Im Handelskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt ist es ein bisschen so wie beim Mikado: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Obwohl selbstverständlich mit Superlativen angekündigt, ist der Deal, den der US-Präsident mit dem Vereinigten Königreich abgeschlossen hat, ein Zeichen dafür, dass sich Trump zum ersten Mal bewegt hat. Oder, wie das «Wall Street Journal» kommentiert:
Wobei Deal ein grosses Wort ist. Was der US-Präsident und der britische Premierminister miteinander ausgekungelt haben, ist mehr eine Absichtserklärung, die noch sehr viel Raum für weitere Verhandlungen offen lässt. Vereinbart wurde einzig, dass für die Briten der 25-Prozent-Strafzoll auf Stahl und Autos wegfällt.
Die Amerikaner dürfen ihrerseits Rindfleisch und Ethanol auf die Insel exportieren, hingegen kein Gen-Tech-Food, und schon gar keine Chlorhühner. Die Briten wiederum verpflichten sich, Boeing-Flugzeuge im Wert von zehn Milliarden Dollar zu kaufen. Vom generell für alle Länder verhängten Zoll in der Höhe von 10 Prozent konnten sie sich jedoch nicht freikaufen.
Im Vereinigten Königreich hält sich die Begeisterung angesichts dieses Deals in Grenzen. «Wir befürchten, dass die Landwirtschaft dazu auserkoren wurde, die schwere Last, die das Entfernen der Strafzölle mit sich bringt, allein tragen zu müssen», klagt Tom Bradshaw, der Präsident der UK National Farmers' Union. In der «Financial Times» wird derweil beklagt, der Deal sei «mehr eine Schutzgeld-Zahlung an einen Mafia-Boss als ein Abkommen zwischen zwei souveränen Ländern.»
Auch in den USA sind nicht alle happy. General Motors, Ford und Co. stösst sauer auf, dass Rolls-Royce, Bentley und Jaguar jährlich 100’000 ihrer Luxuskarossen in die USA schippern dürfen.
Dabei wurden nur die tief hängenden Früchte geerntet. Mit dem Vereinigten Königreich weisen die Vereinigten Staaten nämlich einen kleinen Handelsbilanz-Überschuss auf. Trump braucht diesen Deal daher nicht, um das notorische Defizit in der Leistungsbilanz zu verringern, er braucht ihn, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Das zumindest ist ihm vorübergehend gelungen. Die amerikanischen Aktienmärkte haben gestern alle mehr als ein Prozent zugelegt. Ärgerlich für den US-Präsidenten ist einzig, dass ihm der neue Papst Leo XIV. die Show vermasselt hat.
Gemäss den Regeln des Welthandels müsste der Deal zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich auch für alle anderen Länder gelten. Das besagt die sogenannte Meistbegünstigungs-Klausel, die vorschreibt, dass man die Bedingungen, die man mit einem Land ausgehandelt hat, automatisch auch für alle anderen gelten. Trump wird sich nicht daran halten.
Anders als das Vereinigte Königreich weist die Schweiz einen beträchtlichen Überschuss in der Leistungsbilanz mit den USA auf. Der US-Präsident hat mehrfach betont, dass die Überschuss-Länder mit «viel höheren Zöllen als 10 Prozent» rechnen müssen.
Die Tatsache, dass sich am kommenden Wochenende der amerikanische Finanzminister Scott Bessent und He Lifeng, der stellvertretende Premierminister Chinas, zu ersten Verhandlungen in Genf treffen werden, gibt allerdings Anlass zu Hoffnung. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hat gestern den US-Finanzminister getroffen und danach erklärt, es gebe Anzeichen, dass es eine schnelle Lösung mit den Amerikanern geben werde.
China bleibt der Elefant in der Handelskriegs-Stube. Die meisten Experten sind der Meinung, dass sich Trump mit seinen Strafzöllen in der Höhe von 145 Prozent verzockt hat, denn sie kommen de facto einem Handelsembargo gleich. Peking hat sich davon nicht beeindrucken lassen und seinerseits die Zölle für amerikanische Importe auf 125 Prozent geschraubt.
Die gegenseitige Blockade zeigt Wirkung. Bereits werden rund ein Drittel weniger Cargo-Schiffe auf die Reise über den Pazifik geschickt. Es besteht die Gefahr, dass schon in ein paar Wochen die Konsumenten in amerikanischen Supermärkten vor leeren Regalen stehen. Deshalb deutet Trump zumindest an, auch die absurd hohen Zölle gegenüber China bald zu reduzieren. «Wir werden sehen», erklärte er. «Derzeit können sie sicher noch höher werden. Sie sind ja bei 145 Prozent, deshalb wissen wir, dass sie gesenkt werden.»
Nicht nur was China betrifft, hat sich Trump mit seinen Zöllen verzockt. Auch im eigenen Land steigt der Ärger ob seiner Politik. Die jüngsten Umfragen sind für ihn verheerend, in einigen ist die Zustimmung unter 40 Prozent gerutscht. Auch seine Wirtschaftspolitik wird bloss noch von einer Minderheit begrüsst.
Generell bekommt der US-Präsident zu spüren, dass der 100-Tage-Honeymoon definitiv vorbei ist. Weil es sich abzeichnete, dass er Ed Martin, seinen Wunschkandidaten für das Amt des Staatsanwalts in Washington D.C., nicht durch den Senat bringen würde, musste er dessen Nomination zurückziehen. Der Mann war ein aktiver Kapitolstürmer.
Überraschend hat der US-Präsident auch vorgeschlagen, die Steuern für Superreiche zu erhöhen. (Ja, ihr habt richtig gelesen: erhöhen.) Gleichzeitig will er auch in Betracht ziehen, die Steuerschlupflöcher für Hedgefunds zu schliessen. Konservative Anti-Steuer-Gruppierungen sind empört und werfen Trump vor, die Vorschläge von Kamala Harris umsetzen zu wollen.
Mit den Handelsabkommen eröffnet sich Trump die Möglichkeit, einen Ausweg aus dem Handelskrieg zu finden, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. «Aber nur dann, wenn Mr. Trump die Gelegenheit beim Schopf packt», stellt das «Wall Street Journal» fest.
Donald Trump ist ein Looser. Er handelt lauter schlechte Deals aus. China lässt sich von den USA überhaupt nicht beeindrucken. Auch in diesem Fall ist Donald Trump der grösste Looser, den die Welt je gesehen hat.
So treffend formuliert. Wir sind gespannt was unser BR in den Verhandlungen erreichen wird.
Die chinesischen Verhandlungsteilnehmer in Genf werden immer höflich lächeln.