Es gibt noch Wunder! Kaum eine Serie im modernen Fussball ist so beeindruckend wie Sions Siegesquote im Cup-Finale: Alle Cup-Finals, an denen sie bislang teilnahmen, haben die Walliser auch gewonnen. Trotzdem waren sie gegen Meister Basel der klare Aussenseiter. Doch von Scheu keine Spur: Sion stürmte von Beginn weg nach vorne – und wählte damit die goldrichtige Taktik.
Sion spielte ein äusserst aggressives Pressing: Aus ihrer standardmässigen 4-2-3-1-Formation schossen sie immer wieder nach vorne, um die Basler Abwehr unter Druck zu setzen. Dabei agierten sie relativ mannorientiert: Die beiden Aussenstürmer störten die Basler Aussenverteidiger, die beiden Stürmer griffen die gegnerischen Innenverteidiger an. Aus dem 4-2-3-1 wurde im Pressing so ein 4-2-4.
Selbst Sions Doppelsechs im Mittelfeld rückte weit heraus, wenn sich die Basler Sechser zurückfallen liessen. So wurde Fabian Frei eng verfolgt, wenn er sich zwischen die eigenen Verteidiger fallen liess. Sion wollte Basel nicht ins Spiel finden lassen, im Gegenteil: Sie drückten ihrem Gegner den Rhythmus und zahlreiche Zweikämpfe auf.
Basel hatte überraschend grosse Probleme, sich aus den Klauen des Sion-Pressings zu befreien. Wie so oft agierte ein Aussenverteidiger etwas tiefer, damit der andere weiter nach vorne stossen kann. In diesem Spiel sollte Xhaka auf rechts seine Vorstösse einbringen. So weit kam Basel im Spielaufbau aber meistens gar nicht; schon früh wurden sie zum langen Ball gezwungen, den jedoch kein Basler gewann. Nach der früh gewonnen Meisterschaft wirkten sie lethargisch und schufen kaum Verbindungen im Mittelfeld.
Es war schockierend, wie einfallslos und langsam die Basler im Spielaufbau agierten. Trotz des aggressiven Vorrückens und der teilweise grossen Lücken im Mittelfeld hatte Sion keine Mühe, Bälle zu gewinnen und Basel das Spiel aufzuzwingen.
Nach Ballgewinnen schaltete Sion blitzschnell um. Die Angreifer tauschten hierbei häufig die Positionen, wobei die Rollen klar verteilt waren: Carlitos sollte vom Flügel aus die Angreifer einsetzen, die sich in den Schnittstellen positionierten. Immer wieder fand Carlitos Stürmer Konate ins Zentrum. Vor der Pause war es Assifuah, der oft aus der Tiefe hinter die Abwehr startete, nach der Pause ging Fernandes vermehrt ins Zentrum.
In allen Varianten war Sion schneller, spritziger, kreativer als Basel. Die Basler hatten vor allem Probleme, die Schnittstellen zwischen ihren Verteidigern zu schliessen. Schär erwischte bei seinem Abschiedsspiel einen rabenschwarzen Tag und liess den Abstand zu seinen Nebenmännern immer wieder zu gross werden. Sion wurde es so leicht gemacht, mit Pässen in die Schnittstelle hinter die Abwehr zu gelangen.
Paulo Sousa hatte keine zündende Idee, wie er das Pressing-Spektakel Sions hätte stoppen können. Erst nach dem 0:3 stellte er endgültig auf eine Dreierkette um, nun war es aber schon zu spät. Das 4-2-3-1 zuvor wurde viel zu starr interpretiert, als dass es gegen Sions Pressing etwas hätte ausrichten können.
Sion hatte keine Mühe, die Führung herunterzuspielen. Selbst beim Stande von 3:0 hatten sie noch beste Möglichkeiten, das Ergebnis höher zu gestalten. Der Cup-Mythos des FC Sion lebt weiter, einem frechen Auftritt sei Dank.