dmark
Bei den Amis ist alles Show - nur die Kugeln sind echt.
Als Zyniker kann man die Situation in etwa so sehen: Die Faktenlage ist klar. Präsident Trump hat den Präsidenten der Ukraine unter Druck gesetzt und von ihm verlangt, dass er Dreck gegen seinen möglichen Herausforderer Joe Biden beschafft. Es gab dieses viel zitierte Quidproquo, keine Frage.
Aber, und das ist ein sehr fettes Aber: Wen kümmert das? Die Abstimmung von Donnerstag hat gezeigt, dass es keinen einzigen Republikaner gibt, der es wagt, gegen Trump aufzustehen. Ob Johnny Sixpack in Dayton/Ohio oder die reiche Witwe in Palm Beach/Florida, die Mitglieder der Grand Old Party stehen nach wie vor wie eine Wand hinter dem Präsidenten. Sich dagegen aufzulehnen ist politischer Selbstmord.
Im gemeinen Wahlvolk sieht es nicht besser aus. Umfragen zeigen, dass das Impeachment kaum Wirkung zeigt: Eine knappe Mehrheit der Amerikaner wünscht sich zwar, dass Trump aus dem Weissen Haus gejagt wird. Doch in den für die Wahlen entscheidenden Swing States – Arizona, Florida, Michigan, North Carolina, Pennsylvania und Wisconsin – wird das Impeachment mehrheitlich abgelehnt, sofern sich überhaupt jemand dafür interessiert.
Deshalb, liebe Demokraten: Wir verstehen, dass ihr das Impeachment machen müsst. Das ist euer Verfassungsauftrag. Aber macht es kurz. Klagt ihn an. Der Senat wird ihn danach freisprechen – und das Schmierenstück ist vorbei.
Diese Sicht der Dinge – sie wird für sich in Anspruch nehmen, realistisch zu sein – übersieht, dass die Ukraine-Affäre nur die Spitze des Eisbergs ist. Donald Trump ist auf dem besten Weg, die USA in einen Mafiastaat zu verwandeln; und zwar im wörtlichen Sinn.
Seine Helfer in Kiew, die beiden Shreks Lev und Igor, sehen nicht nur aus wie Mafia-Karikaturen, sie sind es auch. Lev Parnas hat eine lange Laufbahn bei betrügerischen Brokerfirmen hinter sich – stellt Euch den Film «Der Wolf der Wall Street» vor –, und die beiden sind höchstwahrscheinlich von Dmitry Firtash bezahlt, einem Putin nahestehenden Mafioso aus der Ukraine.
Michael Cohen, Trumps inzwischen reuiger ehemaliger Anwalt, hat sich offen gerühmt, in Mafia-Kreisen zu verkehren. Bei seinem Hearing vor dem Kongress hat er geschildert, wie Trump mit Mafia-Methoden regiert.
Der ehemalige FBI-Chef James Comey und sein Stellvertreter Andrew McCabe haben beide in ihren Büchern Trump mit einem Mafiaboss verglichen. Beide verfügen über einschlägige Erfahrung. Comey hat die italienische, McCabe die russische Mafia gejagt.
Dass Trump Sex-Affären mit Pornostars und Playboy-Models hat, mag seine Privatsache sein. Dass er sie jedoch mit Schweigegeldern ruhig stellt, macht ihn strafbar. Cohen sitzt deswegen im Knast, Trump selbst ist juristisch gesehen ein «nicht angeklagter Mitverschwörer».
Trump hat einst vor Studenten offen und ernsthaft erklärt, als Präsident dürfe er sich alles erlauben. Seine Anwälte schicken Briefe an Richter, ihn denen sie argumentieren, der Präsident könne nicht nur nicht angeklagt werden, gegen ihn dürfe nicht einmal ermittelt werden.
Trump hat Dutzende von Millionen Dollar Steuergelder in seine eigenen Golfresorts fliessen lassen. Er begrüsst es, wenn Gäste aus arabischen Ländern sechsstellige Beträge in seinen Hotels ausgeben. Auf keinen Fall will er seine Steuererklärung offenlegen.
Eine weit verbreitete These nach Trumps überraschendem Wahlsieg lautete: Die Profis werden es schon richten. Zunächst schien es tatsächlich, dass die «Erwachsenen» im Weissen Haus – Wirtschaftsberater Gary Cohn, Sicherheitsberater McMaster, Verteidigungsminister Jim Mattis und Stabschef John Kelly – dafür sorgen würden, dass die Dinge nicht aus dem Ruder laufen.
Sie sind alle weg. Trumps Regierung besteht heute aus inkompetenten Amateuren, die zudem meist nur provisorisch angestellt sind.
Wichtige Institutionen wie die Geheimdienste oder das Aussen- oder das Landwirtschaftsministerium werden systematisch ausgehöhlt. Gesetze zum Schutz der Umwelt ebenso systematisch wieder aufgehoben.
Alles nur Show, also? Peggy Noonan war einst Kommunikationsberaterin bei Ronald Reagan. Sie ist eine in der Wolle gefärbte, konservative Republikanerin. Heute ist sie Kolumnistin im «Wall Street Journal». Dort schreibt sie:
«Man muss den Anhängern des Präsidenten mitteilen, dass sie sich die Frage stellen müssen: Ist es akzeptabel, dass ein amerikanischer Präsident einen Verbündeten für den persönlichen Profit unter Druck setzt? Falls dies OK ist, ist es auch OK, wenn dies künftig ein demokratischer Präsident tut?»
Ja, man kann das Impeachment als «Kasperlitheater» abtun. Man kann sich über die Demokraten lustig machen und man kann sich im Gefühl suhlen, eine «realistische Sicht der Dinge» zu haben. Nur: Man bezahlt dafür einen sehr hohen Preis.