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Schweiz

Mieterverband kämpft gegen «riesige Renditen» der Immo-Konzerne

Mieterverband kämpft gegen «riesige Renditen» der Immo-Konzerne und «explodierende» Mieten

20.02.2023, 09:3020.02.2023, 10:47
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Mieterinnen und Mieter haben noch keinen Anspruch auf eine Mietzinssenkung: Der hypothekarische Referenzzinssatz verbleibt vorerst auf dem Stand von 1,5 Prozent. (Symbolbild)
Gutes Geschäft: Wohnen in der Schweiz.Bild: KEYSTONE

Der Mieterinnen- und Mieterverband hat genug von «explodierenden» Mieten und kaum vorhandenen bezahlbaren Wohnungen. Er fordert von der Politik Massnahmen gegen die «riesigen Renditen» der Immobilienkonzerne, allem voran eine Mietzinskontrolle.

10,4 Milliarden Franken würden den Mieterinnen und Mietern durch missbräuchliche Mieten im Jahr entzogen, hielt der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) am Montag vor den Medien in Bern fest. 2021 seien das monatlich 370 Franken pro Mieterhaushalt gewesen.

MV-Präsident und Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE) forderte die Politik zum Handeln auf. Nicht nur Menschen mit geringen Löhnen seien unterdessen von der Misere am Wohnungsmarkt betroffen, sondern auch der Mittelstand.

Gegen steigende Mieten müssten die Betroffenen derzeit individuell vorgehen. Da sie ihre Wohnung brauchten und damit abhängig seien, würden sie sich oft nicht trauen, ihre Rechte einzufordern. Hier brauche es einen institutionellen, automatischen Kontrollmechanismus der Mietzinsen und der Renditen.

Gemeinnützigen Wohnraum fördern

Mieterinnen und Mieter geben aktuell ein Viertel ihres Einkommens für Wohnen und Energie aus. Damit das nicht für noch mehr Menschen untragbar wird, forderte MV-Generalsekretärin Linda Rosenkranz eine Offensive für bezahlbare Wohnungen in Form von gemeinnützigem Wohnraum. Die Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus ist in der Bundesverfassung festgeschrieben.

Zudem brauche es ein Vorkaufsrecht für Gemeinden und Kantone bei Privatliegenschaften, Zonen für den gemeinnützigen Wohnungsbau und die Aufhebung der Lockerungen im Gesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller). Bund, Kantone und Gemeinden müssten ihre Arbeit zugunsten einer nationalen Wohnungsstrategie und der Kontrolle des Bodens im Interesse der Bevölkerung koordinieren.

Weg vom Verkehrswert

Sanierungen dürften nicht mehr zu Leerkündigungen führen, fordert der MV. Für die Pensionskassen als bedeutende Immobilienbesitzer verlangt der MV eine Änderung bei der Rechnungslegung. Statt zum Verkehrswert sollten Liegenschaften zum Anlagewert verbucht werden. Die ständige Erhöhung des Buchwerts nämlich führe zu einer ständigen Erhöhung der Mietzinsen, um das Ertragsniveau zu halten.

MV-Vizepräsident und Nationalrat Michael Töngi (Grüne/LU) warnte vor dem baldigen Anstieg des für die Mietzinsen ausschlaggebenden Referenzzinssatzes. Die Mieterinnen und Mieter hätten bereits mit den gestiegenen Energiekosten zu kämpfen.

Mit dem steigenden Referenzzinssatz werde die Last noch grösser. Gerade neu in eine Wohnung eingezogene Menschen werde die Erhöhung treffen. Bei den Energiekosten brauche es flankierende Massnahmen auch für die Mieterschaft.

Keine Angriffe aufs Mietrecht

Während die Lasten für die Mieterinnen und Mieter immer schwerer würden, starte die «Immobilien-Lobby gleichzeitig diverse Angriffe aufs Mietrecht», kritisierte der MV im weiteren. So soll zuerst der Kündigungsschutz abgebaut werden und in einem zweiten Schritt sollen die Mieten noch höher werden.

Vor dem Start der Debatte in der Frühlingssession des Nationalrats am 7. März verlangt der Verband den Stopp dieser Angriffe. Das Parlament dürfe nicht auf die verschiedenen Vorstösse zum Abbau des Mietrechts eintreten. Der MV werde alle Instrumente für eine Verbesserung der Mietersituation einsetzen, hielt der MV fest.

(aeg/sda)

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249 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MORGLUM
20.02.2023 09:52registriert Februar 2020
Endlich. Wohnnot ist kein Gespenst, es ist bittere Realität. Egal wo und mit welchem Vudget auch immer. Die Mieter werden seit jahrzenten schon abgezockt.
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Mocking Bert
20.02.2023 10:21registriert Februar 2022
Es besteht wirklich absolut dringend Handlungsbedarf. Es kann nicht sein dass sich der Vermieter nur dann an aktuelle Regelungen - welche eh viel zu lasch sind - halten muss, wenn der Mieter das auf dem Rechtsweg einfordert.
Zu viel Miete verlangen sollte ein Offizialdelikt werden. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, kein Luxus.
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Wolf von Sparta
20.02.2023 10:18registriert Februar 2019
Also meiner Meinung nach, werden Mieter effektiv abgezockt. Für eine ältere Familien-Wohnung liegt der Preis gleich mal schnell bei CHF 2000 pro Monat. Für einen Neubau der selben Grösse ist man da bei CHF 3000. Wer kann das noch zahlen? Mit Familie? Aber auch der Erwerb eines Hauses oder einer Wohnung ist verd**** teuer! Ich meine für eine Wohnung ist man auch schon bei rund CHF 1 Mio. und dann noch mit den Zinsen. Da schuldet man der Bank fast schon sein Leben. Abgesehen davon, dass man ja die Tragbarkeit mit dem Lohn auch nicht gewährleisten muss... also ich weiss ja nicht, wo was hinführt.
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