Wissen
Coronavirus

Warum Paxlovid ein Gamechanger ist – aber nicht das Ende der Pandemie

Feiern ohne Maske? Warum Paxlovid ein Gamechanger ist – aber nicht das Ende der Pandemie

Die EU hat grünes Licht für das Corona-Medikament Paxlovid gegeben. Experten sehen einen Lichtblick – doch den Alltag von früher gibt uns das Medikament nicht zurück.
29.01.2022, 10:09
Mehr «Wissen»

Der Schweizer Infektiologe Manuel Battegay sprach schon im Dezember von einem möglichen Gamechanger. Kollege Andreas Widmer wurde noch deutlicher: «Paxlovid stellt einen Durchbruch bei medikamentösen Corona-Therapien dar».

In den USA erhielt das Corona-Medikament bereits vor Wochen die Notfallzulassung. Nun hat auch die EU-Arzneimittelbehörde EMA grünes Licht für die Zulassung von Paxlovid gegeben. In der Schweiz wurde ein Zulassungsgesuch am 18. Januar eingereicht.

Wie viel Hoffnung dürfen wir in den «Gamechanger» stecken? Ist Paxlovid das Wundermittel auf dem Weg aus der Pandemie? Eine Übersicht:

Warum wird das Mittel so gehypet?

Der US-Hersteller spricht von einer «überwältigenden Wirksamkeit». Das Medikament könne das Virus an einer «verwundbaren Stelle» treffen, sagte Daniel Kalanovic, medizinischer Direktor bei Pfizer in Deutschland. «Der Wirkstoff blockiert eines der wichtigsten Enzyme, die das Coronavirus braucht, um sich zu vermehren». Er hoffe, dass damit auch der «Wendepunkt in der Pandemie» erreicht werden könne.

Okay. Aber geht es auch noch ein bisschen konkreter?

Ja, das geht. Die Covid-Pille gilt als sehr effektiv. Gerade bei Menschen mit Vorerkrankungen soll sie das Risiko von sehr schweren Krankheitsverläufen um 89 Prozent senken. Das heisst also, dass die Zahl der Leute, die ins Spital müssen, um 89 Prozent gesenkt werden kann. Damit liegt die Wirksamkeit weit über allen bisherigen Medikamenten.

Und wie funktioniert das Ganze?

Patientinnen und Patienten nehmen nach Angaben des Herstellers während fünf Tage zweimal täglich jeweils drei Tabletten ein. Der im Medikament enthaltene Wirkstoff Nirmatrelvir soll danach das Sars-CoV-2-Protein hemmen und die Vermehrung des Virus stoppen.

FILE - This image provided by Pfizer shows the company's COVID-19 Paxlovid pills. Pfizer's and Merck's COVID-19 pills that were supposed to be an important weapon against the pandemic i ...
Bild: keystone

Welche Nebenwirkungen sind bekannt?

Zu möglichen Nebenwirkungen gehören eine Beeinträchtigung des Geschmackssinns, Durchfall, Bluthochdruck und Muskelschmerzen. Das Mittel könnte auch die Wirkung anderer Medikamente beeinträchtigen, schreibt die EMA. Sie bilanziert jedoch: «Das Sicherheitsprofil von Paxlovid war günstig und Nebenwirkungen im allgemeinen milde».

Wirkt das Medikament auch gegen Omikron?

Auf der Grundlage von Laborstudien wird erwartet, dass es auch gegen Omikron und andere Varianten wirkt.

Na, dann ist ja alles gut und die Pandemie bald unter Kontrolle?

Ausgelassen feiern und trinken ohne Maske – und im Falle einer Infektion, rasch Paxlovid reinhauen – so einfach ist es dann doch nicht. Das Medikament ist vor allem für Hochrisikopatientinnen und -patienten gedacht. Zudem sind sie im Vergleich zu vorbeugenden Impfungen deutlich teurer und in der Anwendung komplizierter.

Paxlovid muss zudem sehr schnell nach einer Infektion eingenommen werden, da sich das Virus gerade am Anfang rasch vermehrt. In der Regel dauert es einige Tage, bis eine Infektion überhaupt bemerkt wird. Wenn man also erst nach Tagen feststellt, dass man an Covid erkrankt ist, könnte es schon zu spät sein.

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte, dass das Mittel sich insbesondere für die Behandlung «ungeimpfter Risikopatienten» eigne. Auch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hatte erklärt, dass das Medikament für die breite Bevölkerung kein Ersatz für eine Impfung sei.

(meg)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das bunte Treiben der Coronasünder
1 / 11
Das bunte Treiben der Coronasünder
Credit-Suisse-Präsident António Horta-Osório hat zweimal gegen die Corona-Quarantäneregeln verstossen – einmal gegen schweizerische, ein zweites Mal gegen britische, weil er den Tennisfinal in Wimbledon live miterleben wollte. Die Folgen: für die Credit Suisse zahlreiche peinliche Schlagzeilen in der globalen Finanzpresse, für Horta-Osório selbst blieb nur noch der Rücktritt.
quelle: keystone / andy rain
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Diese Medikamente braucht ein Covid-Patient auf der Intensivstation
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
34 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Ironiker
29.01.2022 11:00registriert Juli 2018
Viele Leute haben mehr Vertrauen in eine Pille als in eine Spritze, obwohl beide schlussendlich eine Wirkung mit oder ohne Nebenwirkungen erzielen.

Evtl. liegt es daran, dass wir einen grösseren Bezug zu Pillen haben. Fast jede/r schluck ab und zu ein Medi. Aber die wenigsten setzen sich eine Spritze.

Und das Medi wird meistens genommen, wenn Symptome vorhanden sind. Und wenn man spürt, dass was nicht in Ordnung ist, ist man halt eher bereit was zu nehmen.
798
Melden
Zum Kommentar
avatar
Butternut
29.01.2022 10:34registriert Februar 2014
Dann lieber impfen , als dass ich so viel Chemie essen muss . Hoffe komme nie in diese Situation .
7922
Melden
Zum Kommentar
avatar
mrmikech
29.01.2022 10:37registriert Juni 2016
Wäre also nur etwas für hochrisikopatienten die sich nicht impfen lassen können, und sogar dann noch zweifelhaft weil es erst nach erscheinen von symptome eingenommen wird, und dann ist es zu spät 🤔
417
Melden
Zum Kommentar
34
So unterscheidest du Bärlauch vom giftigen Doppelgänger Herbstzeitlose
Bärlauch kann leicht mit der giftigen Herbstzeitlose verwechselt werden – und zu lebensgefährlichen Vergiftungen führen. So kannst du die beiden Pflanzen voneinander unterscheiden.

Die Bärlauch-Saison hat begonnen. Die saftigen, nach Knoblauch riechenden Blätter spriessen noch bis im Mai aus der Erde. Gleichzeitig erscheinen im Frühjahr die dunkelgrünen Blätter der giftigen Herbstzeitlose, die dem Bärlauch ähneln.

Zur Story