Wissen
Astronomie

Supernova-Überrest: SNR 0509-67.5 entstand durch eine Doppel-Detonation

This image, taken with ESO’s Very Large Telescope (VLT), shows the supernova remnant SNR 0509-67.5. These are the expanding remains of a star that exploded hundreds of years ago in a double-detonation ...
Der Supernova-Überrest SNR 0509-67.5 ist das Ergebnis einer sogenannten Doppel-Detonation. Bild: European Southern Observatory

Eine doppelte Explosion zerstörte diesen Stern

Die Untersuchung des Supernova-Überrests SNR 0509-67.5 hat erstmals den Beweis erbracht, dass ein Stern sein Ende durch zwei Explosionen gefunden hat.
06.07.2025, 21:0906.07.2025, 21:09
Mehr «Wissen»

Rund 160'000 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet sich eine Sternleiche in der Grossen Magellanschen Wolke, einer Zwerggalaxie in der Nähe der Milchstrasse: der Supernova-Überrest SNR 0509-67.5, Ergebnis einer Supernova, die sich vor rund vierhundert Jahren ereignet hat. Diese Überreste hat ein Team von Astronomen unter der Leitung von Priyam Das, Doktorand an der University of New South Wales Canberra in Australien, mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) genauer untersucht. Die Wissenschaftler fanden dabei Muster, die eine sogenannte Doppel-Detonation bestätigen.

Es handelt sich um zwei aufeinanderfolgende Explosionen in einem Weissen Zwerg. Die in «Nature Astronomy» veröffentlichte Studie hat erstmals den Beweis für eine solche Doppel-Detonation erbracht und stellt damit gängige Theorien über Typ-Ia-Supernovae in Frage.

Weisser Zwerg in einem Doppelsternsystem

Eine Supernova vom Typ Ia ist im Gegensatz zu anderen Supernova-Typen nicht das Ende eines massereichen Sterns, sondern eines Weissen Zwergs. Dies sind die kleinen, inaktiven Kernbereiche, die übrig bleiben, wenn Sterne wie unsere Sonne ihren Kernbrennstoff verbrannt haben. Die Standardtheorie, die eine Supernova vom Typ Ia erklärt, geht von einem engen Doppelsternsystem aus, in dem ein Weisser Zwerg Materie von seinem Begleitstern abzieht. Sobald er die kritische Masse – die sogenannte Chandrasekhar-Grenze von etwa 1,4 Sonnenmassen – erreicht, kommt es zur Supernova.

Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass einige Supernovae dieses Typs sich besser durch eine doppelte Explosion erklären lassen, die erfolgt, bevor der Weisse Zwerg die kritische Masse erreicht. In dieser alternativen Theorie bildet sich eine dünne Hülle aus Helium um den Weissen Zwerg herum, die instabil werden und sich entzünden kann. Diese erste Explosion erzeugt eine Stosswelle, die sich nach innen in den Kohlenstoff-Sauerstoff-Kern des Sterns ausbreitet und eine zweite Detonation im Kern des Sterns auslöst – wodurch schliesslich die Supernova entsteht.

SNR 0509-67.5: Kombination von Aufnahmen von HST und Chandra.
https://de.wikipedia.org/wiki/SNR_0509-67.5#/media/Datei:SNR_B0509-67.5_Chandra_HST.jpg
Betörende Schönheit einer Sternleiche: SNR 0509-67.5 in einer kombinierten Aufnahme von Hubble und Chandra.Bild: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

Kalziumschalen als «Fingerabdruck»

Bisher gab es keinen eindeutigen Beweis für eine solche Doppel-Detonation eines Weissen Zwergs. Astronomen hatten aber angenommen, dass ein solcher Vorgang ein charakteristisches Muster in den noch glühenden Überresten der Supernova hinterlassen sollte – gewissermassen einen Fingerabdruck. Die Überreste sollten demnach zwei separate Kaliumschalen enthalten.

Tatsächlich konnte das Forschungsteam mithilfe des Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) des Very Large Telescope zwei konzentrische Schalen aus Kalzium nachweisen, die durch eine Schwefelschicht getrennt sind – exakt die durch Computersimulationen prognostizierte Konstellation nach einer Doppel-Detonation. Die äussere Kalziumschale geht vermutlich auf die Explosion der Heliumhülle zurück, während die innere aus dem später explodierten Kern stammt. Der Schwefel dazwischen spricht für Verbrennung bei mittleren Temperaturen.

«Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass Weisse Zwerge weit vor Erreichen der berühmten Chandrasekhar-Massengrenze explodieren können», stellt Ivo Seitenzahl, Astrophysiker und Mitautor der Studie, in einer Pressemitteilung der ESO fest. Damit ist erstmals belegt, dass die Doppel-Detonation tatsächlich in der Natur vorkommt.

Supernovae vom Typ Ia als «Standardkerzen»

Dies ist eine wichtige Entdeckung, denn Supernovae vom Typ Ia spielen eine wichtige Rolle in der modernen Astronomie. Sie werden als «Standardkerzen» verwendet: Ihre Leuchtkraft ist so vorhersehbar, dass Astronomen sie zur Messung von Entfernungen im Universum verwenden können. Dank dieser Supernovae entdeckten Wissenschaftler in den 1990er Jahren beispielsweise, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt. Dies führte zu der Hypothese der dunklen Energie.

«Die Explosionen von Weissen Zwergen spielen eine entscheidende Rolle in der Astronomie», bekräftigt auch Studienleiter Das. «Doch trotz ihrer Bedeutung ist das seit langem bestehende Rätsel um den genauen Mechanismus, der eine solche Explosion auslöst, noch immer ungelöst», fügt er hinzu.

Nach wie vor gibt es nämlich offene Fragen: Woher stammt das Helium – von einem Begleitstern oder aus dem Inneren des Weissen Zwergs selbst? Könnten vielleicht sogar beide Sterne in einem System explodieren? Weitere Beobachtungen sind erforderlich, um solche Fragen zu klären. (dhr)

Spektakulärer Lichtblitz erhellte Portugal am Pfingstwochenende

Video: watson/lucas zollinger
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die schönsten Weltraumbilder 2024
1 / 17
Die schönsten Weltraumbilder 2024
Elektrischer DonutDiese neonblau-weiss-goldene Schönheit ist das Resultat der Supernova Cassiopeia A – ein expandierender Ball aus Materie und Energie, den ein explodierter Roter Überriese ausgestossen hat. Das Gebilde, das einen Durchmesser von etwa 10 Lichtjahren hat, umhüllt einen Ort relativer Ruhe im Zentrum des Supernova-Überrests. Durch das Loch in der Mitte erinnert es an einen gigantischen, knisternden, elektrisch blauen Donut. ... Mehr lesen
quelle: nasa/esa//csacxc/sao/stscl
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Baby-Galaxien
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
13
Helferzelle entpuppt sich laut Studie auch als Krebszellen-Killer

Unerwartete Kämpfer gegen Krebs: Ein Genfer Forschungsteam hat entdeckt, dass CD4-T-Lymphozyten – bisher als reine Helferzellen des Immunsystems betrachtet – auch direkt Krebszellen abtöten können.

Zur Story