Früher war es einfach. Fürs Skispringen benötigt es Schnee und damit es Schnee gibt, muss es kalt sein. Doch die Zeiten und der Sport haben sich verändert. Längst finden auch im Sommer Wettkämpfe statt, gesprungen werden kann auch ohne Schnee. Die Anlaufspur ist meist aus Keramik, gelandet wird auf Kunststoffmatten.
Sandro Pertile, der Skisprung-Chef beim Ski-Weltverband FIS, äusserte deshalb unlängst einige Zukunftsvisionen. Der Italiener sprach in einem Interview von einem Ganzjahressport. «Skispringen ist eine Show. In Dubai oder in Las Vegas anzutreten, wäre definitiv etwas, was das Skispringen dringend braucht», sagte Pertile gegenüber der slowenischen Zeitung Dnevnik. Ihm schwebt eine mobile Schanze vor, mit der Wettkämpfe in Stadtzentren durchgeführt werden könnten.
Natürlich geht es dabei auch um Geld. Laut Pertile ist das Skispringen momentan zu abhängig von europäischen Sponsoren. «Wenn eine neue Popularität erreicht werden soll, muss das Skispringen globaler werden.»
Der 54-Jährige betont, dass es keinen Markt gebe, um Skisprung-Ski zu verkaufen, weshalb der Sport eine andere Stellung besitze als etwa der alpine Skirennsport. «Skispringen ist eher wie ein Konzert oder eine Show. Wir müssen den Leuten Unterhaltung bieten.»
Einer, der seinem obersten Funktionär zur Seite steht, ist Halvor Egner Granerud. Der aktuelle Gesamtweltcup-Sieger findet: «Wir haben im Sommer genauso viel Spass beim Springen wie im Winter.» Zu Pertiles Idee meinte der Norweger: «Das wäre doch cool. Ich bin nicht dagegen.»
Für Granerud wäre der Schritt in die Moderne gleichzeitig einer zurück in die Vergangenheit. «Das Skispringen würde zu seinen Ursprüngen zurückkehren», sagte er zum polnischen Portal Sports in Winter. Der Sport sei schliesslich einst erfunden worden, um den Mut der Menschen auf der Schanze zu zeigen und um das Publikum in Erstaunen zu versetzen. «Das Skispringen hat das Potenzial, ein globaler Sport zu werden», glaubt der 26-jährige Granerud.
Eine pointierte Meinung äusserte während der Saison auch Norwegens Nationaltrainer Alexander Stöckl. Der Österreicher hielt fest: «Entweder wir nennen uns weiter Wintersport und sterben im Winter – weil den gibt es irgendwann nicht mehr. Oder wir nennen uns Extremsport.» Stöckl hatte dabei den Klimawandel im Kopf, durch den es immer weniger Schnee gibt in Mitteleuropa. «Wir haben das Glück, dass wir die Mattenschanzen haben und dass wir keinen Schnee brauchen», sagte er. Stöckl plädierte deshalb schon vor Pertile dafür, neuen Destinationen gegenüber offener zu sein.