Mit Hund an der Leine und Lächeln im Gesicht steht Didier Défago am Sonntag im Zielgelände von Crans-Montana. Die Szene drückt aus: Der Abfahrtsolympiasieger von 2010 und CEO der Ski-WM 2027 ist zufrieden mit dem Härtetest zwei Jahre vor dem Grossanlass. Dabei geisterte vor einer Woche noch das Horrorszenario «WM-Entzug» durch Crans-Montana. Ist der Nobel-Skiort bereit für 2027?
Der Check nach dem Augenschein vor Ort anlässlich der Männer-Speedrennen am vergangenen Wochenende.
Seit letzter Woche ist das grösste Problem der WM-Organisatoren aus dem Weg geräumt: Das neue Zielstadion inklusive Tiefgarage kann gebaut werden, der Rechtsstreit mit einer einsprechenden Anwohnergruppe ist beigelegt. Die Drohung, dass ohne neues Zielstadion die WM 2027 auf Geheiss des Weltverbandes FIS woanders stattfinden würde, wurde hinter vorgehaltener Hand herumgereicht – war aber mehr Mittel zum Zweck denn ernsthaftes Szenario.
Noch diese Woche soll der 15-Millionen-Bau beginnen. Schon länger laufen die Arbeiten für mehr Hotelbetten: Gemäss NZZ sollen in zwei Jahren deren 3500 bereitstehen, vor allem 5-Sterne-Häuser für Athleten, Funktionäre und Sponsoren sind nötig. Der Rest der 50'000 Betten, mit denen die Veranstalter das Publikum anlockt, verteilt sich auf das Ober- und Unterwallis.
Wenn der Grossteil des Publikums nicht in Crans-Montana selber nächtigen kann, muss es jeden Tag aufs Hochplateau transportiert werden. Dies dürfte in zwei Jahren die grösste Herausforderung für WM-CEO Défago und sein Team werden. Als Transportmittel stehen aktuell die Standseilbahn von Sierre nach Crans-Montana und Busse zur Verfügung – eine Anreise im Privatauto empfiehlt sich mitunter wegen der Parkplatzsituation nicht.
Positiv: Am vergangenen Wochenende standen am Samstag und Sonntag die jeweils weit über 10'000 Ski-Fans rechtzeitig auf der Zieltribüne oder irgendwo an der Piste. Aber: An der WM werden deutlich mehr Menschen anwesend sein, dazu während zweier Wochen. Dafür müssen weitere Lösungen für den Personentransport vom Tal auf den Berg her.
Es war neben den fünf von sechs möglichen Schweizer Podestplätzen das Aufreger-Thema am vergangenen Wochenende: Noch vor Rennstart kritisierten einige Athleten die Piste «La Nationale» scharf. Für den Italiener Dominik Paris ist sie «nicht WM-würdig», für Marco Odermatt «die einfachste Abfahrt, die ich je gefahren bin». Interessant: Nach ihrer Kritik fuhren sowohl Odermatt als auch Paris aufs Podest, der Schweizer sowohl in der Abfahrt (Rang 2) als auch im Super-G (Sieg).
Klar ist: Fundamental verändern kann man den Charakter der Piste nicht mehr. Möglich sind Feinkorrekturen wie das Weglassen einiger Tore, um die Schwierigkeit etwas zu erhöhen. Altstar Didier Cuche, der die Rennen am Wochenende vor Ort verfolgte, meint: «Ob Crans-Montana wirklich so einfach ist? Ich weiss es nicht. Hier von oben bis unten keinen Fehler zu machen, ist auch eine Schwierigkeit.»
Hoffen müssen die Veranstalter auf möglichst tiefe Temperaturen während der zwei WM-Wochen: Weil Crans-Montana an einem Südhang liegt, wird der Schnee auf der Piste – vor allem im unteren Teil – schon früh weich.
Drei Schweizer auf dem Podest in der Abfahrt, Doppelsieg im Super-G – die Topleistungen von Odermatt, von Allmen und Co. waren beste Werbung für die WM 2027. Zur Erinnerung: 1987 resultierte am gleichen Ort mit acht von zehn möglichen Goldmedaillen die erfolgreichste WM aller Zeiten aus Schweizer Sicht. Viel deutet darauf hin, dass es in Crans-Montana 40 Jahre später aufs Neue Schweizer Festspiele gibt. (aargauerzeitung.ch)