Wer in Deutschland einen Weihnachtsmarkt betreibt, wird sich dieses Jahr zweimal überlegen, ob er berühmte Weihnachts-Hits von Mariah Carey, Frank Sinatra und Co. abspielen möchte. Grund dafür sind gestiegene GEMA-Gebühren, wie die deutsche Presse verkündet. Ganz so einfach ist es aber eben doch nicht.
Die GEMA ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, die in Deutschland dafür sorgt, dass Künstler Geld bekommen, wenn ihre Musik in der Öffentlichkeit gespielt wird. Von der Lizenz ausgenommen sind Lieder erst, wenn ihr Künstler seit mehr als 70 Jahren verstorben ist. Ob die Tracks mehr oder weniger bekannt sind, spielt für die Höhe der Gebühr keine Rolle.
Die Höhe der GEMA-Gebühren hängt von der Fläche des Events ab, auf welchem Musik gespielt wird. Vor der Corona-Pandemie verliess man sich dabei auf die Angaben der Veranstalter – seither überprüft die Gesellschaft die Grösse der Fläche selbst, beispielsweise mithilfe von Google Maps. Wie die GEMA auf Anfrage bekannt gibt, habe man dabei «deutliche Diskrepanzen festgestellt», was in manchen Fällen dazu führe, dass die Lizenzkosten höher ausfielen. Die Folge davon: Einige deutsche Weihnachtsmärkte verzichten dieses Jahr auf das Abspielen lizenzierter Musik.
Mit neuen Tarifen hat das entgegen der deutschen Medienberichterstattung jedoch nichts zu tun. Die GEMA ergänzt, dass sich auch die Bemessungsgrundlage des Tarifs seit 2011 nicht verändert habe: «Die GEMA muss für die Musiknutzung auf Stadtfesten, und somit auch auf Weihnachtsmärkten, die gesamte Veranstaltungsfläche heranziehen – also Wand zu Wand – und nicht die beschallte Fläche vor der Bühne.»
Insgesamt habe die GEMA für das Jahr 2022 3350 Rechnungen an die Veranstalter von Weihnachtsmärkten versendet. In 75 Prozent der Fälle sei es zu keiner Erhöhung der Gebühren gekommen, beim Rest habe sich eine Erhöhung im einstelligen Prozentbereich ergeben. In lediglich 35 Fällen sei es zu «signifikanten Abweichungen» gekommen, meint die GEMA.
Auch in der Schweiz müssen Weihnachtsmärkte bezahlen, wenn sie bekannte Weihnachtslieder spielen möchten. Hierzulande vertritt die SUISA als Genossenschaft die Urheberrechte von Musikschaffenden. Genau wie in Deutschland spielt es auch hier keine Rolle, wie bekannt die im Hintergrund abgespielten Lieder sind. «Entsprechend erhalten die Urheber und Verlage von ‹Last Christmas› pro Sekunde, in welcher der Song gespielt wird, gleich viel Geld wie die Urheber und Verleger des Gotthard-Songs ‹Merry X-Mas›», heisst es auf Anfrage.
Und auch hier kommt es bei der Berechnung des Preises darauf an, wie gross die Fläche des jeweiligen Weihnachtsmarktes ist: «Bei einer Fläche von bis zu 1000 Quadratmeter bezahlen die Organisatoren eines Weihnachtsmarktes pro Kalendermonat eine Basisvergütung von 19.20 Franken. Beträgt die Fläche zwischen 1000 und 3000 Quadratmeter, dann kostet es 75.86 Franken.»
Der grösste Unterschied ist, dass in den Tarifen der GEMA auch Live-Auftritte abgedeckt sind, während es dafür in der Schweiz eine separate Abrechnung gibt. Deswegen und natürlich auch weil die deutschen Weihnachtsmärkte grösser sind, fallen die Kosten für die Weihnachtsmarkt-Beschallung in der Schweiz tiefer aus.
Die SUISA kontrolliert die Angaben der Veranstalter im Gegensatz zur GEMA nicht: «Wir vertrauen hier auf die Angaben der Veranstalterinnen. Sollte ein Markt allerdings eine unrealistische Grössenangabe machen, würden wir dies kontrollieren.» (anb)