Was war das für ein Affiche, was war es für ein Match! Im 49. Duell mit Novak Djokovic hat sich Roger Federer auf beeindruckende Art und Weise für die epische Finalniederlage in Wimbledon revanchiert und seinen Erzrivalen, gegen den er zuvor vier Jahre nicht gewinnen konnte, mit 6:4, 6:3 förmlich vom Platz gefegt.
Im alles entscheidenden Duell um den Halbfinal-Platz an den ATP Finals zeigte der «Maestro» eine Leistung wie vom anderen Stern: er serviert beinahe perfekt, übernahm in den Ballwechseln stets die Initiative, schlug Winner um Winner und beging fast keine Fehler. Am Ende kam er auf 23 Gewinnschläge bei nur fünf (!) «Unforced Errors».
Djokovic dagegen erwischte nicht seinen besten Tag – 13 unerzwungene Fehler sind eine ungewöhnlich hohe Anzahl für den sonst so soliden Grundlinien-Roboter. Zwischendurch zwickte beim Serben der schon zweimal operierte Ellbogen, doch als Ausrede wollte Djokovic das für die Niederlage nicht gelten lassen.
Djokovic startete schlecht in die Partie. Bereits im ersten Game musste er nach einem Doppelfehler einen Breakball zulassen, den er noch magistral abwehrte. Im zweiten Aufschlagspiel unterliefen ihm dann schon zwei Doppelfehler und das erste Federer-Break war nicht mehr abzuwenden.
Das wie eine Wand hinter Federer stehende Publikum war begeistert, einige der 17'800 Zuschauer in der ausverkauften O2-Arena übertrieben es allerdings mit der Unterstützung für ihren Liebling. Alle drei Doppelfehler von Djokovic feierten sie mit tosendem Applaus. Ein paar Federer-Anhänger jubelten sogar bereits, wenn der Serbe einen ersten Aufschlag versemmelte.
Für die ehemalige britische Nummer 1 Greg Rusedski ein No-Go: «Es ist respektlos, wenn man nach Doppelfehlern klatscht. Das ist schlicht zu viel», erklärte der heutige Tennis-Experte bei Amazon. «Es macht mir nichts aus, wenn Fans einen Spieler mehr unterstützen als den anderen. Das ist ihr gutes Recht, aber es gibt bestimmte Regeln, an die du dich da draussen halten musst.»
Rusedski glaubt, dass sich Djokovic vom Applaus bei seinen Doppelfehlern aus dem Konzept hat bringen lassen. «Das ging ihm unter die Haut. Vom frühen Break nach den zwei Doppelfehlern erholte er sich nicht mehr.»
Mitleid mit Djokovic hatte auch Ex-Spielerin und TV-Moderatorin Anabel Croft: «Novak ist ein grossartiger Champion, der so viel erreicht hat in diesem Sport. Was muss er tun, damit ihn die Zuschauer fair behandeln? Der Applaus bei den Doppelfehlern hat ihn getroffen und es schien fast so, als habe er sich danach in sein Schneckenhaus zurückgezogen.»
Die ehemalige Weltnummer 5 Daniela Hantuchova meinte: «Er hat dem Publikum am Ende nicht einmal zugewunken, als der den Court verliess. Ich kann seine Frustration verstehen. Nach all dem, was er fürs Tennis getan hat, ist das einfach respektlos. Roger ist Roger, aber das war nicht fair.»
Djokovic ist es sich gewöhnt, in Spielen gegen Federer nicht der Liebling der Massen zu sein. Beim epischen Wimbledon-Final war auch das ganze Stadion für Roger, doch da liess sich der «Djoker» nicht aus dem Konzept bringen. «Das war wahrscheinlich der mental anspruchsvollste Match meiner Karriere», sagte er damals, hatte aber einen Trick auf Lager: «Wenn die Leute ‹Roger› sangen, hörte ich ‹Novak›. Das tönt zwar blöd, aber so war das. Ich versuchte mich zu überzeugen, dass es so war.»
Gestern klappte es mit dem Trick offenbar nicht. Zum unfairen Publikum wollte sich Djokovic nach der gestrigen Niederlage aber nicht äussern: «Es war ein wichtiges Spiel und jedes Mal, wenn ich gegen Roger oder Rafa spiele, liegt eine grosse Spannung in der Luft. Es war ein volles Stadion, es war laut, es war elektrisierend – es war eine gute Atmosphäre.»
Jedenfalls fand ich das Publikum gestern extrem unfair und teilweise einem Tennispublik unwürdig. Als wären sie direkt aus dem Emirates Stadium* gekommen.....
*Arsenal und so....