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Credit Suisse: Rote Zahlen und ein Staatsfonds, der es genau wissen will

Tiefrote Zahlen und ein Staatsfonds, der es genau wissen will: Eine harte Woche für die CS

Der Credit Suisse stehen ungemütliche Tage bevor. Am Mittwoch sie tiefrote Zahlen für das erste Quartal vorlegen. Am Freitag steht dann die Generalversammlung an, die im Zeichen der Debakel der vergangenen Jahre stehen wird.
25.04.2022, 14:17
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Die Serie von Pleiten und Pannen für die zweitgrösste Schweizer Bank hat sich im neuen Jahr fortgesetzt. Spätestens seit der Gewinnwarnung vom vergangenen Mittwoch ist klar, dass die CS mit einem happigen Verlust in das neue Jahr startet.

Auf dem Resultat lasten massive Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten sowie für die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Analysten erwarten in ihren Schätzungen im Schnitt einen Quartalsverlust in der Grössenordnung rund 250 Millionen Franken.

CEO Thomas Gottstein vor dem Gebäude der Credit Suisse am Zücher Paradeplatz
Steht vor einer strengen Woche: CS-CEO Thomas Gottstein.Bild: keystone/watson

Schwaches Geschäftsumfeld

Der grösste Teil der Rechts-Rückstellungen von 700 Millionen Franken im Quartal betrifft laut der CS Rechtsangelegenheiten, die «mehr als ein Jahrzehnt zurückliegen». Gemäss Beobachtern dürfte ein guter Teil im Zusammenhang mit den betrügerischen Aktivitäten eines früheren Genfer CS-Kundenberaters stehen.

Im März war die CS von einem Gericht auf den Bermudas zu einer Zahlung von mehr als 500 Millionen Dollar an den früheren georgischen Regierungschef Bidzina Ivanishvili, der von diesem Berater betrogen worden war, verurteilt worden.

Direkt zu spüren bekommt die CS aber auch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine über «negative Erträge und Rückstellungen für Kreditverluste». Die Beteiligung an der Fonds-Plattform Allfunds, die in vergangenen Quartalen noch für schöne Aufwertungsgewinne gesorgt hatte, zieht das Resultat nun ebenfalls stark nach unten.

Wackelnde Manager-Sessel

Aber auch durch das generell verschlechterte Geschäftsumfeld für die Bankbranche belastet das Quartal schwer. Die CS dürfte wegen ihrer Reorganisation und der Aufgabe von Geschäftsfeldern in der Folge des Archegos-Debakels besonders heftig getroffen werden. Analysten erwarten einen Rückgang der Erträge im Vergleich zum sehr starken Vorjahresquartal um einen Drittel bis um fast die Hälfte.

Nicht auszuschliessen ist es auch, dass weitere Personen aus der Geschäftsleitung den Sessel räumen müssen. Die «NZZ am Sonntag» berichtete, dass die Posten von Chefjurist Romeo Cerutti, Finanzchef David Mathers und dem Chef des Asien-Geschäfts, Helman Sitohang, auf der Kippe stünden.

Die CS gab sich zu den Berichten bedeckt und erklärte, dass sich die Bankführung «regelmässig mit dem Thema Nachfolgeplanung und Ernennungen für gewisse leitende Positionen» beschäftige. Entscheide seien aber nicht gefallen.

GV im Livestream

Die zahlreichen Pannen des «annus horribilis» 2021 werden an der CS-Generalversammlung am Freitag noch einmal zur Sprache kommen. Die Veranstaltung findet ohne Anwesenheit der Aktionärinnen und Aktionäre statt – womöglich nicht nur zum Bedauern der CS-Führung. Aktionäre können die Veranstaltung im Livestream verfolgen. Bis am Dienstag haben sie nun noch Gelegenheit, über vorab eingereichte Fragen ihre Anliegen oder ihre Kritik vorzubringen.

Spannung verspricht an der Aktionärsversammlung vor allem der Antrag zur Entlastung des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung für die beiden Geschäftsjahre 2020 und 2021. Vergangenes Jahr war der Antrag auf Entlastung für das Jahr 2020 unter dem Eindruck des milliardenteuren Archegos-Debakels vom Verwaltungsrat noch zurückgezogen worden.

Decharge 2020

Nun steht der Antrag für die die Déchargen-Erteilung für 2020 somit erneut im Fokus – obwohl die Themen um den Zusammenbruch der «Greensill-Fonds» dabei sogar explizit ausgeklammert werden. Nicht nur die traditionell kritische Aktionärsvereinigung Ethos, sondern auch die einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfehlen, die Entlastung für 2020 zu verweigern.

Die angelsächsischen Stimmrechtsberater verweisen dabei auf die in Untersuchungen festgestellten massiven Probleme im Risiko- und Kontrollbereich. Bei einer Entlastung könnten Verwaltungsrat und Management nicht mehr verantwortlich gemacht werden. Während Ethos auch die Entlastung für 2021 ablehnt, empfehlen ISS und Glass Lewis in diesem Falle die Annahme.

Antrag auf Sonderprüfung

Wenig Chancen hat wohl ein Antrag von Ethos für eine Sonderprüfung im Greensill-Fall sowie zu den medialen Enthüllungen um die sogenannten «Suisse Secrets», auch wenn dieser etwa auch beim norwegischen Staatsfonds auf Unterstützung stösst (siehe Infobox unten). ISS und Glass Lewis lehnen den Antrag dagegen mit Verweis auf den hohen Aufwand wie auch auf hängige Verfahren gegen die Bank ab. Anträte zum Klimaschutz von Ethos und Actares dürften wohl chancenlos bleiben.

Glatt über die Bühne gehen dürfte die Wahl der Verwaltungsratsmitglieder, einschliesslich des neuen VR-Präsidenten Axel Lehmann. Der in die Kritik geratene CS-Vizepräsident und Roche-Chef Severin Schwan tritt nicht mehr an. Auch Kai Nargolwala, langjähriger Vorsitzender des Vergütungsausschusses, und der als Horta-Osório-Vertrauter geltende Juan Colombas hatten auf eine erneute Kandidatur verzichtet. (sda/awp)

CS-Grossaktionär unterstützt Forderung nach Sonderprüfung
Der norwegische Staatsfonds befürwortet eine von Ethos geforderte Sonderprüfung bei der Grossbank. Zudem wird der CS-Grossaktionär und weltgrösste Staatsfonds, der mit einem Anteil von 1,3 Prozent zu den 15 grössten Aktionären der Bank gehört, dem Verwaltungsrat und dem Management an der Generalversammlung vom kommenden Donnerstag für das Jahr 2020 keine Décharge erteilen.

Das geht aus einem Dokument über die Abstimmungsentscheidungen auf der Webseite des Fonds hervor, über das zuvor die «Financial Times» berichtet hatte. «Aktionäre sollten das Recht haben, Änderungen im Vorstand zu fordern, wenn dieser nicht in ihrem besten Interesse handelt», heisst es in dem Dokument. Die beiden einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis hatten zuvor ebenfalls zur Ablehnung der Entlastung des Managements geraten.

Indem der norwegische Staatsfonds auch der von der Ethos-Stiftung geforderten Sonderprüfung zustimmt, geht er aber noch einen Schritt weiter als andere Akteure. Ethos hat eine unabhängige Sonderprüfung gemäss Artikel 697a OR im Fall der Supply Chain Finance Funds – besser bekannt als Fall Greensill – und im Fall der sogenannten Suisse Secrets beantragt. (awp/sda)
Actares verlangt Statuen-Anpassung fürs Klima
Die Aktionärsvereinigung Actares kritisiert die Credit Suisse im Vorfeld der Generalversammlung scharf. Sie fordert von der Grossbank ein sauberes Risikomanagement und eine Anpassung der Statuten zugunsten des Klimas.

Man habe von der CS im direkten Gespräch viele positive Absichten zu hören bekommen, schrieb Actares am Montag in einer Mitteilung. Doch nach Verlusten aus den Fällen Greensill, Archegos oder Lescaudron und einer Gewinnwarnung sei das Vertrauen in die Bank in Bezug auf Risikomanagement und Unternehmenskultur auf einem Tiefpunkt angelangt.

Actares kritisiert zudem die Nomination der chinesischen Wirtschaftsprofessorin Keyu Jin für den Verwaltungsrat. Die Wahl der regimenahen Anwärterin, die menschenrechtsverletzende Internierung von Uiguren rechtfertige, verstosse gegen firmeneigene Werte.

Auch in der Klimafrage mache die CS keine Figur, so die Aktionärsvereinigung weiter. Zwar begrüsse man die neusten Klimaverpflichtungen, angesichts des bisherigen Leistungsausweises der Bank sei aber Skepsis angesagt.

Actares verlangt, dass Bestrebungen im Klimaschutz mit «aller Vehemenz» umzusetzen und extern zu validieren seien. Gemeinsam mit anderen Aktionärsvertretern fordert Actares eine Anpassung der Statuten, um die Klimastrategie und Berichterstattung darin zu verankern. (awp/sda)
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