Nicht nur die Fallzahlen klettern derzeit in ungeahnte Höhen. Die Behörden registrieren auch Ansteckungen an Orten, die zuvor weniger im Fokus des Infektionsgeschehens standen: in Supermärkten, in Restaurants, in Hotels oder am Arbeitsplatz. Dies zeigen Daten des Contact Tracings aus dem Kanton Zürich.
Einzelne Branchen und Firmen reagieren nun und setzen auf FFP2-Masken. Der Verband Swiss Retail Federation rät seinen Mitgliedern in einem internen Schreiben von vergangener Woche, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Kundenkontakt FFP2-Masken zu empfehlen. Dies, «um eine mögliche Zuspitzung zu vermeiden». Die Unternehmen des Verbands, zu dem Lidl, Aldi oder Ikea gehören, hatten kürzlich freiwillige Kapazitätsbeschränkungen erlassen.
Das Schutzkonzept verschärft hat der Pharmariese Roche. In den Bereichen Produktion, Logistik, Forschung und Entwicklung schreibt das Unternehmen FFP2-Masken dort vor, wo der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann.
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Der Bund als Arbeitgeber hat bei der Gruppe Verteidigung im VBS, die 9500 Angestellte umfasst, FFP2-Masken verordnet, wenn Angestellte nicht ins Homeoffice können. Solche Masken gibt auch die Ems-Chemie von Magdalena Martullo-Blocher ans Personal ab.
Während einige Arbeitgeber aus eigenem Antrieb die Schutzkonzepte angepasst haben, gibt es einen weiteren Grund für den Aktionismus: Ende Dezember hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein neues Merkblatt verschickt und FFP2-Masken in gewissen Situationen bei der Arbeit zur Pflicht erklärt.
Offiziell publiziert hat das Seco das Schreiben auf seiner Website noch nicht. CH Media liegt es vor. Demnach müssen Arbeitnehmende in Risikosituationen, in denen keine anderen Massnahmen möglich sind, künftig FFP2-Masken tragen. Dazu gehören Situationen wie Kundenkontakt, Sitzungen, Orte mit schlecht belüfteten Räumen oder Personentransporte.
Für die Unternehmen wird diese Weisung Kosten nach sich ziehen: «FFP2- Masken gelten als persönliche Schutzausrüstung und müssen durch den Arbeitgeber bereitgestellt werden», heisst es im Schreiben. Die Arbeitgeber seien dafür verantwortlich, für das korrekte Tragen der Masken und die Kontrolle zu sorgen, so der Bund.
Luca Cirigliano vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund begrüsst diesen Schritt. Die Investition in sicherere Masken lohne sich: «Fällt jemand aus oder muss in Quarantäne, kostet das den Staat sehr viel mehr Geld als einen Franken für eine FFP2-Maske.» Wichtig sei nun, dass die Arbeitgeber die Weisung rasch umsetzten.
Neben den Kosten für die Masken tut sich für die Firmen eine weitere arbeitsrechtliche Frage auf: Sind Maskenpausen - idealerweise draussen mit Abstand -, die wegen des dichten FFP2-Gewebes zwischendurch nötig sind, bezahlt? Ja, findet Gewerkschafter Cirigliano, denn das ununterbrochene Tragen der Maske könne selbst wiederum ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Bei den Maskenproduzenten ist bereits eine erhöhte Nachfrage zu spüren. Hersteller Flawa in Flawil SG, der drei Maschinen zur Produktion von FFP2-Masken betreibt, vermeldet auf seiner Website «leider leichte Lieferverzögerungen». Man erhalte aufgrund der aktuellen Pandemielage sehr viele Bestellungen.
«In diesem Monat haben wir eine überdurchschnittlich hohe Steigerung der Nachfrage festgestellt, insbesondere von Privatpersonen», heisst es auf Anfrage. Unter den Kunden befänden sich auch viele Firmen, die FFP2-Masken aus Schweizer Produktion für Ihre Mitarbeitenden kauften. Die Produktionskapazität der Flawa liegt bei 85'000 solcher Masken pro Tag. Wer grössere Mengen bestellt, muss sich einige Tage gedulden.
Insgesamt sei die Versorgung mit FFP2-Masken im Moment gut, erklärt der Flawiler Betrieb. Entscheidend sei ein guter Zugang zum Rohmaterial Vlies. Man bezweifle aber, «ob alle auf dem Markt erhältlichen FFP2-Masken den wichtigen Qualitätsstandards entsprechen». In einer Stichprobe stellte die Suva im Dezember fest, dass 22 Prozent der untersuchten FFP2-Masken mangelhaften Schutz boten. Im Vergleich zum Sommer 2020 habe sich die Qualität jedoch verbessert, so die Behörde.
Während das Seco nun FFP2-Masken verordnet, scheint der Widerstand im Bundesamt für Gesundheit zumindest etwas zu weichen. Konnte sich das Amt vor kurzem noch nicht zu einer FFP2-Empfehlung durchringen, heisst es jetzt auf der Website: «Wer sich aber durch das Tragen einer FFP2-Maske sicherer fühlt, sich zusätzlich schützen oder aus anderen Gründen eine solche Maske tragen möchte, kann das jederzeit tun. Dies kann beispielsweise bei einem Treffen mit vulnerablen Personen der Fall sein.» Ansonsten schützten in Alltagssituationen, etwa beim Einkaufen in Geschäften, chirurgische Masken genügend.
Ich hasse inkonsequenz...