Mit der ersten, echten Bergetappe wird der Kampf ums Gesamtklassement bei der Tour de France heute so richtig lanciert. Am Schluss der 8. Etappe geht es 653 Höhenmeter hinauf nach La Planche des Belles Filles. Vier weitere Bergankünfte folgen im Verlauf der Tour.
Die fünf härtestem Etappen werden nicht nur über den Gesamtsieg bei der diesjährigen Tour entscheiden, sondern liefern auch interessante historische Vergleiche. Dass die Zeiten nicht 100-prozentig adäquat sind, ist angesichts der unterschiedlichen Etappenprofile in den einzelnen Tour-Austragungen selbstredend. Ein Blick auf die Bestzeiten der Anstiege lässt dennoch einige interessante Aussagen zu. Zum Beispiel, dass die Blütezeit des Dopings wohl vorbei ist.
Die erste Bergetappe der diesjährigen Tour hat es gleich in sich. Über 176,3 Kilometer und den Col de Grosse Pierre sowie den Col des Croix geht es auf die Planche des Belles Filles («Planke der schönen Mädchen»). Der 1148 Meter hohe, bewaldete Berg in den Vogesen ist zum sechsten Mal Ziel einer Tour-Etappe.
Erst zum zweiten Mal geht es heuer allerdings auch ganz nach oben bis auf den Gipfel: Die Steigung ist insgesamt 7,0 Kilometer lang und weist eine durchschnittliche Steigung von 8,7 Prozent auf. Richtig happig wird es jedoch erst ganz zum Schluss: Auf den aktuellen Leader Tadej Pogacar und seine Konkurrenten wartet eine 24 Prozent steile Rampe mit Schotterabschnitten.
2019 bewältigte Geraint Thomas den Schlussanstieg auf den Gipfel als Schnellster. 20:02 Minuten brauchte der Brite – eine Zeit, die in diesem Jahr aufgrund der einfacheren Anfahrt ziemlich sicher unterboten wird.
Viermal ging es in der Tour-Geschichte zudem bis zur Skistation. Die Bestzeit hier hält Tadej Pogacar: 2020 legte der Slowene mit einer Gewaltsleistung im Zeitfahren am vorletzten Tag den Grundstein für seinen ersten Tour-Sieg. 16:10 Minuten brauchte er für die 5,9 Kilometer, womit er zwei Sekunden schneller war als Fabio Aru drei Jahre zuvor in einer regulären Etappe. Das Durchschnittstempo war in den Etappen bis zur Skistation jeweils deutlich höher als in derjenigen bis ganz nach oben. Grund dafür dürften vor allem die Schotterabschnitte auf dem Weg zum Gipfel sein.
Einen Tag vor dem französischen Nationalfeiertag geht es Mitte nächster Woche in der 11. Etappe zunächst über den Col du Télégraphe und den Col du Galibier – mit 2642 Metern über Meer das Dach der diesjährigen Tour. Diese legendäre Kombination steht fast jedes Jahr im Tour-Programm, die Bestzeit von 1:25:40 Stunden für die 35 Kilometer mit einer kurzen Abfahrt und einer durchschnittlichen Steigung von 5,5 Prozent stellte der Kolumbianer Juan Mauricio Soler im Jahr 2007 auf.
Der Schlussaufstieg auf den Col du Granon ist einer der härtesten überhaupt. Die 11,3 Kilometer auf die Passhöhe haben eine durchschnittliche Steigung von 9,2 Prozent – Zeit zum Ausruhen gibt es keine. Erst einmal in der Tour-Geschichte wurde der Granon bislang befahren. Die 17. Etappe im Jahr 1986 gewann der Spanier Eduardo Chozas nach langer Flucht solo.
Den Kletterrekord von 41:15 Minuten hält der Schweizer Urs Zimmermann gemeinsam mit dem zweifachen Tour-Sieg Greg LeMond. Sie kamen vor 36 Jahren zusammen und mit einem Rückstand von 6:26 Minuten auf Chozas ins Ziel. Die Bestmarke der beiden dürfte in diesem Jahr deutlich unterboten werden.
Die Königsetappe führt am französischen Nationalfeiertag von Briançon hinauf zur Alpe d'Huez. Das Teilstück ist 165,5 km lang und beinhaltet über 4500 Höhenmeter. Noch einmal geht es über den Galibier – dieses Mal von der anderen Seite – und schliesslich über den ebenfalls oft befahrenen Col de la Croix de Fer weiter zur legendärsten aller Bergankünfte.
Der 13,8 km lange Schlussanstieg beinhaltet 21 Kehren, zu bewältigen ist ein Höhenunterschied von 1124 Metern mit einer durchschnittlichen Steigung von 8,1 Prozent. Zum 31. Mal geht es die legendäre Rampe hoch, deren schnellste Bezwinger einen Platz in den Tour-Geschichtsbüchern auf sicher haben.
Bei der letzten Austragung 2018 gewann Geraint Thomas. An die Bestzeiten aus den Blütezeiten von Epo (1994 bis 1997) und Blut-Doping (2004 bis 2006) kam der Brite aber bei Weitem nicht heran. Mit 41:16 Minuten verlor Thomas fast viereinhalb Minuten auf die Rekordzeit von Marco Pantani aus dem Jahr 1995. In den Top 25 findet man mit Nairo Quintana nur einen Athleten aus den letzten fünf Befahrungen (2008, 2011, 2013, 2015 und 2018).
Die erste Bergankunft in den Pyrenäen führt zunächst über den oft befahrenen Col d'Aspin, die Hourquette d'Ancizan und den Col de Val Louron-Azet, bevor es zum vierten Mal in der Tour-Geschichte nach Peyragudes hinauf geht.
Zweimal war der Wintersportort schon Etappenziel (2012 und 2017), einmal wurde die nur passiert (2018). Während das Ziel 2012 bei der Skistation von Peyragudes (1605 Meter) lag, geht es in diesem Jahr wie 2017 auf die Start- und Landebahn des Altiport von Peyragudes auf 1580 Meter über Meer. Vor allem der Schlussabschnitt mit einer Steigung von bis zu 16 Prozent wird extrem happig.
Bestzeiten lassen sich für diesen Anstieg leider keine finden, auch weil es mehrere Auffahrten nach Peyragudes gibt. Vor fünf Jahren kam es kurz vor dem Ziel zu einem Bergaufsprint der Favoritengruppe, in dem sich Romain Bardet durchsetzen konnte. Chris Froome verlor damals das Gelbe Trikot an Fabio Aru, bereits zwei Tage später holte er es sich allerdings zurück.
Die letzte Bergetappe der diesjährigen Tour wird die Fahrer noch einmal maximal herausfordern – vor allem die letzten 80 Kilometer werden zur «Hölle». Auf dem Programm stehen der Col d'Aubisque, der Col de Spandelles und der lange Schlussaufstieg nach Hautacam.
Zum sechsten Mal in der Tour-Geschichte geht es hinauf in die Skistation in der Nähe des Wallfahrtsortes Lourdes. Der Anstieg gleicht mit 13,6 Kilometern und einer durchschnittlichen Steigung von 7,8 Prozent der Alpe d'Huez – nur, dass es auf den letzten Kilometern etwas steiler ist.
Letzter Sieger in Hautacam war 2014 der Italiener Vincenzo Nibali. 37:25 Minuten benötigte er bis ins Ziel, womit er deutlich hinter der Bestzeit von Bjarne Riis aus dem Jahr 1996 blieb. Wie an der Alpe d'Huez stammen auch hier die Top-Zeiten allesamt aus der Epo-Hochzeit. In der Blut-Doping-Ära (2004 bis 2006) wurde Hautacam nie angesteuert.
Ferner: