Wendy Holdener war es ganz am Ende des Interview-Marathons in Lenzerheide ein Anliegen, dass man sie richtig verstanden hatte. Sie freue sich natürlich schon über diesen 3. Platz im Slalom, so die 24-Jährige aus Unteriberg, die in den zehn Minuten zuvor kaum einmal gelacht hatte. Vielmehr hatte sie verhältnismässig leise gesprochen, teilweise wurde ihre Stimme gar sehr dünn. Freude über einen Podestplatz hört sich sonst – und auch bei ihr – anders an.
Falls das mit der Freude nicht so gewirkt habe in den Minuten zuvor, sagte Holdener nun, so sei das den strengen letzten Tagen geschuldet. Und auch den vielen Leuten, die bei diesen Heimrennen etwas von ihr wollten. Hatte sich Holdener am Freitag bei ihrem dritten Weltcupsieg noch von der Masse getragen gefühlt, so wurde ihr das ganze Drumherum am Sonntag zu viel. Vor dem Start zum zweiten Lauf habe sie nur noch «Nervosität» und «Druck» gespürt. Dies hatte auch Auswirkungen auf den Körper, oder besser, die Beine, die «schwer» (Holdener) wurden.
Nicht zuletzt Holdener dürfte sich in diesem Moment, als das Interview eigentlich schon beendet war, auch an ihre Worte vom Donnerstagabend erinnert haben. Da hatte die im Slalom noch sieglose Innerschweizerin gesagt, dass sie manchmal die Wertschätzung bei einer weiteren Top-3-Platzierung in ihrer Paradedisziplin vermisse. Bei deren 15 ist sie nach Lenzerheide nun angelangt – und keine dieser Podestplatzierungen komme einer Selbstverständlichkeit gleich, hatte Holdener am Donnerstag insistiert.
Man muss der Kombinations-Weltmeisterin von St.Moritz glauben. Umso mehr, als nicht einmal die zehnfache Saisonsiegerin Mikaela Shiffrin auf der Piste Silvano Beltrametti eine klare Führung bei der letzten Zwischenzeit ins Ziel brachte. Statt mit ihrem siebten Slalomsieg hintereinander den Gewinn der kleinen Kristallkugel vorzeitig sicherzustellen, unterlief der Amerikanerin in ihrer stärksten Disziplin ein äusserst seltener Fehler.
Vorbei war damit für Shiffrin auch eine persönliche Horror-Woche, wie sie sie im Weltcup noch nie erlebt hatte: In je einem Super-G, Riesenslalom und Slalom schied sie aus, auf den Start zur Kombination verzichtete sie (und damit auch auf die Möglichkeit eines Disziplinensiegs). Einzig am Samstag im Riesenslalom schaffte es die Slalom-Olympiasiegerin ins Klassement, allerdings nur auf dem enttäuschenden 7. Rang. All diese Rennen zuletzt hätten natürlich schon einen Einfluss auf das Selbstvertrauen, gab Shiffrin danach zu Protokoll. Und dass sie nicht mehr sicher sei, «ob ich an den Winterspielen wirklich in allen fünf Disziplinen starten sollte». Zumindest ihre Teilnahme am olympischen Super-G stellte die Leaderin des Gesamtweltcups infrage.
Der Sieg zum Abschluss der drei Renntage in Lenzerheide ging an Petra Vlhova. Die Slowakin, zuvor schon im Slalom in Levi siegreich und damit einzige Bezwingerin von Shiffrin in diesem Winter, holte sich ihren vierten Weltcupsieg mit einem Zehntel Vorsprung vor der Schwedin Frida Hansdotter. Als Dritte büsste Holdener, nach halbem Pensum noch Zweite hinter Shiffrin, 0,52 Sekunden ein. Mélanie Meillard wurde Vierte. Die 19-jährige Walliserin realisierte damit ihr bisher bestes Ergebnis im Slalom. (sda/jsc)