weg von allen acht Milliarden Menschen auf dem Festland, sozusagen. Doch einfacher auszuhalten als die aktuelle Situation – weil sie selber so gewählt sei. «An Land ist diese Einsamkeit schwieriger auszuhalten als auf dem Meer», sagt Roura. «Du siehst, was du alles tun und machen könntest, aber du darfst nichts. Auf dem Wasser ist die Situation hingegen klar.» Er habe so ein schönes Boot und dürfe nicht damit in See stechen: «Das bricht mir das Herz.»
Der 27-Jährige plant, am 8. November zum zweiten Mal an der Vendée Globe zu starten. Seit vier Jahren arbeitet er auf dieses Ziel hin. Und eigentlich sollte ein Rennen, in dem sich Segler ohne Kontakt zu anderen messen, ja kaum in Gefahr sein. Würde man meinen. Aber die Vorbereitung ist gestört – und damit doch auch das Rennen an sich.
Roura betrifft das etwas weniger als Konkurrenten. Seine bewährte Yacht wurde mehrfach umgebaut, er muss wohl weniger testen als andere. Dennoch spricht Roura von einem Wettlauf gegen die Zeit. Die körperliche Vorbereitung auf die nächste Vendée Globe findet nun drinnen statt.
Zwei Mal wöchentlich tauscht sich der Wahl-Bretone online mit einem Coach aus. «Es ist hart, es so machen zu müssen, aber das ist ein Teil meines Jobs.»
Er sei froh, dass er immerhin über einen Garten verfüge. «Es ist momentan meistens sonnig und warm, so können wir wenigstens das schöne Wetter geniessen.» Roura ist verheiratet, seine Frau Aurélia ist mit dem ersten gemeinsamen Kind schwanger.
Der Geburtstermin ist im Juli, wobei der Segler hofft, dass das Baby es etwas eiliger hat, das Licht der Welt zu erblicken: «Dann ist ein Vorbereitungsrennen angesetzt. Hoffentlich kommt das Kind früher, das wäre cool. Falls nicht, hoffe ich, dass meine Frau meine Abwesenheit nicht dazu ausnutzt, einen anderen Namen als den vereinbarten zu wählen …» Seine Mutter wolle das Geschlecht des Kindes nicht wissen, «also behalten wir es für uns.»
Der Nachwuchs werde ihm auf dem Meer ein Ansporn sein, glaubt Roura. «Ich werde noch mehr Gas geben, damit ich schneller wieder zuhause bin. Für mich ist es ein Plus, eine Familie zu haben.» Von anderen Seglern habe er gehört, dass man sich verändere, dass man etwa verantwortungsbewusster handle. Der Gefahren einer Solo-Weltumseglung ist er sich bewusst: «Ich weiss, dass ich mein Leben riskiere, und meine Familie weiss das auch.»
Roura sagt, er könne es kaum erwarten, wieder zu segeln und Wettkämpfe zu bestreiten. Das Warten und das Ungewisse seien zermürbend. Er geht davon aus, dass die Vendée Globe in diesem Winter stattfinden kann. Einen Rang hat er sich nicht zum Ziel gesetzt, dafür eine Zeit: Alan Roura will in 80 Tagen um die Welt segeln. Gelingt ihm dieses Vorhaben, liegt eine Klassierung in den ersten fünf drin – vielleicht sogar ein Podestplatz.