Die Luftfahrtbranche steht vor einer ungewissen Zukunft. Nach der Ausweitung der Corona-Krise haben die USA einen Einreisestopp für Europa-Passagiere verhängt. Andreas Wittmer, Leiter des Center for Aviation Competence an der Universität St. Gallen, sagt im Interview, weshalb vor allem die US-Flüge für europäische Airlines wichtig sind, weshalb er mit Groundings rechnet und welche Fragen sich der Bund für die Zukunft der Swiss stellen muss.
Wie stark trifft der US-Einreisestopp für Europa die Luftfahrtindustrie?
Andreas Wittmer: Die Branche war vorher schon enorm unter Druck mit den Flugabsagen nach Asien und innerhalb Europas. Der Entscheid aus den USA ist ein zusätzlicher, brutaler Schlag. Denn auf den Transatlantik-Flügen sind die Erträge überdurchschnittlich gut, dort können die Airlines noch Geld verdienen.
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Was bedeutet dies für eine Airline wie die Swiss?
Auch für sie wird es enorm schwierig. Sie bedient zahlreiche US-Destinationen wie San Francisco, Los Angeles, Chicago oder New York, zum Teil mehrmals täglich. Sie hat grosse Flugzeuge, die nun unbenutzt am Boden stehen. Diese Flugzeuge kosten zusammen Milliarden von Franken, und sie sollten Kapital erwirtschaften. Doch nun verursachen sie bloss Kosten.
Wie lange kann eine Airline eine solche Krise überbrücken?
Das ist ganz unterschiedlich. Die Swiss hat in den vergangenen Jahren sehr gut gewirtschaftet, da sollte einiges an Reserven vorhanden sein. Auch die Lufthansa ist ein solider Konzern. Andere Airlines stehen auf deutlich wackligeren Beinen. Viele von ihnen dürften diese Krise nicht überleben.
Und die Swiss?
Schwierig zu beurteilen. Dauert die Krise drei bis sechs Monate an, dann sollte sie dies überbrücken können. Dann geht 2020 einfach als miserables Geschäftsjahr in die Geschichtsbücher.
Und wenn es länger dauert?
Dann wird es für jede Fluggesellschaft eng, vor allem wenn auch das Sommergeschäft flöten geht.
Was, wenn plötzlich die Lufthansa in Schieflage gerät: Wäre es möglich, dass sie versuchen würde, die Swiss zu verkaufen?
Das ist zurzeit reine Spekulation …
… und dennoch sprechen wir heute über ein solches Szenario, was vor wenigen Tagen noch völlig haarsträubend gewesen wäre.
Wichtig ist deshalb, dass auch der Bund sich mit Worst-Case-Szenarien wie diesem beschäftigt. Er muss sich unangenehme Fragen stellen. Der Bund muss sich grundsätzlich über das Aufrechterhalten der internationalen Mobilität Gedanken machen. Die Luftfahrt ist nun mal Teil des öffentlichen Verkehrs eines Landes und sie ist relevant für die Wirtschaft. Die Schweizer Wirtschaft braucht eine gute, globale Anbindung.
Konkret: Müsste der Bund die Swiss retten?
Auch das ist derzeit reine Spekulation, da will ich mich nicht äussern. Aber sollte die Corona-Krise wider meines Erwartens länger anhalten, würden alle Staaten wohl ihren nationalen Airlines, die für die Wirtschaft relevant sind, unter die Arme greifen.
Ist es in einer solchen Situation ein Vorteil, dass die Swiss Teil des Lufthansa-Konzerns ist? Oder droht sie im Konzern unter die Räder zu geraten?
Dass die Swiss zur Lufthansa gehört ist insgesamt ein Vorteil. Ohne sie, wäre die Swiss nie so gross geworden, wie sie es heute ist, und sie hätte nie derart grosse Gewinne geschrieben.
Sobald es nicht mehr läuft schreit man nach Wirtschaftsozialusmus.