Der 13:8-Sieg der Weltnummer 1 Irland über den Titelverteidiger Südafrika war aus sportlicher Sicht der bisherige Höhepunkt des Turniers. In Erinnerung bleiben wird aber auch, was sich im Anschluss an die Partie im mit rund 80'000 Fans ausverkauften Stade de France im Norden von Paris ereignete. Die irischen Anhänger sangen aus voller Kehle den Cranberries-Hit «Zombie»:
Has Zombie ever sounded better. The character shown by this Irish team is inspirational. What a night pic.twitter.com/a2Cdx2kxOY
— Donal Lenihan (@LenihanDonal) September 23, 2023
«So etwas habe ich noch niemals erlebt», schwärmte Irlands Captain Johnny Sexton. Er glaube nicht, dass die Angabe stimme, wonach rund 30'000 irische Fans da waren. «Mich würde es nicht überraschen, wenn es in Tat und Wahrheit 60'000 waren», sagte der Star der «Men in Green» der «Irish Times».
«Zombie» ist ein Hit, der vor bald drei Jahrzehnten die Charts stürmte. Im Song wird die Sinnlosigkeit nationalistischer Gewalt thematisiert, es ist ein Protest-Lied gegen den blutigen Nordirland-Konflikt. Sängerin Dolores O'Riordan schrieb den Text in Erinnerung an zwei Buben, die bei einem Bombenanschlag der IRA getötet wurden.
Das ist per se nicht wirklich das, was man sich unter einem Fan-Song für die Massen vorstellt. Wie wurde «Zombie» also zur irischen Rugby-Hymne? Ihren Anfang nahm die Entwicklung vor fünf Jahren, als O'Riordan bloss 46-jährig starb. Fans der gälischen Sportart Hurling begannen daraufhin, Songs der Cranberries zu singen. Eines führte zum anderen und schliesslich wurde «Zombie» von der Rugby-Gemeinde adoptiert.
Vielleicht war die stadionfähige Melodie des Refrains der Grund, vielleicht auch der Text: Im Rugby bilden die Republik Irland und Nordirland ein gemeinsames Team. Möglicherweise wünschen sich Fans dieser Mannschaft mehr noch als andere Iren beidseits der Grenze eine Wiedervereinigung.
Dass nun Zehntausende «Zombie» singen, stösst auf der grünen Insel nicht nur auf Zuspruch. Bei einem Song, der den Konflikt zweier Parteien behandelt, kann dies aber auch nicht anders erwartet werden.
Das nächste Mal wird man die neue Rugby-Hymne wohl am 7. Oktober hören: Im letzten Gruppenspiel trifft Irland, erneut im Stade de France, auf Schottland. Und eine Woche später könnte das Lied auf den Rängen mit einer Inbrunst wie nie zuvor dargeboten werden: nämlich dann, wenn es die Iren im WM-Viertelfinal schaffen, das grosse Neuseeland rauszuwerfen. Weiter kam Irland am Rugby World Cup noch nie – doch in diesem Jahr winkt gar der Titel.
azoui
Ein Song für die Ewigkeit.
Konrad Konterbier
Patho