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Trump: «Demokraten zu gefährlich zum Regieren»

President Donald Trump speaks at a rally in Council Bluffs, Iowa, Tuesday, Oct. 9, 2018. (AP Photo/Susan Walsh)
Politik als Spektakel: Trump an einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Iowa.Bild: AP/AP
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Trump: «Die Demokraten sind zu gefährlich, um sie regieren zu lassen»

Der Präsident und die Republikaner setzen im Wahlkampf darauf, die Demokraten als sozialistischen Mob zu diffamieren. Und selbstverständlich bemühen sie dabei auch das Feindbild George Soros.
10.10.2018, 12:1311.10.2018, 07:04
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Donald Trump macht derzeit das, was er am liebsten tut: Er führt Wahlkampf. Gegenwärtig tourt er wie eine Rockband durch die Staaten der USA. Dabei hat er sein Repertoire um einen Song erweitert: Nebst «MAGA» und «lock her up!» bemüht er nun auch einen «wütenden weissen Mob», der die demokratische Partei fest im Griff habe.

«Die Demokraten sind so extrem geworden, dass wir sie nicht mehr an die Regierung lassen dürfen. Sie sind zu gefährlich geworden, sie sind durchgeknallt», brüllte Trump am Dienstag an einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Iowa. Demokraten würden nicht nur die Steuern erhöhen und Immigranten wahllos ins Land lassen, fantasierte Trump weiter. Sie seien «radikal» und «gestört» und würden die USA über Nacht in ein «neues Venezuela» verwandeln.

FILE - In this Sept. 24, 2011, file photo, George Soros speaks during a forum at the IMF/World Bank annual meetings in Washington. The AP reported on May 26, 2017, that a story shared online that clai ...
Feindbild der Rechten: George Soros.Bild: AP/AP

Nebst angeblich extremen Sozialisten bemüht Trump ein altgedientes Feindbild der Rechtskonservativen: den Financier George Soros. Der erfolgreiche Hedge-Fund-Manager verwendet seine Milliarden seit Jahrzehnten für philanthropische Ziele. Als glühender Anhänger und einstiger Schüler des liberalen Philosophen Karl Popper setzt Soros sich dabei für eine offene und tolerante Gesellschaft ein.

Das macht Soros zwangsläufig zum Feindbild von engstirnigen Nationalisten wie dem ungarischen Premierminister Viktor Orban oder seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu. Er macht auch keinen Hehl aus seiner Unterstützung für die Demokraten, deren Wahlkämpfe er immer wieder mit namhaften Beträgen unterstützt hat. Soros sei der Drahtzieher hinter den Protesten gegen die Ernennung von Brett Kavanaugh, twitterte nun auch Trump und behauptete gar, er hätte die Demonstranten bezahlt.

Senate Judiciary Committee Chairman Sen. Chuck Grassley, R-Iowa, speaks about the FBI investigation of Supreme Court nominee Brett Kavanaugh, Thursday, Oct. 4, 2018, on Capitol Hill in Washington. (AP ...
Verbreitet Unsinn wider besseres Wissen: Senator Chuck Grassley.Bild: AP/AP

Dieser Unsinn wird nun auch von einst honorigen Senatoren der Grand Old Party (GOP) nachgeplappert. Charles Grassley, Vorsitzender des Justizausschusses will ebenfalls die Hand von Soros hinter den mehrheitlich friedlichen Protesten gesehen haben. Senator Orrin Hatch spricht gar von einem «bezahlten Mob, der die Senatoren davon abhalten will, ihre Arbeit zu verrichten». Das «Wall Street Journal» veröffentlicht derweil einen Kommentar unter dem Titel «George Soros’s March on Washington».

Seit Jahren ist Soros das Ziel von absurden Verschwörungstheorien. TV-Moderator Glenn Beck stellte ihn einst auf Fox News als Kopf einer geheimen Weltregierung dar. Seine Nachfolger Sean Hannity, Tucker Carlson, Laura Ingraham und Jeanine Pirro stehen ihm mittlerweile nicht nach. Seit dem Kavanaugh-Drama ist Soros Bestandteil der paranoiden Politik von Fox News und der GOP geworden.

Radio and television personality Glenn Beck speaks to a gathering at FreePAC Kentucky, Saturday, April 5, 2014, at the Kentucky International Convention Center in Louisville, Ky. (AP Photo/Timothy D.  ...
Sieht in Soros den Kopf einer Weltverschwörung: Glenn Beck.Bild: AP/FR43398 AP

Für Paul Krugman ist das kein Zufall. «Trump hat offensichtlich die gleichen Instinkte wie ausländische Diktatoren», schreibt er in der «New York Times». Und: «Die GOP ist ein autoritäres Regime in Wartestellung.»

Trump und die GOP wollen die Kavanaugh-Wahl und den «linken Mob» zur Erfolgsformel in den kommenden Wahlen machen. Ob sie dabei Erfolg haben werden, ist fraglich. Jüngste Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Amerikaner Kavanaugh nach wie vor ablehnt. Bei den Frauen ist die Ablehnung massiv.

FILE - This May 8, 2018 file photo shows Taylor Swift performing during her "Reputation Stadium Tour" opener in Glendale, Ariz. Eric Swarbrick, 26, of Austin, Texas, has been arrested on fed ...
Unterstützt die Demokraten: Sängerin Taylor Swift.Bild: Rick Scuteri/Invision/AP/Invision

Zudem scheint vor allem die Basis der Demokraten diesmal entschlossen zu sein, an die Urnen zu gehen. Das gilt selbst für die wahlfaulen Jungwähler. Als beispielsweise im Bundesstaat Tennessee die äusserst populäre Popsängerin Taylor Swift auf Instagram ihre Unterstützung für den demokratischen Kandidaten für den Senatssitz bekannt gab, explodierten die Registrierungen für die Wahlen.

Derweil meldet die «New York Times», dass in Texas die Frauen der meist stramm republikanisch wählenden Evangelikalen ihre Sympathien für den demokratischen Kandidaten Beto O’Rourke entdeckt hätten. Am 6. November sind daher Überraschungen möglich – in alle Richtungen.

Eine Woche voller «loco» Trump-Momente

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86 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ritiker K.
10.10.2018 12:21registriert Mai 2018
Es ist schon noch spannend zu sehen. Dineg, welche für uns Schweizer völlig selbstverständlich sind: Mindestlöhne, Krankenversicherung für alle, kostenlose Schulbildung - wer so was in den USA fordert wird als extremistischer Sozialist beschimpft.
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chnobli1896
10.10.2018 12:28registriert April 2017
[...] «Die Demokraten sind so extrem geworden, dass wir sie nicht mehr an die Regierung lassen dürfen. Sie sind zu gefährlich geworden, sie sind durchgeknallt» [...]

Manchmal frage ich mich ob er nur ein Spiel spielt und schaut wie lange ihm der Mob zujubelt oder ob er das Ganze wirklich ernst meint.
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Rolf Mueller
10.10.2018 12:25registriert November 2015
«Die Demokraten sind zu gefährlich, um sie regieren zu lassen» Sagt ausgerechnet Trump.
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