Momentan werden alle Krankheitssymptome, die drei Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion noch andauern, als Long Covid bezeichnet. Dabei wird nicht unterschieden, was die Ursache ist.
Bisher bekannt sind mindestens drei Gründe: Erstens Organschäden nach einer schweren Erkrankung. Zweitens dass das Virus versteckt im Körper bis zu neun Monate weiter zu Entzündungen führt. So zeigte eine Studie im Magazin «Med Cell Press» Anfang April, dass 13 Prozent aller Coronapatienten noch vier Monate nach einer Infektion SARS-CoV-2-RNA im Kot ausscheiden – obwohl im Nasen-Rachen-Raum keine Viren mehr nachweisbar sind.
Sogenannte Superantigene des Virus könnten dabei die T-Zellen-Abwehr des Körpers ständig und chaotisch anregen. Sterben zu viele T-Zellen, führen die darin enthaltenen Toxine zu einem Schock, wie er auch beim Entzündungssyndrom Pims bei Kindern vier bis sechs Wochen nach einer Coronainfektion beobachtet wird.
Drittens ist eine Autoimmunreaktion des Körpers als Ursache für Long Covid wahrscheinlich, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Antikörper gegen eigene Zellen produziert und sich dadurch im Blut Mikroklümpchen bilden. Solche Autoantikörper dürften auch die Ursache für die Chronische Fatigue ME/CFS sein.
Das kann bei allen Viren vorkommen, deren Proteine einem körpereigenen neuronalen Antigen zu sehr ähneln. Im Mikroskop gezeigt wurde ausserdem, dass in solchen Fällen der Stoffwechsel in den «Energie-Werken» der Zellen, der Mitochondrien, andauernd gestört wird.
Für die ME/CFS-ähnliche Form von Long Covid gibt es keine bestimmten Laborwerte, welche die Diagnose absichern. Allerdings zeigt ein einfacher Test deutliche Unterschiede: Die Patienten werden gebeten, einhändig ein Kraftmessgerät (Hand Grip Strength HGS) zu drücken, so fest und lange sie können. Der Test wird nach einer Stunde wiederholt. Gesunde Personen schaffen meist dieselbe Leistung erneut, doch ME/CFS-Patienten können sich nicht genug schnell erholen und erzielen beim zweiten Mal deutlich schlechtere Resultate. Dies zeigte auch eine Studie, die vor einem Jahr im Journal of Translational Medecine erschien.
Manche dieser schweren Fälle der Long-Covid-Patienten sind auch von einer Kreislaufstörung betroffen, dem Posturalen Orthostatischen Tachycardia-Syndrom (POTS), bei dem vermutlich Autoantikörper G-Protein-Rezeptoren im Nervensystem angreifen. Diese Patienten haben Schwindel und einen erhöhten Puls, wenn sie sich aufrichten wollen. (aargauerzeitung.ch)