Die Saison ist noch jung, doch heute geht es für YB schon um sehr viel: Die Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League ist nach dem 0:0 bei Maccabi Haifa zum Greifen nah.
Wenn der Schweizer Meister den Sprung schafft, tut er das zum dritten Mal nach 2018 und 2021. Den Bernern winkt dann ein Geldsegen. Insgesamt rechnet YB-CEO Wanja Greuel mit Einnahmen von mehr als 30 Millionen.
30 Millionen, mindestens, und das allein aus der Champions League: Für Schweizer Verhältnisse ist das eine gewaltige Summe. Nur drei Super-League-Vereine wiesen für das Geschäftsjahr 2022 Einnahmen jenseits dieser Marke aus, neben Basel und YB der FC St.Gallen, und das nur, wenn man sämtliche Einnahmen berücksichtigt: Sponsoring, Spielerverkäufe, Fernseh- und Eintrittsgelder. Alles eben, was es für einen Fussballklub so an Geldquellen gibt.
Das sind Grössenordnungen, von denen es nicht weit ist zu übergeordneten Themen: zur berühmten «competitive balance», der Ausgeglichenheit des Wettbewerbs. Oder zur Frage: YB in der Champions League – ist das nun gut oder schlecht, Fluch oder Segen für den Schweizer Fussball?
Fluch oder Segen? Für beides gibt es Argumente. Wenn YB in der Champions League spielt, beschert das der ganzen Liga Interesse und Aufmerksamkeit. Alle profitieren ein wenig von der Strahlkraft. Das Ansehen der Super League steigt, Spieler werden eher mal entdeckt. Und das Geld der Berner bleibt zumindest teilweise im Land – siehe Transfers wie jenen von Kastriot Imeri im Jahr 2022, früher Servette, jetzt YB, Ablöse rund drei Millionen Franken – Rekord innerhalb der Schweiz.
Die Millionen, darüber muss man indes nicht diskutieren, sind primär ein Segen für jene, die sie bekommen. Doch sie haben vielerorts den Wettbewerb verzerrt; Serienmeister sind heute an der Tagesordnung. Und je kleiner eine Liga ist, desto heftiger wirken die Kräfte der Champions-League-Gelder. Die Schweizer Super League ist da ein gutes Beispiel.
Wenn YB heute gewinnt, wird es dem Rest noch weiter enteilen. Doch enteilt war einst auch der FC Basel. Er hat seine Vormachtstellung dann rasch verspielt. Fehler sind teuer, auch wenn man viel Geld hat.
Kann man also alles den Kräften des Spiels überlassen? Oder braucht es doch einen Eingriff, eine Art Umverteilung?
Sogar Forscher der Universität St.Gallen, die sonst nicht als Hochburg von Umverteilungs-Verfechtern gilt, machten sich in einem Gastbeitrag in der NZZ für letzteres stark. Dafür, dass die Preisgelder solidarischer verteilt werden müssen, um den sportlichen Wettbewerb am Leben zu erhalten.
Auch das Komitee der Swiss Football League (SFL) – dem strategischen Führungsorgan der Fussballliga – beschäftigt das Thema. In seinem Strategiepapier für 2023 bis 2027 steht nun unter Punkt 5: «Prüfung der Einführung von Solidaritätszahlungen von Klubs, die in der Gruppenphase der Champions League teilnehmen.»
Das SFL-Komitee hat seine Pläne im November vorgestellt. Für die Einführung einer Solidaritätsabgabe braucht es die Zustimmung der Klubs aus der Super League und Challenge League. Allerdings stösst die Idee dort auf wenig Begeisterung. Claudius Schäfer, der CEO der SFL, formuliert es so: Man habe die Massnahme vordiskutiert – und sei auf eine «gewisse Grundskepsis» gestossen.
Schäfer betont, dass die Massnahme nicht vom Tisch sei, man erst im Rahmen einer Klubkonferenz erste Gespräche geführt habe. Und doch kommt das Verdikt der Klubs überraschend, auch für den SFL-CEO. «Die Ausgeglichenheit einer Liga ist das höchste Gut, und wenn ein Klub so viel Geld auf einen Schlag einnimmt, gerät etwas aus dem Lot», sagt Schäfer.
Wanja Greuel wäre als CEO von YB der Hauptbetroffene einer Abgabe. Greuel sitzt auch im SFL-Komitee, ist dort Vizepräsident, und er macht keinen Hehl daraus, dass er sich schon dort gegen die Einführung einer Solidaritätsabgabe ausgesprochen hat. «Unsere Motivation, die Einnahmen zu teilen, ist natürlich nicht riesig», sagt Greuel.
Der YB-CEO führt dafür verschiedene Gründe an. Er weist darauf hin, dass schon die TV- und Marketinggelder hierzulande viel solidarischer verteilt werden als anderswo. Tatsächlich teilen sich die Super-League-Klubs satte 84 Prozent paritätisch. In anderen Ligen ist es meist deutlich weniger. Doch in der Schweiz werden auch nur 20 Millionen Franken an die Super-League-Klubs verteilt; die TV-Gelder spielen für die hiesigen Klubs eine kleinere Rolle als anderswo.
Daneben, sagt Greuel, finanziere YB eben auch einen Kader, der für Europa gebaut sei. Und brauche das Geld daher selbst, um irgendwie mithalten zu können. Dann weist der YB-CEO noch darauf hin, dass die Schweizer Klubs ja schon heute mitprofitieren, wenn sein Klub den Sprung in die Champions League schafft: Der Solidaritätsfonds der Uefa sieht vor, dass dann ein grösserer Betrag ausbezahlt wird.
Greuel spricht es an: Auf europäischer Ebene gibt es schon einen Solidaritätsmechanismus. Die Gelder fliessen aus den Uefa-Kassen an jene Klubs, die in keiner europäischen Gruppenphase teilgenommen haben. Als YB 2021 in der Champions League spielte, erhielten die Super-League-Klubs laut der SFL rund je 600’000 Franken.
Dass YB-CEO Greuel keine Abgabe will, ist naheliegend. Doch woher rührt die Skepsis der anderen Klubs? Laut Claudius Schäfer lautet ein Argument, dass ja die Hälfte der Super-League-Klubs die Chance habe, sich für Europa zu qualifizieren. Weiter wurde auf die Solidarität bei der Verteilung der TV-Gelder hingewiesen. Und schliesslich finden die SFL-Klubs, dass die Uefa über ihren Fonds für mehr Solidarität sorgen sollte.
Derzeit fliessen 4 Prozent der Einnahmen aus den europäischen Wettbewerben – zuletzt rund 134,5 Millionen Euro – in den Solidaritätstopf. Dieser Anteil, so die SFL-Klubs, müsse ab dem nächsten Jahr grösser werden, gegen zehn Prozent. So, wie es auch «European Leagues», der Verband der europäischen Ligen, fordert.
SFL-CEO Claudius Schäfer sitzt im vierköpfigen Management Board von «European Leagues». Er sagt, wenn künftig die Uefa für mehr Solidarität sorge, würde das die Dringlichkeit einer Schweizer Regelung vermindern. Dennoch hält er auch eine Abgabe innerhalb der Schweiz weiterhin für eine «sehr gute Idee». Als Vorbild nennt er die holländischen Liga, wo fünf Prozent der Einnahmen von Champions-League-Teilnehmern umverteilt werden.
Zurück in die Schweiz: Fünf Prozent der 30 YB-Millionen, das wären 1,5 Millionen, und diese dann noch zu verteilen an jene neun Klubs, die heuer nicht in einer europäischen Gruppenphase mitspielen. Ein Topfen auf den heissen Stein, mehr nicht.
Natürlich weiss auch Schäfer, dass fünf Prozent nicht die Welt sind. Aber er glaubt, dass sie doch eine Wirkung erzielen. Der SFL-CEO sagt auch noch, dass die Klubs sich solidarisch mit YB gezeigt haben, weil Meisterschaftsspiele, die zwischen zwei Playoff-Spielen liegen, seit dieser Saison ohne Zustimmung des Gegners verschoben werden können. «Das ist ein Teil des Päckchens – ein anderes müsste die Solidaritätsabgabe sein», sagt er. Die soll dann zweckgebunden für nachhaltige Projekte – etwa in Nachwuchsförderung, Infrastruktur oder Digitalisierung – eingesetzt werden, so Schäfer.
Wie es mit der Solidarität weiter geht, steht in den Sternen. Klar ist aber bereits heute: Bald geht es um noch viel mehr Geld. Derzeit nimmt die Uefa 3,5 Milliarden Euro pro Saison ein. Ab 2024 könnten es bis zu fünf Milliarden sein.
Aber man könnte ja auch über einen bestimmten Zweck für eine Solidaritätsabgabe diskutieren.
Bei einem so "kleinen" Betrag dürfte eine solche Abgabe z.B. auch vollumfänglich dem Nachwuchs als Plus zugute kommen.
So könnten Ausbildungsstätten gestärkt, resp. stabilisiert werden, was wiederum allen dienen würde.
Allerdings müsste das natürlich auch kontrollierbar sein.
Aber jetzt verdient euch erst mal weitere Diskussionen. Hopp YB!
Doch kaum hat Mal ein anderer Klub als der ach so tolle FCB etwas mehr Geld wird gleich über Umverteilung gesprochen.
Lächerlich!