Schon vor dem ersten Ballwechsel sah er sich einem Kreuzfeuer der Kritik ausgesetzt: Er spalte die Tenniswelt, orchestriere die Absetzung von ATP-Präsident Chris Kermode gegen den Willen der Spielerkollegen, verfolge seine eigene Agenda und verweigere den Dialog mit Roger Federer und Rafael Nadal, hiess es über Novak Djokovic. Zuweilen muss er sich gefühlt haben, als sässe er auf der Anklagebank. Doch der 31-Jährige tat wenig, um die Lage zu beruhigen.
Er versteckte sich hinter der Vertraulichkeit der Diskussionen im Spielerrat, den er präsidiert, und wollte seine Position nicht preis geben. Mit der Aussage, Federer und Nadal könnten sich ja an ihn wenden, wenn sie Gesprächsbedarf hätten, goss er zusätzlich Öl ins Feuer. Federer stellte tags darauf klar, er habe genau das beim Serben angemeldet, dieser hätte ihn aber auf den Tag nach der Abstimmung vertröstet. «Das ist für mich natürlich schwer verständlich.»
Novak Djokovic scheiterte in Indian Wells bereits in der dritten Runde an Philipp Kohlschreiber. Die Niederlage erklärte er nun mit den Turbulenzen neben dem Platz. «Ich habe mich mit zu vielen Dingen ausserhalb meiner Routinen beschäftigt und dadurch Energie verschwendet», sagte Djokovic. Er wolle den Konflikt nicht als Ausrede gelten lassen, aber es sei eine Erklärung dafür, weshalb er sich nicht gut gefühlt habe. «Ich habe meine Lektion gelernt.»
Obschon die Absetzung Kermodes beschlossene Sache ist, schwelt der Konflikt weiter. Denn wer auf den Briten folgen soll, ist unklar, ein Konsens darüber, wie die Vakanz besetzt wird, besteht nicht. Als aussichtsreicher Kandidat gilt Justin Gimelstob, ein Vertrauter Djokovics, der als Spielervertreter selber über die Zukunft Kermodes richten durfte. Allerdings sieht sich der Amerikaner mit einem hängigen Gerichtsverfahren wegen Körperverletzung konfrontiert.
Djokovic verneinte stets, eine eigene Agenda zu verfolgen. Ihm liege die Zukunft des Sports am Herzen. Den Verdacht, es gehe ihm darum, die Preisgelder noch weiter in die Höhe zu treiben, wies er von sich. Vielmehr gehe es ihm um die Verteilung und darum, dass mehr Spieler und Betreuer vom Tennis leben könnten. «Denn momentan können nur die besten hundert von unserem Sport leben. Das versuchen wir, zu ändern.»
Das letzte Wort in diesem Konflikt ist wohl nicht gesprochen. Rafael Nadal, der wegen einer Knieverletzung auf den Halbfinal von Indian Wells verzichten musste, reiste nach Mallorca ab. Federer kündigte indes an, künftig wieder vermehrt am politischen Diskurs partizipieren zu wollen und seinen Einfluss geltend zu machen. In Miami können er und Djokovic erst im Final aufeinandertreffen. Gesprächsbedarf besteht zwischen ihnen aber auch neben dem Platz.