Stadler Rail verliert Mega-Auftrag in Österreich – wegen «Signatur-Fail»
Bis zu 186 Doppelstock-Züge im Wert von bis 3 Milliarden Euro sollte der Schweizer Zughersteller Stadler Rail nach Österreich liefern. Doch daraus wird wohl nichts. Das österreichische Bundesverwaltungsgericht hat die Auftragsvergabe am 10. September für nichtig erklärt.
Der Grund scheint bizarr: Laut der Tageszeitung «Der Standard» hat Stadler das Angebot mit einer Schweizer Version einer digitalen Signatur unterzeichnet, die von EU und Österreich nicht anerkannt wird.
Auf Anfrage von watson bestätigen die ÖBB den Fehler. Bei der Abgabe des Angebotes von Stadler Rail sei «ein Formfehler im Bereich der Signatur» entstanden. ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder erklärt, man prüfe derzeit die nächsten Schritte. «Entweder legen wir Beschwerde gegen das Urteil ein – oder rollen den ganzen Vergabeprozess neu auf.»
In den letzten Jahren hat Stadler Rail weltweit unzählige Ausschreibungen gewonnen. Der börsenkotierte Ostschweizer Zugbauer liefert Züge weltweit – etwa in die USA, Russland oder Indonesien.
Für Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler ist die Geschichte so oder so ein Debakel. Gegen den Vergabeentscheid an Stadler hatte einst Konkurrent Alstom Einspruch erhoben – wie dies bei vielen Ausschreibungen passiert. Den «Signatur-Fail» entdeckt hatte aber angeblich der Richter selbst, wie der «Standard» weiter schreibt.
Wo genau der Fehler beim Vertrag entstanden sei, konnte das österreichische Bundesverwaltungsgericht auf watson-Anfrage nicht sagen. Der zuständige Richter sei gerade nicht zu sprechen.
Bund will E-Signaturen anerkennen
Klar ist: Zwischen der Schweiz und Österreich gibt es kein Abkommen zur Anerkennung digitaler Signaturen, wie das Bundesamt für Justiz gegenüber watson erklärt. «Der Bundesrat hat der Verwaltung bereits im Juni den Auftrag erteilt, bis Ende Jahr zu prüfen, wie die gegenseitige Anerkennung der elektronischen Signaturen mit der EU und weiteren Staaten vorangetrieben werden könne», so eine Sprecherin.
«Zertifikate von Anbieterinnen, die in der EU, dem EWR oder in Drittstaaten anerkannt sind, gelten in der Schweiz nicht als qualifiziert oder geregelt und umgekehrt. Um daran etwas zu ändern, müsste die Schweiz mit der EU und Drittstaaten, die über vertrauenswürdige Anbieterinnen verfügen, Staatsverträge schliessen. Ein entsprechender Staatsvertrag mit der EU könnte dabei ohne technische Hindernisse abgeschlossen werden, da das ZertES kompatibel zur entsprechenden eIDAS-Verordnung der EU ist.»
Sprich: Ohne neuen Staatsvertrag sind die E-Unterschriften nicht gültig. Was genau aber Stadler für eine Unterschrift verwendet hat, bleibt ungewiss.
