Russisch Roulette werde die Partie gegen Camila Giorgi, sagte Belinda Bencic vor der Partie. «Es gibt Tage, da spielt sie wie eine Nummer 1 der Welt. Und dann gibt es Tage, an denen sie gegen jede verlieren kann.» Am Samstag zieht die 31-jährige Italienerin, die im Verdacht steht, im letzten Jahr für die Einreise nach Australien ein gefälschtes Covid-Zertifikat vorgelegt zu haben, einen schlechten Tag ein und begeht viele Fehler.
Nach 1:32 Stunden Spielzeit setzt sich Bencic mit 6:2, 7:5 durch und steht zum zweiten Mal nach 2016 im Achtelfinal der Australian Open. Im ersten Satz nimmt sie Giorgi zwei Mal den Aufschlag ab - zum 2:1 und zum 5:2.
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle wird der zweite Satz. Zwei Mal liegt Bencic mit einem Break vorne und verpasst bei 4:2 die Chance, mit einem weiteren die Vorentscheidung herbeizuführen. Als sie beim Stand von 5:4 zum Sieg serviert, kassiert sie prompt das Break. Allerdings nimmt sie ihrer Gegnerin danach umgehend zum dritten Mal im Satz den Aufschlag ab. Im zweiten Anlauf serviert Belinda Bencic souverän zum 6:2, 7:5-Sieg aus.
Gegnerin im Achtelfinal ist Arina Sabalenka (24, WTA 5). Wie Bencic ist die Weissrussin formidabel ins Jahr gestartet und gewann in der Woche vor Bencic in Adelaide ihr elftes WTA-Turnier und beendete damit auch eine Durststrecke von fast zwei Jahren. Im letzten November hatte Sabalenka bei den WTA Finals Iga Swiatek eine seltene Niederlage zugefügt. Sie stand in Wimbledon und zwei Mal bei den US Open im Halbfinal. In Melbourne kam Sabalenka allerdings wie Bencic nie weiter als in den Achtelfinal.
Sabalenka ist die selbst erklärte «Doppelfehler-Königin». Im letzten Jahr unterliefen ihr 428 – mit Abstand am meisten auf der Frauentour, darunter alleine zwölf bei einem Zweitrundensieg in Melbourne. Probleme, die sie nicht nur mit Mentaltraining, sondern auch mit neuem Griff, verändertem Ballwurf und sogar anderer Atemtechnik in den Griff bekommen habe. Sie hat in diesem Jahr noch keinen Satz abgegeben. Und in Melbourne sind Sabalenka in drei Spielen bisher erst sieben Doppelfehler unterlaufen.
Geheimnisse gibt es keine zwischen Bencic und Sabalenka, die beide seit Jahren zur erweiterten Weltspitze gehören. Sie erwarte eine aggressiv spielende Gegnerin, die wie sie versuchen werde, das Spieldiktat an sich zu reissen, sagt Bencic. Allerdings geht sie mit einer Art Geheimwaffe ins Spiel: Ihr neuer Trainer, der Russe Dimitri Tursunow, arbeitete zwischen 2018 und 2020 sehr erfolgreich mit Sabalenka zusammen.
Vorteil Belinda Bencic? «Ja. Weil Dimitri weiss, wie sie denkt, wie sie in engen Momenten reagiert und wie sie unter Stress reagiert», sagt die 25-Jährige auf Frage von CH Media. «Sie wird auch nervös sein, gegen mich zu spielen.» Sie wolle aber nicht zu viel analysieren und sich auf sich und ihre Stärken konzentrieren. Mit dem Vorstoss in die zweite Woche habe sie ein Zwischenziel erreicht. «Ich habe jetzt drei Siege im Sack. Aber ich habe noch viel vor. Es geht weiter – und ich bin bereit für alles, was kommt. Wenn ich das Turnier gewinnen will, muss ich sieben Spiele gewinnen.»
Auf Sabalenka ist Bencic bisher zwei Mal getroffen, beide Male gewann die Siegerin danach auch das Turnier: 2018 in New Haven setzte Sabalenka sich durch, im Jahr darauf in Dubai hatte Bencic das bessere Ende für sich.