Als der Dienstag beginnt, befindet sich Rocco Grimaldi in Texas. Der 21-Jährige stürmt für San Antonio Rampage, das Farmteam der Florida Panthers, in der AHL. Um 10.30 Uhr betreten Grimaldi und seine Mitspieler das Eis im AT&T Center – aber nicht für ein Training, sondern tatsächlich für eine Partie.
Der Grund für diese ungewöhnliche Spielzeit ist, dass die AHL-Equipe Schulklassen eingeladen hat, um ihnen den Sport schmackhaft zu machen. Die Kids sind am Ende glücklich, vor 10'738 Zuschauern feiert San Antonio am «Cool School Game» einen 4:3-Sieg nach Penaltyschiessen gegen die Oklahoma City Barons.
Rocco Grimaldi erlebt dieses Ende aber nicht mit. «Wir führten mit 3:2 und ich machte mich bereit für das dritte Drittel, in dem wir gleich eine Unterzahl überstehen mussten», schildert Grimaldi gegenüber dem Fernsehsender ABC. «Dann nahm man mich zur Seite und sagte mir, ich würde die Partie nicht zu Ende spielen können.»
Denn während die AHL-Partie im Gang ist, rufen die Verantwortlichen der Florida Panthers an. Aleksander Barkov ist krank, sie benötigen deshalb einen Ersatz für das NHL-Spiel am Abend in Los Angeles.
«Ausgerechnet L.A.!», denkt sich Grimaldi. Denn der Stürmer ist im Grossraum Los Angeles aufgewachsen. Das Gastspiel der Panthers bei den Kings hatte er sich im Kalender angestrichen, da wollte er wenn möglich dabei sein. «Aber ich habe es heute Morgen natürlich nicht mehr erwartet, dass ich spielen werde», sagt er hinterher.
Er sei sich nicht sicher gewesen, ob es reichen würde, gibt Rocco Grimaldi nach dem Doppel-Einsatz zu. «Ich musste in San Antonio pressieren, vom Stadion noch kurz nach Hause fahren, um einige Dinge mitzunehmen. Meine Mutter war zu Besuch, also mussten wir auch ihre Sachen packen.»
Um 17 Uhr in Los Angeles angekommen, wartet als weitere Hürde der viele Verkehr in der Westküsten-Metropole. «An den Stau bin ich mich ziemlich gewöhnt», so Grimaldi, der etwa eine halbe Stunde verspätet beim Stadion eintrifft. Dort gibt es Probleme mit der Security, da sein Name nicht auf der Liste fürs Parkhaus steht. Als es schliesslich geklappt hat und er beim Team ist, stärkt er sich noch kurz – mit einem Hamburger-Brötchen mit Erdnussbutter. «Meine Ernährung an dem Tag war schrecklich.»
Rund drei Stunden hatte er im Flugzeug Zeit, sich auf sein zweites Spiel an diesem Tag einzustellen. In der NHL wird es erst seine fünfte Partie sein, zu einem Skorerpunkt reichte es bislang nicht. Das gelingt Grimaldi, der die USA 2013 mit zwei Toren im Final zum U20-Weltmeistertitel geschossen hat, auch gegen die Los Angeles Kings nicht.
In den 10:36 Minuten, die ihm Floridas Coach Gerard Gallant gewährt, kommt er immerhin zu zwei Schüssen. Und das vor den Augen vieler Verwandter und Freunde, die sich den überraschenden Heimatbesuch im Staples Center nicht entgehen lassen. «Natürlich war ich aufgeregt und ich bin froh, dass einige Leute, die ich gut kenne, dabei sein konnten.»
Das Vormittagsspiel hat er nach der NHL-Partie am Abend schon beinahe vergessen. «Es fühlte sich nicht an, als wäre das noch der gleiche Tag», sagt Grimaldi rückblickend. «Es kam mir eher so vor, als hätte ich schon vor Tagen oder sogar vor Wochen in San Antonio gespielt, das war alles so verrückt.»
Der mit 1,68 m eher klein gewachsene Stürmer kann sich nicht gleich in der NHL festsetzen. Zwar gelingt ihm in der gleichen Saison 2014/15 sein erstes NHL-Tor, doch in zwei Saisons kommt er lediglich auf 27 Einsätze bei den Panthers.
Im Sommer 2016 tauscht ihn Florida deshalb mit dem Schweizer Goalie Reto Berra, für Grimaldi geht es bei der Colorado Avalanche weiter. In Denver isst er allerdings ebenfalls hartes Brot, nach weiteren zwei Saisons mit insgesamt bloss 10 Einsätzen scheint die NHL-Karriere auf der Kippe zu sein.
@Avalanche traded (G) Reto Berra to the @FlaPanthers for (F) Rocco Grimaldi. #Thankyou Berra and #Welcome Grimaldi. pic.twitter.com/SeLoQOQ5y9
— Denver_AVS (@denver_avs) June 23, 2016
Doch Rocco Grimaldi kratzt die Kurve: Als 25-Jähriger unterschreibt er als Free Agent bei den Nashville Predators, wo die Laufbahn in der besten Liga der Welt doch noch Fahrt aufnimmt. Als ihm am 25. März 2021 der erste Hattrick in der NHL gelingt, ist das gleichzeitig ein Franchise-Rekord: Denn er benötigt dazu nur 2:34 Minuten. So schnell erzielte vor ihm noch kein Nashville-Spieler einen Hattrick. Kein Wunder: Schliesslich ist er ein Spezialist dafür, wenn etwas schnell gehen muss.