Der Gasriese Saturn ist vor allem bekannt für seine Ringe. Der zweitgrösste Planet unseres Sonnensystems besitzt aber auch eine stolze Anzahl von Monden: Bisher haben die Astronomen nicht weniger als 146 von ihnen entdeckt. Und einer dieser Monde könnte, ganz im Gegensatz zu seinem Mutterplaneten, geeignet für Leben sein, wie wir es kennen. Es ist der Eismond Enceladus, der sechstgrösste Trabant des Saturn, der 1789 entdeckt wurde.
Enceladus, benannt nach dem Giganten Enkelados aus der griechischen Mythologie, ist mit einem mittleren Durchmesser von rund 504 Kilometern bedeutend kleiner als unser Mond, dessen Durchmesser weit mehr als 3400 Kilometer beträgt. Doch der kleine Saturnmond hat es in sich: Unter seiner vermutlich 30 bis 40 Kilometer mächtigen Eisschicht, die ihn vollständig bedeckt, schwappt ein 10 bis 30 Kilometer tiefer Ozean aus flüssigem Wasser, das Nährstoffe enthält und dessen Salzgehalt etwa dem des Mittelmeers entspricht.
Am Südpol des Mondes könnte die Eisschicht indes lediglich etwa zwei Kilometer dick sein. Dort wurden auch Geysire entdeckt, die aus dem Ozean gespeist werden und dessen Wasser an die Oberfläche befördern. Der Ozean steht in direktem Kontakt mit dem festen Gesteinskern des Mondes, was dazu führt, dass Mineralien aus dem Fels gewaschen werden. Die Raumsonde Cassini, die das von den Geysiren ausgestossene Wasser analysierte, fand denn auch tatsächlich Salze darin, die auf hydrothermale Quellen am Ozeanboden hinweisen.
Cassini überflog den Mond 2005 in 173 Kilometer Höhe und entdeckte dabei erhebliche Mengen an Wasserdampf. Die Wassergeysire, die aus geologischen Verwerfungen am Südpol hervorbrechen, wurden bei späteren Überflügen entdeckt. Damit ist Enceladus der einzige andere bekannte Himmelskörper im Sonnensystem, der flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche besitzt.
Im Ozeanwasser sind gemäss neuen Erkenntnissen neben den Elementen Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Schwefel auch Phosphor, Propan und Ethan enthalten. Zusammen mit der Temperatur des Wassers – in der Nähe der hydrothermalen Quellen bis über 90 Grad Celsius, sonst knapp über dem Gefrierpunkt von Salzwasser – sind damit alle Voraussetzungen für Leben erfüllt.
Es ist also kein Wunder, dass Wissenschaftler stark an Enceladus interessiert sind. In der Tat hat die Europäische Weltraumorganisation (ESA) den Eismond im März unter mehreren möglichen Zielen – so dem ebenfalls eisbedeckten Jupitermond Europa und dem grössten Saturnmond Titan – für eine Forschungsmission ausgewählt. Sollte die ESA am Plan dieser Mission festhalten, könnte eine Robotersonde in den frühen 2040er-Jahren mit einer Ariane 6 gestartet werden. Sie würde für die mehr als eine Milliarde Kilometer weite Reise etwa zehn Jahre benötigen.
Das Projekt wird kein Spaziergang. Abgesehen von der gigantischen Entfernung, die die Sonde zurücklegen muss, benötigt sie auch grosse Treibstoffreserven, um in eine Umlaufbahn um Enceladus zu manövrieren. Das liegt daran, dass Enceladus klein ist und nur eine relativ geringe Masse aufweist – sein schwaches Gravitationsfeld kann daher eine ankommende Sonde nicht so abbremsen, wie das bei einem Planeten oder grossen Mond der Fall wäre.
Wenn sie erfolgreich in den Orbit um Enceladus eingeschwenkt ist, soll die Sonde zu Forschungszwecken durch die Geysire fliegen oder gar auf der Oberfläche des Eismondes landen. Im Idealfall sollen beide Ziele verfolgt werden.
«Die Mission würde einen enormen wissenschaftlichen Nutzen bringen und wäre von grundlegender Bedeutung für den erfolgreichen Nachweis von Biosignaturen auf Eismonden», erklärte Zita Martins, Astrobiologin am Instituto Superior Técnico, die laut dem «Guardian» den Vorsitz des Gremiums innehat, das die Entscheidung fällte. (dhr)