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Bertrand Piccard gelingt die erste Nonstop-Ballonfahrt rund um die Erde

MILESTONES CATALOGUE - Take-off of Breitling Orbiter 3 in the Alps, MARCH 1, 1999. (KEYSTONE/Fabrice Coffrini) MILESTONES KATALOG - Der "Breitling Orbiter 3" fliegt ueber die Schweizer Alpen ...
Der Ballon kurz nach dem Start in den Schweizer Alpen.Bild: Keystone
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Abenteurer Bertrand Piccard gelingt die erste Nonstop-Ballonfahrt rund um die Erde

21. März 1999: Der Westschweizer Bertrand Piccard begeistert die ganze Nation und viele Menschen rund um den Globus. Im dritten Anlauf gelingt es ihm, die Erde in einem Ballon zu umrunden.
21.03.2022, 00:0121.03.2022, 12:23
Ralf Meile
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«Liebling, wir haben es tatsächlich geschafft!» Mit diesen Worten meldet sich Bertrand Piccard bei seiner Frau Michèle.

Ja, sie haben es geschafft. Piccard, ein Facharzt für Psychiatrie aus Lausanne, und der 51-jährige Brite Brian Jones sind in der Oase Dakhla in der ägyptischen Wüste gelandet und haben damit als erste Menschen die Welt in einem Ballon umrundet, ohne einmal den Erdboden zu berühren.

Ein Dok-Film über das Projekt.Video: YouTube/Bertrand Piccard

Erblich vorbelasteter Abenteurer

Knapp drei Wochen zuvor sind Piccard und sein Co-Pilot in Château-d'Oex, in den Waadtländer Alpen, gestartet. Es ist schon der dritte Versuch des Schweizer Abenteurers, der erblich vorbelastet ist. Grossvater Auguste Piccard stieg 1932 mit einem Ballon bis in die Stratosphäre, auf fast 17'000 Meter, auf. Vater Jacques Piccard ging in die andere Richtung: Er brach unter anderem den Weltrekord im Tiefseetauchen, im Marianengraben tauchte er bis auf 10'916 Meter ab.

Die ersten zwei Versuche des 41 Jahre alten Piccards, die Welt nonstop im Ballon zu umrunden, waren misslungen. 1997 ging das Kerosin aus, 1998 musste er in Burma aufsetzen, nachdem China ein Überflugverbot erteilt hatte.

Über China muss es genau stimmen

Nun soll es klappen. Um 09.05 Uhr am 1. März 1999 heben Bertrand Piccard und Brian Jones im Breitling Orbiter 3 ab, einer Kombination aus Heissluft- und Gasballon. Es geht über die Alpen in Richtung Turin und weiter nach Spanien. Am vierten Tag erreichen die zwei Piloten über Algerien den Jet-Stream, der sie schnell und weit tragen soll.

Round the World balloonists Bertrand Piccard returned to Switzerland on Monday 22 March 1999 with Swiss Minister of Defence and Sports Adolf Ogi. Hundreds of people were allowed to greet them in perso ...
Piccard wird nach der gelungenen Mission von Bundesrat Adolf Ogi beglückwünscht.Bild: Keystone

Sie kommen gut voran, auch bürokratische Hindernisse werden aus dem Weg geräumt. So darf Orbiter 3 über Jemen fahren und ab dem 9. März über China. Allerdings ist diese Passage heikel: Das Duo hat einen Korridor zugewiesen erhalten, den es nicht verlassen darf.

In der Gondel gefriert das Trinkwasser

Der Ballon nimmt nun immer mehr an Geschwindigkeit auf. Am 10. März stellen Piccard und Jones, immer noch über China, mit 168 km/h einen neuen Rekord auf. Rund zehn Tage nach dem Start in den Schweizer Bergen befinden sie sich schon über dem Pazifik, die Hälfte der Weltumrundung ist geschafft.

Hot air balloon pilots Swiss Bertrand Piccard (left) and British Brian Jones smile after they revealed a monument during a reception ceremony at Chateau d'Oex, Switzerland, Friday, May 21, 1999.  ...
In Château-d'Oex erinnert diese Skulptur an die Leistung von Piccard (links) und Jones.Bild: Keystone

Die beiden wechseln sich an der Steuerung ab. Acht Stunden lang arbeiten sie gemeinsam, dann für acht Stunden alleine, während der andere in einer schmalen Koje schläft. Eine Heizung sollte die Temperatur im Innern der Gondel auf 15 Grad Celsius halten, das gelingt aber nicht immer. Nachts ist es gelegentlich so kalt, das das Trinkwasser gefriert und Eis von der empfindlichen Elektronik abgekratzt werden muss.

Piccards Kampf mit der Gesundheit

Tagelang ist nur das Meer unter dem Ballon, der nun mit teils 180 km/h in Richtung Mexiko unterwegs ist. Die Landmasse ist wieder recht schnell überfahren, es geht in der Karibik über den Atlantik. Es ist ein prägender Abschnitt des Trips: «Über dem Golf von Mexiko froren wir und ich war krank», schildert Piccard nach der Landung. «Über Jamaika ging es mir wieder besser.»

Das Ziel ist Afrika. Nach knapp 18 Tagen erreichen Piccard und Jones den Kontinent. Nun bleibt als letzte Aufgabe, den Längengrad von Château-d'Oex zu überqueren. Das schaffen sie am 21. März, als sie in der ägyptischen Wüste aufsetzen. Bertrand Piccard und Brian Jones ist es tatsächlich gelungen, die Welt nonstop in einem Ballon zu umrunden.

The Breitling Orbiter 3 balloon flies over the Egyptian desert early Sunday, March 21, 1999. Swiss Bertrand Piccard and Briton Brian Jones, the first avaitors to fly a hot air balloon around the world ...
Die historische Landung in der Nähe der ägyptischen Stadt Mût.Bild: KEYSTONE/Reuters Pool

«Wir waren in der Gondel wie in einer anderen Welt – in einem kleinen Stück Paradies», fasst Piccard zusammen. 19 Tage, 21 Stunden und 55 Minuten lang dauert das Abenteuer. «Wir hoben als Freunde ab und landeten als Brüder.»

Im insgesamt 17. Versuch gelingt die Erdumrundung erstmals

Am Sonntagmorgen um 7.03 Uhr läuten die Kirchenglocken in Château-d'Oex nach dem Stundenschlag gleich nochmals: Sie künden von der erfolgreichen Mission. Für seinen Erfolg kassiert das schweizerisch-britische Duo einen Check von umgerechnet 750'000 Franken von einem amerikanischen Sponsor, der dieses Preisgeld für die erste Erdumrundung in einem Ballon versprochen hatte. 16 Anläufe zuvor waren gescheitert, der erste im Jahr 1981.

Under Lindbergh's "Spirit of St. Louis," balloonists Bertrand Piccard of Switzerland, left, and Brian Jones of Great Britain, hold the Budweiser Cup, Wednesday, April 7, 1999 at the Smi ...
Unter der «Spirit of St.Louis» von Charles Lindbergh erhalten Piccard und Jones in Washington einen Pokal und einen Check in der Höhe von 500'000 Dollar.Bild: Keystone/AP

Co-Pilot Brian Jones feiert den Erfolg übrigens standesgemäss – mit einer Tasse Tee. «So macht das jeder richtige Engländer», sagt er im «Blick» schmunzelnd.

Bertrand Piccard lässt das Abenteuerfieber nicht los. 2016 gelingt ihm erneut eine Weltumrundung – dieses Mal im Solarflugzeug «Solar Impulse».

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