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Fitnessstudios verteuern ihre Abos um bis zu 10 Prozent – der Vergleich

Fitnessstudios verteuern ihre Jahresabos um bis zu 10 Prozent – der grosse Tarifvergleich

Das Stählen der Muskeln wird teurer. Zahlreiche Fitness-Ketten erhöhen derzeit ihre Abotarife – gleich aus mehreren Gründen.
18.04.2023, 06:5218.04.2023, 06:54
Benjamin Weinmann / ch media
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Rabatte hier, Rabatte da, Rabatte überall: «Normalerweise würden jetzt viele Fitnessstudios mit Aktionspreisen werben», sagt Claude Ammann, Präsident des Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter Verbands (SFGV). Dieser vertritt rund 420 von insgesamt rund 1100 Anbietern hierzulande, mehrheitlich unabhängige Einzelunternehmen. «Doch vom üblichen Schnäppchenwahn ist derzeit wenig zu spüren.»

Frau im Fitnesscenter
Laut dem Branchenverband SFGV dürften bereits rund 15 Prozent aller Fitnessstudios ihre Abopreise erhöht haben. Und es werden mehr.Bild: Shutterstock

Ammann ist über die ausbleibenden Marketingaktionen wenig überrascht. Die Covidkrise laste noch immer schwer auf den Schultern der Verbandsmitglieder. Viele sind nach wie vor daran, ihre Corona-Kredite zurückzuzahlen, und gleichzeitig liegt der Umsatz noch immer unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Eine Verbandsumfrage hat im November ergeben, dass dieser im Schnitt erst 90 Prozent des Umsatzniveaus von 2019 erreicht hat.

Branchenpionier Kieser schlägt auf

Tatsächlich fehlt es aus Kundensicht nicht nur an Aktionen. Viele bestehende Abonnemente werden sogar teurer. So hat der Branchenpionier Kieser, der für sein Rücken-Krafttraining bekannt ist, den Preis für eine einfache Jahresmitgliedschaft kürzlich von 1090 auf 1200 Franken erhöht – ein Aufschlag von 10 Prozent!

Im Herbst hatte der SFGV seinen Mitgliedern noch eine Tariferhöhung von mindestens 5 Prozent empfohlen, einerseits wegen der Umsatzverluste, aber auch wegen der durch den Krieg in der Ukraine gestiegenen Energiekosten. «Ich gehe davon aus, dass rund 10 bis 15 Prozent dieser Empfehlung gefolgt sind», sagt Ammann.

Mehr als jedes zehnte Studio dürfte also seine Preise bereits erhöht haben. Und dabei bleibt es nicht. «Den Gesprächen mit unseren Mitgliedern entnehme ich, dass weitere folgen», sagt Ammann. Er selbst plane eine Anpassung der Tarife um rund 5 Prozent im Herbst in seinem Fitnesscenter in Zuchwil SO.

12 Prozent der kleinen Studios verschwunden

Denn wie bei den meisten Konkurrenten betrage auch bei ihm das Umsatzvolumen im Vor-Corona-Vergleich erst 80 bis 90 Prozent. «Diesen Verlust müssen wir irgendwie wettmachen, um die Fixkosten zu decken.» Seit Ausbruch der Coronapandemie sind laut Ammann 12 Prozent der Schweizer Fitnessbetriebe, die als KMU gelten, in Konkurs gegangen.

Auch Reto Conrad, Präsident des Branchenverbands Swiss Active, zu dem allen voran die grossen Ketten wie Kieser, Activ Fitness oder Update Fitness gehören, bestätigt ebenfalls, dass manche Anbieter ihre Preise erhöht haben. Eine Übersicht habe man nicht. Aber: «Wir führen dazu aktuell eine Marktstudie durch und werden im Sommer genauere Zahlen präsentieren können.»

Im Gegensatz zum SFGV habe Swiss Active keine Preiserhöhungsempfehlung an seine Mitglieder kommuniziert, sagt Conrad. «Das muss jeder Anbieter selbst entscheiden basierend auf seiner wirtschaftlichen Situation.» Generell verspüre er aber eine grosse Zuversicht in der Branche. «Vor allem in den vergangenen paar Monaten konnten viele unserer Mitglieder neue Aboabschlüsse verbuchen, vor allem auch dank jüngerer Kundschaft. Insofern denke ich, dass Preiserhöhungen beschränkt bleiben.»

Gross-Ketten halten an Preisen fest

Tatsächlich verzichten die grossen bekannten Ketten - mit Ausnahme von Kieser - derzeit auf Preiserhöhungen, wie Anfragen zeigen bei Clever Fit, der zu Coop gehörenden Kette Update Fitness, und den Migros-Töchtern und Fitnesspark.

Wie also erklärt Kieser seinen ausserordentlichen Aufschlag von 10 Prozent beim Einstiegsabo? Schliesslich lag die Teuerung hierzulande nur bei 2.9 Prozent. Unternehmenschef Michael Antonopolous argumentierte kürzlich in einem Interview mit der «Handelszeitung» mit gestiegenen Löhnen, Energiepreisen und anderen Kosten. Und eine Sprecherin ergänzt, dass bei den teuersten Abos die Preise praktisch gleich bleiben würden.

In der Schweiz betreibt Kieser aktuell 21 Studios, im Ausland sind es 150. Im Schnitt seien die Preise um 5 bis 7 Prozent angehoben worden. In Deutschland und Österreich hat Kieser seinen Franchise-Partnern empfohlen, die Preise für das Basis-Abo um 120 Euro beziehungsweise um 60 Euro zu erhöhen.

Dass Kieser einen Teil der Kundschaft mit seinem kräftigen Preisaufschlag vergraulen könnte, auch weil sich das teure Angebot auf Kraftmaschinen beschränkt und beim Grundabo weder Herz-Kreislauf-Trainings noch Spa-Angebote beinhaltet, befürchtet die Firma nicht, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagt. Dies könnte sich allerdings ändern, denn bestehenden Kunden und Kundinnen wurde die Abo-Erneuerung 2023 zuweilen noch zum alten, günstigeren Preis angeboten. Ihr Preisschock folgt also erst noch - und dürfte schmerzhafter als der nächste Muskelkater ausfallen.

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