Es war ein bestens gehütetes Geheimnis, in das nur wenige eingeweiht waren. Um 20.37 Uhr hatte der Schweizer Jahrhundert-Sportler Roger Federer einen Überraschungsauftritt, vom Publikum wurde er mit einer Standing Ovation gefeiert. Der langjährige Tennis-Weltranglistenerste übernimmt seit 2007 für jeweils 100'000 Franken im Jahr die Patenschaft für 40 Sporttalente, von denen er nun im Hallenstadion viele traf. «Ihr habt es bis hierhin geschafft und jetzt geht es für euch richtig los», gab ihnen Federer mit auf den Weg.
«Natürlich ist der finanzielle Support wesentlich, aber es geht auch darum zu zeigen, dass man an ein Talent glaubt», sagte Federer. «Diese Form der Unterstützung gibt einem Athleten ein wunderbares Gefühl. Gerade am Anfang einer Karriere kann man mit dieser Patenschaft sehr viel bewirken.» Er sei emotional mit den Talenten verbunden, erhalte von ihnen nach wie vor Post und erfahre so, wie es ihnen gehe. Bislang kamen 168 junge Schweizer Sportlerinnen und Sportler in den Genuss einer Patenschaft von Federers Foundation.
Als aktiver Sportler nahm der vor einem Jahr zurückgetretene «Maestro» nie am Super10Kampf teil. «Mir ist vorhin durch den Kopf geschossen: Was war das für ein Fehler, dass ich nicht schon früher einmal hier war!», sagte er. Doch eine Teilnahme sei angesichts des dicht gedrängten Turnierplans nie zur Debatte gestanden, ausserdem habe er stets grosse Angst vor einer Verletzung gehabt.
Mit Para-Leichtathletin Elena Kratter war unter den Teilnehmenden erstmals auch eine Sportlerin mit Handicap. «Ich weiss eigentlich gar nicht, weshalb wir das nicht schon früher hatten», sagte Steve Schennach, der Geschäftsführer der Stiftung Schweizer Sporthilfe. Ob eine Athletin eine Behinderung habe, könne kein Kriterium sein, weshalb man den Super10Kampf geöffnet habe.
Kratter, die an den Paralympics in Tokio die Bronzemedaille im Weitsprung gewonnen hatte, nutzte die Hauptprobe, um für die Show bereit zu sein: «Da haben wir innerhalb des Teams abgesprochen, wer welche Aufgaben übernimmt.» Die 27-Jährige trat gemeinsam mit Karateka Elena Quirici, Kunstturner Pablo Brägger und Triathlet Jan van Berkel an – und stiess in den Final vor.
Am Ende gewann Team Gelb mit der Stabhochspringerin Angelica Moser, der Wasserspringerin Michelle Heimberg, dem Velorennfahrer Stefan Bissegger und dem Snowboarder Nicolas Huber. Das Quartett machte die Ansage von Coach Nicola Spirig wahr. Die Zürcherin kündigte noch vor dem Start in den Wettkampf zuversichtlich an: «Ich habe das beste Team.» Hinterher hielt Spirig fest: «Es hat extrem Spass gemacht und wir haben die Stärken jedes Gladiators genutzt. Der Sieg war das i-Tüpfelchen.»
Erstmals erhielten die sechs Teams einen Coach. Zurückgetretene Sportler hätten den Wunsch geäussert, Teil des Anlasses zu sein – aber sie würden nicht mehr ganz mit 20-jährigen Profis, die voll im Saft sind, mithalten können. «Also von mir war diese Aussage nicht!», machte Triathlon-Olympiasiegerin Spirig mit einem Lachen klar.
Wie sie als Coach dabei war Beat Feuz. «Dirigieren macht auch Spass», sagte der Abfahrts-Champ. Gegenüber watson meinte der Emmentaler vor dem Wettkampf, man werde ihn aber nicht gross herumfuchteln sehen: «Ich bin eher der ruhige Typ, solche Coaches hatte ich auch als Athlet lieber.»
Richtig, richtig gut, und zwar von A bis Z. Dabei ist die Ausgangslage am Super10Kampf kurios und ganz anders als im «echten Fan-Leben». Die Arena ist in sechs Sektoren für die sechs Teams aufgeteilt – und dem ihnen so zufällig zugewiesenen Team sind die Zuschauer so verbunden, als hätten sie schon als Kinder in hellblauer Bettwäsche geschlafen und ihr Leben lang nichts anderes gemacht, als Team Hellblau anzufeuern. Wie spontan eine enge Bindung zwischen Sportlern und Fans entsteht, ist erstaunlich.
Wer an der Fussball-WM 2010 in Südafrika die schmerzhafte Ohrenfolter durch Vuvuzelas überlebte, der steht akustisch alles durch. Dachte ich jedenfalls. Doch zwischendurch wünschte ich mich nicht nur deshalb nach Kapstadt, weil es dort aktuell 20 Grad und Sonnenschein hat, sondern auch, um den Klatschstangen zu entfliehen, die alle Zuschauenden erhielten und von denen sehr rege Gebrauch gemacht wurde.
Im Sportalltag dominiert König Fussball derart, dass er fast alle anderen Sportarten in den Hintergrund drängt. Da die Sporthilfe zumeist Einzelsportler fördert, fehlte der Fussball beim Super10Kampf fast gänzlich. Vertreten wurde er durch die ehemaligen Nati-Grössen Kathrin Lehmann und Benjamin Huggel. Sie waren zwei der sechs Coaches.
Das erste Spiel des Abends: Mario Kart. Schwinger Samuel Giger tritt in die Pedalen – und prompt geht sein Gefährt kaputt. Sein Team hat dennoch den Sieg vor Augen, aber auf der Zielgeraden fliegt Skicross-Olympiasieger Ryan Regez heran und überholt im packenden Fotofinish Gigers Teamkollegen, den Ruderer Andrin Gulich.
Dem Saalpublikum gefiel Gigers voller Einsatz. Es wählte den Thurgauer mit einigem Abstand zum Liebling des Abends.
Von der Postur her würde Christian Stucki nicht nur im Sägemehl, sondern auch im «Ally Pally» eine gute Figur abgeben. Aber nicht nur damit, sondern auch wegen seines Könnens: Der Schwingerkönig brillierte mit den kleinen Pfeilen. Mit zehn Würfen räumte Stucki zehn Luftballons ab. Kommentar seines Gegners Feuz: «Schwinger haben offenbar zu viel Zeit, um am Abend in der Bar zu hocken …»
Die Aufzeichnung des Super10Kampfs wird am Samstag, 16. Dezember um 20.10 Uhr auf SRF 1 ausgestrahlt.