Tausende Bauarbeiter streikten am Freitag in Zürich: «Es muss sich endlich etwas ändern»
So einen Streik hat Zürich schon lange nicht mehr gesehen: Bereits am Freitagmorgen versammeln sich Hunderte Bauarbeiter auf dem Kanzleiareal, gegen Ende des Tages sind es über 3000, die ihre Arbeit niedergelegt haben. Viele haben ihre Baustellen seit Sonnenaufgang stillgelegt, um zu demonstrieren.
Der Protest, der seit Wochen durch Städte wie Basel, Bern und Lausanne zieht, erreicht damit in Zürich seinen Höhepunkt. Der Grund: Die Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) über den Landesmantelvertrag (LMV) stocken.
Laut der Gewerkschaft Unia sind die Arbeitnehmenden auf dem Bau am Anschlag: zu lange Tage, kein gesicherter Teuerungsausgleich, unbezahlte Reisezeiten und junge Berufsleute, die nach der Lehre kaum Perspektiven sehen. Wie Unia-Verhandlungsführer Nico Lutz gegenüber watson sagt, brauche es kürzere Arbeitstage, bezahlte Wege vom Betrieb zur Baustelle und eine vergütete Znüni-Pause, die in vielen anderen Branchen längst Standard ist. Diesen Forderungen stimmen auch zahlreiche Bauarbeiter zu, wie sie im watson-Video erzählen.
Demonstrierende buhen andere Bauarbeiter aus
Gemäss Unia hat die Blockade des SBV die Proteste überhaupt erst nötig gemacht. «Wir wollten schon im Frühjahr verhandeln, doch der SBV hat es bis nach den Sommerferien hinausgezögert», sagt Lutz. Statt Verbesserungen habe der Verband Vorschläge präsentiert, die zu längeren Tagen und tieferen Einstiegslöhnen für Lehrabgänger führen würden.
Der Baumeisterverband wiederum schreibt in einer Medienmitteilung, wegen des Streiks in Zürich hätten Verhandlungen verschoben werden müssen. Man wäre bereit gewesen, bereits am Freitag wieder an den Tisch zu sitzen – unter einer Bedingung: keine neuen «gewaltsamen Aktionen» wie in Basel, Bern oder im Aargau. Dort hätten, so der SBV, vermummte Personen Baustellen betreten, Arbeiter bedroht und Anlagen beschädigt. Die Gewerkschaften seien nun in der Pflicht, in Zürich keine Vermummten zuzulassen.
Darauf haben Unia und Syna reagiert: Entlang der Route stehen Funktionäre bei den Baustellen, achten darauf, dass es zu keinen Sachschäden kommt, und stellen sich auch vor Bauarbeiter, die trotz Streik weiterarbeiten und von Demonstrierenden ausgebuht werden.
Ob das reicht, um die Fronten zu entspannen und am Montag einen Durchbruch am Verhandlungstisch zu erzielen, ist offen. Klar ist: Scheitert die Einigung über den Landesmantelvertrag, droht 2026 der erste nationale Branchenstreik seit über einem Jahrzehnt.
