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Den russischen Bären waschen, ohne ihn nass zu machen. So lässt sich in einem Satz der mut- und letztlich aussichtslose Kampf des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gegen Doping zusammenfassen. Das IOC wagt es nicht, Russland generell von den Spielen auszuschliessen. Wer will, kann dafür juristische Gründe anführen: Eine Kollektivstrafe (die auch saubere Sportlerinnen und Sportler treffen würde) widerspricht allen rechtlichen Grundsätzen.
Aber primär wagt es das IOC nicht, eine der mächtigsten Sportnationen der Geschichte von den Spielen zu verbannen. Das hat es so seit 1896 nie gegeben und wäre ein Präzedenzfall mit unabsehbaren Folgen. Man ist schon strikte gegen Doping und verurteilt die Machenschaften in Russland regelmässig aufs Schärfste! Potz Donner! Aber dagegen vorgehen? Ui, lieber nicht. Man will den russischen Bären schon waschen. Aber man wagt es nicht, ihn nass zu machen.
Die Massnahmen gegen das offensichtliche Staatsdoping der Russen, die das IOC nun ergriffen hat, zeigen die Ohnmacht der Funktionäre, die Angst, den russischen Bären nass zu machen. Eine Kommission soll die Verstrickungen des russischen Sportministeriums aufklären.
Wie denn das? Niemand kann die Russen in ihrem eigenen Land dazu zwingen, buchstäblich «die Hosen herunterzulassen». Nur höfliche Fragen sind möglich. Eine zweite Kommission unter der Leitung des freundlichen Schweizer IOC-Mitgliedes und Anwaltes Denis Oswald soll die Doping-Betrügereien rund um Sotschi 2014 aufklären.
Wie denn das? Niemand hat die Macht, in Russland unabhängige Ermittlungen durchzuführen. Und ein drittes Gremium – eine Dreiergruppe – entscheidet in Zusammenarbeit mit einem Ausschuss des internationalen Sportgerichtes in Lausanne über die Anträge der Fachverbände auf Ausschluss russischer Sportler für Rio. Weil es das IOC nicht wagt, die Russen auszuschliessen, wird die Verantwortung an die Fachverbände und an das Sportgericht delegiert (wie Pilatus es einst bei der Verurteilung Jesu getan hat). Und schliesslich hat das IOC soeben heftig die Welt-Anti- Doping-Agentur WADA kritisiert. Weil die es nicht geschafft hat, diesen Doping-Sumpf auszutrocknen.
Wir erleben kurz vor Eröffnung der Spiele in einem jämmerlichen Schauspiel das Scheitern der Dopingbekämpfung. Die 1999 gegründete Welt-Anti-Dopingagentur (WADA) sollte eigentlich weltweit in Zusammenarbeit mit den nationalen Institutionen den Kampf gegen Doping koordinieren. Die IOC-Kritik stimmt. Die WADA hat versagt. Aber sie hatte gar nie eine echte Chance.
Die einzelnen Länder ernennen ihre eigenen Kontrolleure selber. Wie soll denn in totalitären Regimes, die staatlich den Sport lenken, eine unabhängige Kontrollinstanz aufgebaut werden? Und ausländische Kontrollen sind unmöglich. Weil ja eine Einreise ohne Visa bekanntermassen nicht möglich ist. Und welcher westliche Kontrolleur findet im Herzen Chinas einen trainierenden Schwimmer, hinter dem Ural einen russischen Hammerwerfer?
Lösungen gibt es keine. Eine Freigabe des Dopings ist undenkbar. Eine Ahndung des Dopings durch staatliche Gerichte (was in einzelnen Ländern der Fall ist) löst das Problem auch nicht – weil es nie eine Rechtsgleichheit (und damit eine sportliche Chancengleichheit) in allen Ländern geben wird. Sind denn Gerichte in Russland oder China unabhängig?
Der olympische Sport muss mit der Geissel Doping leben – und ist am Ende stark genug, um damit leben zu können.