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Einst war da Niemandsland. Ein Ort, an dem es bis vor gut 14 Jahren nichts gab als bewaldetes Gelände. Der Berg rief Bernhard Russi gleichwohl – ein erstes Mal am 20. August 2001. Der Urner erinnert sich bestens an seine erste Mission am Mountain Gariwang, rund 50 Autominuten entfernt vom Alpensia Sports Park gelegen, dem olympischen Zentrum in den Bergen.
Russi wurde an jenem Tag 53 Jahre alt. Für das Feiern blieb jedoch keine Zeit. Sich einen Überblick zu verschaffen, erste Abmessungen vorzunehmen und den möglichen Verlauf der Piste zu eruieren, hatte Priorität. Russi weiss viel zu erzählen. Seine Ausführungen sind hochinteressant. Die Mischung aus Information und Geschichten fesselt.
Zum informativen Teil gehören selbstredend die Eckdaten der Strecke. Sie ist 2852 Meter lang und weist einen Höhenunterschied von 825 Metern auf. Das Ziel befindet sich auf 545 Metern über Meer. Es ist davon auszugehen, dass der Kurs trotz vier Sprüngen nicht das ganz grosse Spektakel garantiert. Die richtig steilen Passagen fehlen, eine eigentliche Mutprobe gibt es nicht. Überwinden müssen sich die Fahrer nirgends.
Ursprünglich waren es zwei Pisten, für die Russi eine Lösung suchte. Der Plan, für Männer und Frauen eigene Strecken zu bauen, musste aber verworfen werden. Im Verlauf der drei Kandidaturen Pyeongchangs für die Ausrichtung von Winterspielen war der obere Teil des Berges zur Schutzzone erklärt worden. Umweltschützer hatten sich für den Erhalt einer seltenen Baumart stark gemacht. Besagte Bäume stehen vor allem dort, wo die Frauen-Strecke vorgesehen war.
«Ich spürte, dass wir den Aktivisten entgegenkommen und einen Kompromiss finden mussten», erinnert sich Russi. «Noch am selben Abend wurde vereinbart, lediglich eine Piste zu bauen.» Mit Ausnahme eines rund 300 Meter langen Abschnitts ist die Strecke für Männer und Frauen identisch. Weitere Kompromisse hatte Russi nicht einzugehen. «Ich konnte das bauen, was ich mir vorgenommen hatte.»
Die einzige Abweichung betraf die Traverse kurz nach dem Start, zurückzuführen auf ein kleines Missverständnis. Die einheimischen Arbeiter hatten Russis Vorgabe nicht wie gewünscht umgesetzt. Einfluss auf den Streckenverlauf nahm das Versehen allerdings keinen.
Dieser Tage kann Russi zum zweiten Mal auf die Dienste von Didier Défago zählen. «Im vergangenen Sommer waren wir schon einmal gemeinsam vor Ort», erzählt Russi weiter. Diesmal hat Défago eine Doppelfunktion inne. Er stellt sich auch als Testfahrer zur Verfügung – für Russi eine absolute Luxuslösung. «Mit seiner Erfahrung ist er vor allem für den Kurssetzer (Hannes Trinkl, den Verantwortlichen der FIS für den Speed-Bereich, Red.) extrem wichtig.»
Ob Défago, der wie Russi eine Lehre als Hochbauzeichner absolviert hat, ihm in der Rolle des Pistenarchitekten folgen wird? «Ich habe mir vor längerer Zeit Gedanken darüber gemacht, wer nach mir diese Aufgabe übernehmen könnte. Mit Didier habe ich vor zwei Jahren schon lose darüber diskutiert. Auf jeden Fall hat er nicht gleich abgewunken.»
Einen zeitlichen Rahmen für seinen Abgang hat sich Russi nicht gesteckt. «Diesbezüglich bin ich kein grosser Planer.» Planen wird er vorläufig weiterhin im Solde der FIS. Mit der Abfahrtspiste für die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking steht die nächste Aufgabe bereit. (sda)