Die vom Bund geplante Halbierung der Wertfreigrenze am Zoll von 300 auf 150 Franken stösst nicht auf einhellige Zustimmung. SP und Konsumentenschutz lehnen sie ab. Dem Detailhandel und der Wirtschaft geht sie hingegen zu wenig weit.
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) schlägt vor, die Wertfreigrenze im Reiseverkehr ab 1. Januar 2025 auf 150 Franken pro Person zu senken. Ein noch tieferer Betrag würde den Aufwand von Verzollung und Kontrollen an den Grenzübergängen unverhältnismässig erhöhen, schrieb das EFD bei der Eröffnung der Vernehmlassung, die am Freitag zu Ende ging. Auch müsste mit mehr Schmuggel gerechnet werden.
Der Verband der Detailhandelsunternehmen Swiss Retail Federation fordert dagegen eine Wertfreigrenze von 50 Franken, denn das heutige System benachteilige den Schweizer Detailhandel. Die Senkung auf 150 Franken löse die Probleme nicht. Der befürchtete administrative Aufwand könne mit der «QuickZoll»-Applikation aufgefangen werden, die die digitale Selbstdeklaration von Waren vor dem Grenzübertritt einfach ermögliche.
Für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist der volkswirtschaftliche und administrative Nutzen der geplanten Anpassung ungenügend. Die Herabsetzung der Freigrenze verfehle die Kernproblematik der Hochpreisinsel Schweiz. Für Economiesuisse müsste die Freigrenze aus «rein steuersystematischer» Sicht bei oder nahe null Franken liegen. Economiesuisse befürchtet auch einen grossen administrativen Aufwand.
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) stimmt der Vorlage zu regt aber an, den Gesamtwert für die Steuerbefreiung auf 50 Franken anzusetzen, genauso wie der Gewerbeverband des Grenzkantons Basel Stadt. Die Organisation der Schweizer Milchproduzenten (Swissmilk) begrüsst die Senkung «ausdrücklich».
Für die SP bestraft eine solche Massnahme lediglich Konsumenten und Konsumentinnen. Es gebe Menschen, die darauf angewiesen seien, dass sie im Ausland Lebensmittel einkaufen könnten, weil sie sich die hohen Preise in der Schweiz nicht leisten könnten. Die Partei befürchtet zudem eine Bürokratisierung.
Die Stiftung für Konsumentenschutz ist aus diesen Gründen ebenfalls gegen die Senkung und hat darum eine Petition lanciert. Die geplante Massnahme führe zu Mehrverkehr und einer Bürokratisierung bei der Wareneinfuhr «zulasten des Zollpersonals und der Bevölkerung».
Laut FDP trägt das Vorhaben dazu bei, die heute «staatlich verzerrte Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen» zu stärken. Die Partei betont die Notwendigkeit einer möglichst unbürokratischen Umsetzung zur Selbstverzollung über die App «QuickZoll». Die SVP und die Grünen unterstützen die Vorlage ebenfalls.
Das EFD will mit dem Vorschlag eine Forderung des Parlaments umsetzen. Die von den Räten gutgeheissene Motion verlangt, die Wertfreigrenze an die Ausfuhr-Bagatellgrenze des Herkunftslandes anzupassen. Bei dieser handelt es sich um den Mindesteinkaufsbetrag im Ausland, der pro Verkaufsgeschäft oder pro Rechnung erreicht werden muss, damit die Mehrwertsteuer zurückerstattet wird.
Der Bundesrat hatte die vom Parlament angenommenen Vorstösse zur Ablehnung empfohlen. Die Grenzkantone Kantone Thurgau und St. Gallen wiederum haben wegen der Steuergerechtigkeit Standesinitiativen eingereicht. Sie fordern die Abschaffung der Wertfreigrenze.
Bei der Einfuhr in die Schweiz müssen derzeit Einkäufe versteuert werden, wenn sie einen Gesamtwert von 300 Franken übersteigen. Einkaufstouristen in Deutschland könnten nach wie vor zwischen 50 Euro und 150 Franken mehrwertsteuerfrei einkaufen. Ähnliches gilt für Österreich, und Frankreich. Dort liegt die Bagatellgrenze bei 75 Euro respektive 100 Euro. Italien hat die Bagatellgrenze per 1. Februar von 155 auf 70 Euro reduziert.
Die Vernehmlassung wurde am 30. November 2023 eröffnet. Das EFD plant, dass Verzollungen künftig mehrheitlich digital abgewickelt werden können. Darum soll die Verzollungsapplikation «QuickZoll» angepasst werden. (saw/sda)
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