Seit gestern Montag ist Roger Federer erstmals seit 1997 nicht mehr in der ATP-Weltrangliste gelistet. Das scheint auch den «Maestro» etwas nachdenklich zu stimmen. In einem Interview mit der niederländischen Zeitung «Algemeen Dagblad» sprach der bald 41-jährige Schweizer offen über seinen Rücktritt und sein Verhältnis zum Tennis.
«Ich liebe es, zu gewinnen, aber wenn du nicht mehr konkurrenzfähig bist, dann ist es besser aufzuhören. Ich glaube nicht, dass ich das Tennis brauche», erklärte der 20-fache Grand-Slam-Sieger, der wegen einer hartnäckigen Knieverletzung seit einem Jahr keinen Ernstkampf mehr auf der ATP-Tour bestritten hat.
Er sei momentan glücklich über die kleinen Dinge des Lebens. «Wenn mein Sohn etwas richtig macht, wenn meine Töchter gute Noten nach Hause bringen.» Tennis sei Teil seines Lebens, aber «es ist nicht meine einzige Identität. Ich will erfolgreich sein und bleiben und viel Energie ins Business stecken – vielleicht manchmal mehr geben, als ich sollte, aber das geht auch ausserhalb des Sports».
Noch lässt ihn das Tennis aber nicht los. Beim Wimbledon-Final zwischen Novak Djokovic und Nick Kyrgios nur als Zuschauer dabei gewesen zu sein, sei ein komisches Gefühl gewesen: «Es fühlte sich für mich sehr seltsam an, dieses Jahr Wimbledon nicht zu spielen und es im Fernsehen zu sehen, da ich seit 1998 jedes Mal dort war.»
«Aber ich kann ehrlich sagen, dass ich zu Hause sehr glücklich bin», betonte Federer. «Manchmal vermisse ich es schon, nicht mehr um die Welt zu reisen, und natürlich vermisse ich auch den Sport. Allerdings ist auf eine normale Art zu Hause zu leben genauso gut.»
Er sei «schon so lange unterwegs, dass es auch schön war, etwas mehr Ruhe zu erleben und öfter an einem Ort zu sein, was durch das Coronavirus bereits passiert ist. Es gab mir die Möglichkeit, meine Reisen gezielt zu sortieren und etwas zurückzugeben. Viele Freunde kamen immer zu mir, jetzt konnte ich es umdrehen».
Die Tennisroutine sei manchmal übertrieben gewesen. «Vor allem, weil man das auch für die Kinder organisieren musste.» Es sei schön, jetzt eine Pause davon zu haben. Auch für die Kinder, obwohl sie das Reisen ebenfalls vermissen würden, erklärte Federer.
Trotz all der Vorzüge abseits des Tennis-Zirkus plant Federer für diesen Herbst sein Comeback. Die langjährige Weltnummer 1 will im September auf die Tour zurückkehren und sowohl beim Laver Cup im September in Prag als auch bei seinem Heimturnier in Basel einen Monat später aufschlagen. Spätestens dann wird sich herausstellen, wie konkurrenzfähig der «Maestro» im hohen Tennisalter noch ist. (pre)
Beweisen muss er jedenfalls keinem mehr etwas. Er könnte ja künftig als Trainer oder Funktionär tätig sein.