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Aksel Lund Svindal ist einer der erfolgreichsten Skirennfahrer aller Zeiten: Olympiasieger, Weltmeister, Gesamtweltcupsieger, 31 Weltcupsiege. Den letzten davon feierte der Norweger erst gestern, im Super-G von Kitzbühel.
Doch wieder einmal musste ein Sportler brutal miterleben, wie nah Triumph und Tragödie beisammen liegen können. Ein Sturz nach der Hausbergkante: Svindal landet im Fangnetz, die Nase blutet, das rechte Knie schmerzt.
Zwar kann Svindal selber ins Ziel fahren, muss nicht wie die Österreicher Hannes Reichelt und Georg Streitberger mit dem Helikopter abtransportiert werden. Doch er wird ins Spital nach Innsbruck gebracht und untersucht. Diagnose: Das vordere Kreuzband und der Meniskus im rechten Knie sind gerissen.
«Das nervt natürlich, mitten in der Saison», schreibt Svindal auf Facebook zu einem Foto, das ihn lächelnd im Spitalbett zeigt. «Aber so ist das Leben. Es geht auf und ab, und man muss alles so nehmen, wie es kommt.»
Die Saison ist für den bislang siebenfachen Sieger und Führenden im Gesamtweltcup gelaufen. Svindal falle ein knappes Jahr lang aus, prognostiziert der norwegische Cheftrainer Christian Mitter. Sehr traurig sei das, «aber was zählt ist, dass es ‹nur› das Knie war und er nicht noch schwerer verletzt ist.»
Die bange Frage, die sich wegen der Schwere der Verletzung stellt: Kehrt Aksel Lund Svindal überhaupt noch einmal auf die Rennpiste zurück? Schliesslich ist der «Super-Elch» bereits 33-jährig und er hat fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Beweisen muss er niemandem mehr etwas.
Dazu kommt, dass es nicht die erste schwere Verletzung in seiner Karriere ist. Kurz bevor die Saison 2014/15 losging, riss beim Fussballspielen die Achillessehne. Svindal fiel lange aus und gab bei der WM ein überraschendes und starkes Comeback: Sowohl in der Abfahrt wie im Super-G wurde er Sechster. Es waren die beiden einzigen Rennen, die er letzte Saison bestritt.
Svindal schuftete im Training weiter und kehrte in diesem Winter so stark zurück, wie er wohl noch nie war. Tut er sich diese harte Trainingsarbeit nun noch einmal an, um es erneut nach einer schweren Verletzung zurück an die Spitze zu schaffen? In etwas mehr als einem Jahr findet die WM 2017 in St.Moritz statt. Svindals Teilnahme daran ist gefährdet. Im Engadin dabei zu sein, wird sein grosses Ziel sein, sollte er sich zum Weitermachen entscheiden.
«Es ist immer ein grosses Risiko, wenn man Abfahrt fährt», wird Aksel Lund Svindal in einer Mitteilung des norwegischen Verbands zitiert. «Ich bin dankbar dafür, dass es in dieser Saison so gut gelaufen ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit in einem solch anspruchsvollen Sport.»
Für das in dieser Saison so erfolgreiche norwegische Team ist der Ausfall seines Leaders natürlich eine Hiobsbotschaft. «Morgen ist der Slalom, aber wir haben einen Kloss im Magen», sagte Sportdirektor Claus J. Ryste. Mit Henrik Kristoffersen stellen die Norweger auch in dieser Disziplin den besten Fahrer des Winters.
Im Gesamtweltcup ist der Weg somit frei für Marcel Hirscher, der noch 107 Punkte hinter Svindal zurück liegt. Der Salzburger reagierte betroffen auf die Nachricht vom Ausfall seines ärgsten Rivalen. «Ich kann es gar nicht glauben. Es ist ein Wahnsinn, dass sich Aksel in seiner Hochform verletzt hat und ein weiteres Opfer der Kompression geworden ist. Ich kann ihm nur alles Gute wünschen», zitiert das ORF Hirscher.
Nach der Siegerehrung äusserte sich der Abfahrtsdritte Carlo Janka kritisch. «Kitzbühel ist immer eine Gratwanderung», so der Bündner. «Was ist wichtiger: Sportliche Aspekte oder das ganze Drumherum? Da muss man aufpassen, dass man uns nicht nur als Produzenten einer Show den Berg hinunterschickt.»
Aksel Lund Svindal hat während mehr als zehn Jahren eine grossartige Show produziert. Es wäre sehr traurig, wenn der Sturz auf der Streif das letzte Kapitel in der Karriere des sympathischen Skandinaviers wäre.
Aber einen übergeordneten Nutzen hat dieser und die meisten anderen Leistungssportarten nicht.
Gladiatoren der Neuzeit, nur auf freiwilliger Basis und mit sehr hoher Bezahlung.