Wirtschaft

Nach Milliardenverlust: Börsenbetreiberin SIX steckt im Schuldenkorsett

Nach Milliardenverlust: Börsenbetreiberin SIX steckt im Schuldenkorsett

Wertberichtigungen auf den Beteiligungen am französischen Bezahldienstleister Worldline und an der spanischen Börse treiben SIX in die Enge. Nun hebt die Ratingagentur den Warnfinger.
17.03.2024, 18:46
Daniel Zulauf / ch media
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Trotz allem: CEO Jos Dijsselhof ist «stolz auf die operative Leistung» der Six.
Trotz allem: CEO Jos Dijsselhof ist «stolz auf die operative Leistung» der Six.Bild: Keystone

Die Börsen- und Finanzmarktinfrastruktur-Betreiberin SIX hat 2023 – nicht überraschend – einen Milliardenverlust eingefahren. Allein die Wertberichtigung auf der 10,5-Prozent-Beteiligung am Zahlungsvermittler Worldline schlug mit 862 Millionen Franken ins Kontor.

Die Aktien des französischen Konzerns Worldline haben in den vergangenen zwölf Monaten über 70 Prozent ihres Wertes eingebüsst, nachdem sie schon vorher viel vom Höchststand vom Sommer 2021 verloren hatten. Auch die «Bolsas y Mercados Españoles» (BME), welche die Schweizer 2020 für 2,7 Milliarden Franken übernommen hatten, musste im Berichtsjahr mit 340 Millionen Franken wertberichtigt werden.

Optisch sieht die Bilanz unverändert gut aus

Die Ratingagentur S&P bezeichnete die Leistung von SIX und deren strategische Umsetzung im Dezember als «gemischt» und senkte den Ausblick für die Bonitätsnote «A» des Konzerns auf negativ. S&P beurteilt nach eigenen Angaben die Kreditwürdigkeit von SIX auf der Grundlage der anhaltend starken Marktposition in der Schweiz und in Spanien, der tiefen Verschuldung und der finanziellen Flexibilität.

Im Zuge der genannten Wertberichtigungen, deren Ursachen nicht zuletzt im schwachen europäischen Konsumklima und in der flauen Börsenkonjunktur zu suchen sind, hat sich die bilanzielle Situation von SIX mindestens optisch nicht verschlechtert. Passivseitig ist das Eigenkapital wegen der Wertberichtigungen zwar abgeschmolzen, aber aktivseitig hat sich der Wert der erwähnten Beteiligung im gleichen Mass vermindert.

So erreicht das Eigenkapital wie im Vorjahr fast zwei Drittel der Bilanzsumme. Und die Nettoverschuldung im Verhältnis zum Cashflow (Ebitda) ist von einem Faktor 1,7 im Vorjahr auf den Faktor 1,5 gefallen und hat sich damit sogar noch etwas besser entwickelt, als S&P erwartet hatte.

Aber der Spielraum zum Schuldenrückbau ist klein geworden

Doch die S&P-Kreditspezialisten sehen einnahmenseitig wenig Potenzial, die Verschuldung weiter substanziell zu senken. Stattdessen verweist S&P auf das Risiko, dass sich die Verschuldungsquote aufgrund einer unerwartet schwachen Ertragsentwicklung wieder verschlechtern und über den für eine Herabstufung der Bonitätsnote kritischen Multiplikator von 1,75 hinaus steigen könnte.

Für SIX und alle anderen Börsenbetreiber, die in der Abwicklung des Wertpapierhandels die Funktion einer zentralen Gegenpartei einnehmen, ist ein hohes Bonitätsrating von erstrangiger Bedeutung. Die Börsenbetreiber stellen als jederzeit unzweifelhaft solvente Mittler sicher, dass Börsengeschäfte zwischen Käufern und Verkäufern bei jeder Witterung reibungslos abgewickelt werden können. Eine Rating-Herabstufung ist deshalb ein schlechtes Signal für einen Börsenbetreiber, weshalb die Warnung von S&P nicht ohne Einfluss auf die nächsten strategischen Entscheidungen von SIX bleiben dürfte.

Zwar könnte SIX die Nettoverschuldung von 650 Millionen Franken per Ende 2023 durch einen vollständigen Verkauf der Worldline-Anteile jederzeit weiter senken. Doch ein Verkauf dieser Titel würde aktuell nur noch rund 290 Millionen Franken einbringen, etwa 270 Millionen Franken weniger als der Wert, den die Beteiligung jetzt noch in der Bilanz aufweist.

Zudem ist Worldline auch ein wichtiger Kunde von SIX. Die Schweizer waren vor fünf Jahren durch den Tausch des eigenen Bezahlkartengeschäftes an die Beteiligung gelangt und die Abwicklung des von SIX eingebrachten Geschäftes sichert dem Zürcher Finanzkonzern immer noch eine wichtige Grundauslastung der eigenen IT-Infrastruktur.

Es drohen Einnahmeausfälle durch die CS-Integration

So gesehen hat SIX auch ein gutes Stück jener grossen finanziellen Flexibilität eingebüsst, die sie bis vor zwei oder drei Jahren noch ausgezeichnet hatte. Und das Unternehmen, das 120 Banken in der Schweiz gehört, welche deren Börseninfrastruktur nutzen, wird auch weiterhin Dividenden zahlen müssen. Heuer ist eine Ausschüttung von rund 100 Millionen Franken geplant. Die Eigentümerbanken dürften die Ausschüttung als eine Art Kompensation für erlittene Verluste sehen. UBS, die seit der Credit-Suisse-Übernahme allein 34 Prozent aller SIX-Anteile hält, musste im vergangenen Jahr eine Wertberichtigung von 508 Millionen Dollar auf ihrer SIX-Beteiligung vornehmen.

Derweil zeigt sich SIX-Chef Jos Dijsselhof unbeirrt «stolz auf die gezeigte operative Leistung», die 2023 in einem höheren Betriebsertrag gipfelte. Doch der Niederländer räumt ein, dass die Integration der Credit Suisse in die UBS dereinst auch zu Umsatzverlusten führen könnte. Umso mehr hofft man bei SIX, dass das für nächste Woche erwartete Börsengang des Dermatologiespezialisten Galderma der Anfang einer grösseren IPO-Welle ist, die den flauen Umsatz an der Börse wieder etwas beleben könnte. (aargauerzeitung.ch)

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MadPad
17.03.2024 19:21registriert Mai 2016
Unglaublich wie man mit einer Firma wie Worldline, die bei jeder Kreditkarte Transaktion ein paar Prozent abzweigt nicht Rekord Gewinne schreibt?! Vor allem seit Corona wo praktisch nur noch mit Karte bezahlt wird. Totale Unfähigkeit.
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ingmarbergman
17.03.2024 20:18registriert August 2017
Oh, noch ein paar überbezahlte Banker, die nicht mit Geld umgehen können..
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Roegerl
17.03.2024 18:51registriert Juni 2022
Wieder einer welcher überall die Finger drin haben muss und nichts im Griff hat - schnell noch sein Vermögen der Frau überschreiben und gut ist…
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