Als Haris Seferovic in der 93. Minute die Schweiz in den kollektiven Freudentaumel schiesst, lächelt sicher auch die Marketingabteilung der Credit Suisse. Die Grossbank ist seit 1993 treuer Sponsor der Schweizer Fussball-Nati. So weit, so gut.
Aber die Credit Suisse sorgt neben ihrer (Wohl-)Tätigkeit im Fussball mit zahlreichen Negativschlagzeilen für Ärgernis. Ob versteckte Gelder in Milliardenhöhe, goldene Bonus-Fallschirme für die Führungsspitze, das 65-Millionen-Salär für Chef Brady Dougan, die 2,5 Milliarden Franken-Strafe der US-Regierung oder die intakte Chance der CS, die Strafe noch von den Steuern abziehen zu können. Die ganzen Querelen haben in der Bevölkerung, gelinde gesagt, viel Unverständnis hervorgerufen.
Deshalb wollen viele Fans ein möglichst «reines» Fussball-Trikot. Man wird ja schliesslich schon beim Klubfussball mit Sponsoren übersät. Während in der Schweiz wenigstens einige Körperstellen noch frei von Sponsoren sind, kennt die österreichische Fussballliga keine Grenzen: Auch Hinterteile werden bei unseren Nachbarn ungeniert mit Werbung vollgepappt.
Die einzige Bastion im Fussball, wo man als Mode-Ästhet noch Freude hatte, war das Nationaltrikot. An das Emblem des Herstellers hat man sich ja schon lange gewöhnt. Der Rest vom Leibchen war aber meist purer Genuss fürs Auge. So konnte man ungehindert ein Shirt kaufen, dass auch der «Modepolizei» genehm war. Doch seit der letzten WM ist auch mit dieser heiligen Tradition gebrochen worden.
Im Laden kann man nämlich heuer nicht das originale Schweizer WM-Trikot kaufen, sondern nur die «CS-Version». Und dies für einen Preis von über 100 Schweizer Franken. Das Logo der Credit Suisse mag für einige potentielle Käufer kein Problem sein, dafür der Fakt, dass es nicht das originale Trikot ist. Bei anderen hingegen sträuben sich die Nackenhaare, wenn sie im Laden ihrem Nachwuchs ein Dress kaufen müssen, bei dem das Logo der Bank draufsteht.
Wenn Sie also nicht die Replica-Variante mit dem «CS-Logo» haben wollen, gibt es verschiedene Lösungsansätze: Entweder kaufen Sie ein anderes Replica-Shirt, bei welchem nur das Schweizer Wappen drauf ist. Oder Sie machen es einfach wie ein ehemaliger Fussballer, der kürzlich das Trikot-Dilemma in einem bekannten Fussballgeschäft elegant löste: Er drängte einfach seinem Sohnemann das Spanien-Trikot auf. Aus patriotischer Sicht sicher nicht die beste Lösung, und (momentan) auch sportlich nicht ganz geglückt ...