Im Sommer 2020 verbrachte Philipp Kuttin einige schöne Ferientage am Traunsee in Oberösterreich. Es war ein Urlaub, der sein Leben veränderte.
Kuttin legte sich eines Nachts ins Bett und als er erwachte, lag er auf einer Wiese. Ohne Gefühl in den Beinen. Kuttin war vom Balkon seines Zimmers acht Meter in die Tiefe gestürzt. Offenbar war er schlafgewandelt, so wie früher als Kind.
«Ich habe gleich gemerkt, dass ich mich vom Oberkörper abwärts nicht mehr bewegen kann», schildert der ehemalige Leistungssportler in der Zeitung «Heute». Er habe einen massiven Schock gehabt. «Ich habe absolut nichts gespürt.»
Um 1.30 Uhr habe er das letzte Mal auf sein Handy geschaut, erzählt Kuttin weiter. Laut Polizeiangaben sei er eine Stunde später auf der Wiese gelandet. Die Untersuchungen ergaben, dass er beim Sturz wohl mit seinem Kopf an einer Betonkante angestossen habe.
Seither treibt Kuttin die Frage um, wie es zum tragischen Unfall kommen konnte. Eine abschliessende Antwort hat niemand. Er habe an dem Tag einen Sonnenstich abbekommen und es sei Vollmond gewesen, sagte er in der «Kleinen Zeitung». Dort äusserte er auch seine leise Hoffnung, eines Tages wieder gehen zu können. «Natürlich spielt man mit diesem Gedanken, aber es ist von der Durchführbarkeit immens schwierig.» Zu 99 Prozent werde nichts mehr zurückkommen, machten ihm die Ärzte klar.
«Ich habe mir gesagt: Ja, Scheisse, aber ist halt passiert. Das Leben geht weiter», verriet er «The Red Bulletin». Mit den Eltern habe er schon fünf oder sechs Tage nach dem Unfall besprochen, was jetzt zu tun sei: «Wie bauen wir das Haus um? Verkaufen wir das Auto?»
Der frühere Nordisch-Kombinierer, der 2015 am Olympischen Jugendfestival Gold mit dem österreichischen Team gewann, hat sein neues Leben angepackt. Dank viel Training habe er seine Muskulatur immer besser unter Kontrolle, sodass er sich bei manchen Sachen schon viel leichter tue. «Wir sind dran, dass ich beispielsweise beim Einkaufen bald nur mehr eine Hand benötige, um zu höheren Regalen greifen zu können.»
Jeder Fortschritt ist ein Fortschritt, scheint er auch noch so klein. «Für mich sind es gefühlt sehr grosse Fortschritte», betont Kuttin, «vor allem dann, wenn ich merke, dass Fähigkeiten zurückkehren, die vorher nicht da waren.»
Dass er einst ein Leistungssportler war, helfe ihm, ist Kuttin überzeugt. Dadurch habe er gelernt, mit Niederlagen umzugehen, und er habe eine mentale Stärke aufgebaut. Diese ist besonders nützlich an dunkleren Tagen, die es zwischendurch auch gibt. «Die hat doch jeder Mensch», sagt der Kärntner, dessen Vater Heinz einst Skisprung-Weltmeister war.
Dem Sport ist Philipp Kuttin auch nach dem Unfall treu geblieben. In Wien studiert der 25-Jährige Sportingenieurwesen.
Hut ab vor jedem, der nach so einem Schicksalsschlag nicht aufgibt!