Eine der zentralen Sätze des 448-seitigen Mueller-Reports lautet wie folgt:
Was heisst das? Zusammengefasst vertritt Mueller folgende Position: Es gibt eine vom Office of Legal Counsel (OLC) verfasste Richtlinie des Justizdepartements, die besagt, dass ein amtierender Präsident nicht angeklagt werden darf. Der Präsident kann sich daher auch nicht verteidigen. Aus Fairnessgründen verzichten wir daher auf eine Anklage.
Das heisst keineswegs, dass der Präsident nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Der Bericht hält nämlich ausdrücklich fest:
Für Laien ausgedrückt heisst dies: Der Sonderermittler kann den Präsidenten wegen der OLC-Richtlinie nicht anklagen. Soll Trump zur Rechenschaft gezogen werden, muss dies durch den Kongress auf politischem Weg erfolgen. Mit anderen Worten: Es braucht ein Impeachment.
Der Mueller-Report liefert reichlich Stoff für ein Impeachment. So stellt er ein für alle Mal klar, dass es russische Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf gegeben hat, und dass das Ziel der Russen war, Hillary Clinton zu schädigen.
Ebenso hält er fest, dass es zahlreiche Kontakte von Mitgliedern des Wahlkampfteams von Trump mit den Russen gab. Das ist moralisch verwerflich, aber nicht juristisch verwertbar. Mueller hat keine Beweise für eine verschwörerische Absprache gefunden. Anders ausgedrückt: Trump und sein Team haben die Russen angefeuert, aber sie haben sie nicht aktiv unterstützt.
Ganz schlecht für Trump sieht es in der Frage der Obstruktion der Justiz aus. Als der damalige Justizminister Jeff Sessions den Präsidenten informierte, dass ein Sonderermittler eingesetzt worden sei, jammerte Trump: «Oh mein Gott, das ist schrecklich. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin am Arsch.»
Im Mueller-Report sind zehn Beispiele aufgeführt, wo Trump versucht hat, die Untersuchung zu behindern oder gar den Sonderermittler zu feuern. Zu seinem eigenen Glück hatte er keinen Erfolg damit. Der Bericht stellt fest:
Die Aussagen des nun veröffentlichten Mueller-Reports stehen im krassen Widerspruch zum Spin, den Justizminister William Barr im Vorfeld verbreitet hat. So hat Barr noch an der Pressekonferenz vor der Veröffentlichung versucht, den Eindruck zu erwecken, Trump habe aus Frustration um sich geschlagen.
Der Report zeigt nun, dass er mehrfach versucht hat, seine Mitarbeiter zum Lügen aufgefordert hat. Der ehemalige Anwalt des Weissen Hauses, Donald McGahn, sprach gar von «crazy shit» (verrücktem Sche…).
Der Mueller-Report entlarvt den Präsidenten, er bringt aber auch die Demokraten in eine Zwickmühle. Eigentlich müssen sie nun ein Impeachment-Verfahren einleiten. Doch politisch wäre dies möglicherweise Selbstmord. Das Abgeordnetenhaus könnte diese Verfahren zwar eröffnen. Für eine Verurteilung des Präsidenten braucht es eine Zweidrittelsmehrheit im Senat. Das ist unter den gegebenen Umständen eine Illusion.
Die Demokraten werden deshalb alle Hebel in Bewegung setzen, um den Mueller-Report anderweitig gegen den Präsidenten zu verwenden. Jerrold Nadler, der Vorsitzende des House Judicionary Committee hat bereits angekündigt, er wolle Mueller im Mai zu einem Hearing im Kongress vorladen.
Adam Schiff und Maxime Waters, Vorsitzende von zwei anderen Komitees, werden derweil intensiv Trumps finanzielle Verwicklungen mit Russen unter die Lupe nehmen. Diesen Aspekt hat der Sondermittler überhaupt nicht untersucht.
Nur einer fordert ein baldiges Impeachment: George Conway, der Gatte von Trumps Beraterin Kellyanne Conway. In einem Kommentar in der «Washington Post» schreibt er: «Der Mueller-Report zeigt glasklar, dass die derzeitige Präsidentschaft von einem Krebs befallen ist. Der Kongress hat die schwerwiegende konstitutionelle Pflicht, diesen Krebs ohne Verzögerung zu entfernen.»
Und im Text steht dann:
"Nur einer fordert ein baldiges Impeachment: George Conway,..."
Ja was nun?
Der Bericht bestätigt, was schon längst bekannt und nichts wird damit geschehen. Der einzige Weg, Trump und seine Administration loszuwerden, wird sein, ihn bei den Wahlen 2020 zu schlagen. Ein Impeachment hingegen wäre sehr kontraproduktiv um dieses Ziel zu erreichen. Die Demokraten sind sich dessen bewusst.