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US-Handelskrieg mit China: TACO-Trump ist zurück

A demonstrator holds an illustration of U.S. President Donald Trump wearing a chicken costume during a protest against the 50% U.S. tariff on Brazilian goods outside the U.S. consulate in Brasilia, Fr ...
Die Abkürzung TACO steht für «Trump always chickens out».Bild: keystone
Analyse

China/USA: TACO-Trump ist zurück

Der Handelskrieg zwischen den beiden Supermächten nimmt wieder Fahrt auf.
13.10.2025, 19:5313.10.2025, 19:54

Derzeit lässt sich Donald Trump in Ägypten feiern. Es sei ihm gegönnt. Vielleicht ist es dem US-Präsidenten ja tatsächlich gelungen, das Tor zu einem Frieden im Nahen Osten aufzustossen. Ganz anders sieht es jedoch im Handelskrieg mit China aus. Dort ist das Fenster für eine dauerhafte, stabile Beziehung der beiden Supermächte im Begriff, sich wieder zu schliessen.

Dabei schien es so gut zu laufen. Aber der Reihe nach:

Am 2. April löste Trump zwar mit der Ankündigung seiner «reziproken Zölle» eine Schockwelle in der Weltwirtschaft aus. Doch schon bald zeigte sich ein Phänomen, das ein Kolumnist der «Financial Times» spöttisch als TACO bezeichnete. Die Abkürzung steht für «Trump always chickens out», was auf Deutsch bedeutet: Trump zieht am Schluss immer den Schwanz ein.

epa12442188 US Secretary of the Treasury Scott Bessent delivers remarks during the Community Bank Conference at the Federal Reserve in Washington, DC, USA, 09 October 2025. The Supreme Court has ruled ...
US-Finanzminister Scott Bessent.Bild: keystone

Vor allem was China betrifft, trifft der TACO-Spott ins Schwarze. Peking reagierte auf die Trump’sche Zoll-Lawine goldrichtig: Im Wissen, dass man einem Pausenhof-Lümmel keine Zugeständnisse machen darf, zahlte es mit gleicher Münze zurück. Das führte zu einem Phänomen, das Tit-for-Tat genannt wird, will heissen, die Zölle zwischen den beiden Supermächten schraubten sich gegenseitig in immer höhere Sphären hinauf.

Lange konnte das nicht gut gehen, denn nach wie vor ist «Chimerica» nicht Geschichte. Darunter versteht man das Phänomen, das die enge wirtschaftliche Verknüpfung der USA mit China beschreibt. (Okay, keine weiteren Phänomene mehr, versprochen.) Eine vollständige Abkoppelung der beiden Volkswirtschaften können beide nicht verkraften. Deshalb trafen sich der amerikanische Finanzminister Scott Bessent und sein chinesisches Gegenüber im Frühsommer in Genf und handelten eine Vereinbarung aus, die zwar alles andere als optimal ist, mit der jedoch beide Seiten leben können.

In den letzten Wochen wurden diese Gespräche in Madrid vertieft. Alles schien so gut zu laufen, dass allgemein davon ausgegangen wurde, dass sich Trump und Xi Jinping am kommenden ASEAN-Gipfel in Südkorea persönlich treffen und eine dauerhafte Lösung unterzeichnen würden.

Seit dem vergangenen Freitag ist alles wieder ganz anders. China kündigte eine Verschärfung seiner Handhabung mit den Seltenen Erden an. Künftig müsse jeder, der Produkte mit Seltener Erde chinesischen Ursprungs verkauft, eine Genehmigung aus Peking haben. Dazu muss man wissen: China besitzt ein Monopol auf diesem Rohstoff. Trotz des Namens ist er zwar keineswegs selten, jedoch verursacht sein Abbau massive ökologische Schäden. Das Know-how der Verarbeitung liegt ebenfalls in chinesischen Händen. Deshalb stammen derzeit rund 90 Prozent aller Seltenen Erden aus China.

FILE - Workers use machinery to dig at a rare earth mine in Ganxian county in central China's Jiangxi province on Dec. 30, 2010. (Chinatopix via AP, File)
China US Explainer
Mine für Seltene Erden in Zentralchina.Bild: keystone

Das ist eine sehr potente Waffe in den Händen Pekings. Um dieses Monopol zu brechen und eine eigene Produktion aufzubauen, würde es Jahre dauern, sofern es politisch überhaupt umsetzbar wäre. Gleichzeitig sind die Seltenen Erden für die moderne Wirtschaft extrem wichtig. Ohne sie läuft heute kein Auto mehr vom Band und funktionieren weder Smartphones noch Laptops.

Mit der Verschärfung des Exports der Seltenen Erden erwischen die Chinesen Trump auf dem falschen Fuss, und der US-Präsident reagierte erwartungsgemäss: mit einem Tobsuchtsanfall. «Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es dazu kommt», wetterte Trump und kündigte – ebenfalls erwartungsgemäss – Gegenmassnahmen an: eine Erhöhung der Zölle auf chinesische Importe um 100 Prozent.

Zudem wollte der US-Präsident zunächst seinen chinesischen Amtskollegen Xi nicht mehr treffen. Danach schwächte er ab: «Ich habe das Treffen noch nicht abgesagt, aber ich weiss nicht, ob es stattfinden wird. Ich werde auf jeden Fall hinreisen, deshalb nehme ich an, dass es stattfinden wird.»

Dabei waren es die Amerikaner, die diesen neuen Tit-for-Tat-Reigen eröffnet hatten. Ganz so nebenbei hatten sie eine neue Regelung eingeführt, wonach auch Tochterfirmen chinesischer Unternehmen stärker kontrolliert werden sollen. Zudem wurden die Gebühren für chinesische Schiffe, die US-Häfen anlaufen, erhöht. Damit trafen die Amerikaner den wunden Punkt der Chinesen: ihren neu erwachten Nationalstolz. Wang Dong, Professor an der Peking University, erklärt daher in der «Financial Times»; «Nach wie vor gibt es auf amerikanischer Seite einen fest verankerten Sinn für Arroganz und Selbstgerechtigkeit.»

FILE - U.S. President Donald Trump, left, shakes hands with Chinese President Xi Jinping during a meeting on the sidelines of the G-20 summit in Osaka, western Japan, June 29, 2019. (AP Photo/Susan Wa ...
Treffen fraglich geworden: Donald Trump und Xi Jinping.Bild: keystone

Aus Sicht Pekings war die Verschärfung der Kontrolle der Seltenen Erde ein Akt der Selbstverteidigung. Sie denken nicht daran, einzulenken. Kämpferisch tönt es aus dem Handelsministerium: «Chinas Position in Sachen Handel ist konsistent. Wir wollen keinen Handelskrieg, aber wir fürchten ihn auch nicht. Sollten die USA auf ihrem falschen Weg beharren, werden wir resolute Massnahmen treffen, um unsere legitimen Interessen zu schützen.»

Zudem wissen die Chinesen auch noch, dass sie einen zweiten Pfeiler im Köcher haben; die amerikanischen Soja-Exporte nach China.

Im vergangenen Jahr haben amerikanische Farmer Soja-Bohnen im Wert von 13 Milliarden Dollar nach China exportiert. Derzeit werden diese Bohnen in den USA geerntet, doch bisher ist noch keine einzige Bestellung dafür aus Peking eingetroffen. Das ist ein harter Schlag für die Farmer, die mehrheitlich Trump gewählt haben. Zudem erzürnt sie es, dass ihr Präsident soeben eingewilligt hat, dem argentinischen Präsidenten Javier Milei mit 20 Milliarden Dollar aus der Patsche zu helfen.

Kentucky Farmer Caleb Ragland stands in one of his soybean fields in Magnolia, Ky., Sept. 12, 2025. (AP Photo/Dylan Lovan)
US China Soybean Farmers
Ein Soja-Farmer in Kentucky Bild: keystone

Trump steckt wieder einmal in einer Zwickmühle. Mit seiner überhasteten Reaktion auf die chinesische Verschärfung der Seltenen-Erden-Regeln mag er bestenfalls die Hardliner im Weissen Haus beglückt haben. Wirtschaftlich gesehen macht es keinen Sinn, deshalb sind am Freitag auch die Aktienmärkte eingebrochen. Trump hält sich, ebenfalls erwartungsgemäss, eine Hintertür offen: Seine Zollerhöhung soll erst am 1. November in Kraft treten. Genügend Zeit für eine erneute Kehrtwendung.

Ein hoher amerikanischer Ex-Beamter erklärt denn auch gegenüber der «Financial Times», TACO-Trump sei zurück und fügt hinzu: «Xi wird Trumps Reaktion genau als das betrachten, was sie auch ist: ein klares Anzeichen für Schwäche, Unfähigkeit zu entscheiden, wenn nicht gar Verzweiflung.»

Tatsächlich hat der US-Präsident bereits einen halben Rückzieher gemacht: «Die «USA wollen China nicht schaden, sie wollen helfen», postete er am Montag auf Truth Social.

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