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Holocaust: Immer mehr junge Erwachsene kennen Schoah nicht mehr

ARCHIV - 27.01.2024, Berlin: Eine Rose liegt anl
Eine Rose liegt anlässlich des Internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Holocaust auf einer Stele des Denkmals für die ermordeten Juden Europas.Bild: keystone

Extreme Wissenslücken über Holocaust bei jungen Deutschen

Eine neue Umfrage offenbart gewaltige Wissenslücken über den Holocaust bei jungen Erwachsenen. Besonders schockierend: Viele haben den Begriff noch nie gehört.
23.01.2025, 09:5923.01.2025, 15:32
Ein Artikel von
t-online

Mehr als jeder zehnte junge Erwachsene in Deutschland hat einer Umfrage zufolge noch nie etwas von den Begriffen Holocaust oder Schoah gehört. In Deutschland sagten dies auf eine entsprechende Frage zwölf Prozent der befragten 18- bis 29-Jährigen. In Österreich waren es 14, in Rumänien 15, in Frankreich sogar 46 Prozent der jungen Leute.

Die Umfrage hat die Jewish Claims Conference mit jeweils 1000 Befragten in acht Ländern in Auftrag gegeben. Diese Länder waren Deutschland, Frankreich, Österreich, Grossbritannien, Polen, Ungarn, Rumänien und die USA.

Unwissen über den Holocaust

In all diesen Ländern gibt es laut der Befragung einen erheblichen Anteil von jungen Leuten, die nicht wissen, dass bis zu sechs Millionen Juden während der NS-Zeit getötet wurden. In Deutschland liege der Anteil bei den 18- bis 29-Jährigen bei 40 Prozent. 15 Prozent sagten, die Zahl der Ermordeten liege bei zwei Millionen oder weniger. In den übrigen Ländern war der Anteil noch grösser, am höchsten in Rumänien mit 32 Prozent. In Deutschland bejahten zwei Prozent aller Befragten die falsche Aussage, der Holocaust habe nicht stattgefunden.

In fast allen erfassten Ländern sagte eine grosse Mehrheit, so etwas wie der Holocaust könnte heute wieder passieren. In den USA war der Anteil 76 Prozent, in Grossbritannien 69 Prozent, in Frankreich 63 Prozent, in Österreich 62 und in Deutschland 61 Prozent. Die Umfrage fand bereits im November 2023 statt. Die Daten wurden jetzt erstmals veröffentlicht.

Nachhilfe:

Anstieg antisemitischer Gewalt

Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich alarmiert über die Ergebnisse. «Der besorgniserregende Anstieg antisemitischer verbaler und körperlicher Gewalt, den wir in Deutschland beobachten, hat seine Wurzeln zu einem grossen Teil in der Desinformation und dem Mangel an Informationen über den Holocaust», erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. Die Studie zeige die Dimension, insbesondere mit Blick auf junge Erwachsene. Politik, Bildung und Medien müssten gemeinsam gegensteuern.

Der Begriff Holocaust beschreibt die systematische Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch die deutschen Nationalsozialisten und deren Unterstützer zwischen 1933 und 1945. Nach aktuellem Forschungsstand – beschrieben auf der Webseite der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem – wurden bis zu sechs Millionen Juden getötet, davon etwa eine Million im Vernichtungslager Auschwitz. Dieses wurde vor fast 80 Jahren, am 27. Januar 1945, befreit. (dpa)

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Treffen der Schreibtischmörder: Die Teilnehmer an der Wannsee-Konferenz 1942
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Treffen der Schreibtischmörder: Die Teilnehmer an der Wannsee-Konferenz 1942
Die Villa in Berlin, in der die Wannsee-Konferenz stattfand. Am 20. Januar 1942 trafen sich hier 15 NS-Vertreter, um die «Endlösung der Judenfrage» zu planen. Kaum einer von ihnen wurde deswegen zur Rechenschaft gezogen. Heute ist das Haus eine Gedenk- und Bildungsstätte.
quelle: dpa dpa-zentralbild / z5466/_britta pedersen
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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Geralt von Riva
23.01.2025 10:55registriert Mai 2021
Ich finde das erschreckend.
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fosforo
23.01.2025 11:54registriert September 2023
Da stimmt was mit dem Geschichtsunterricht nicht.
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Massalia
23.01.2025 11:47registriert Juni 2021
Weshalb rechte und rechtsextreme bei der Bildung wohl sparen wollen?

Weil es ihrer egoistischen und asozialen Politik, ihren Feindbildern und ihren Lügen in die Hände spielt.
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