Wir leben in einer Informationsgesellschaft. Die Menschheit häuft unfassbare Mengen von Daten an – in zehn Minuten kommen heute mehr Daten hinzu als von der Urzeit bis zum Jahr 2002.
Die Datenflut stellt auch die Langzeitarchivierung vor Probleme. Während Schriftrollen oder Pergament zwar nur bescheidene Mengen an Information speichern können, bleiben diese Trägermedien unter günstigen Bedingungen jahrhunderte- oder gar jahrtausendelang erhalten. Digitale Speichermedien wie Server und Festplatten, auf denen der Löwenanteil der heutigen Daten lagert, sind dagegen weit weniger langlebig.
Kein Wunder versuchen Forscher ein Speichermedium zu nutzen, das bereits seit Jahrmillionen in Gebrauch ist: Die Erbsubstanz DNA, eine Entwicklung von Mutter Natur höchstpersönlich, kann grosse Mengen an Information kompakt speichern. Schon vor gut zwei Jahren gelang es Wissenschaftlern, Daten in Form von DNA zu speichern und wieder abzulesen.
Allerdings gibt es einen Haken dabei: Der Zerfall der DNA – sie regiert chemisch mit der Umwelt – und die Fehleranfälligkeit beim Schreiben und Lesen der Daten führt zu Lücken und Fehlinformationen bei den archivierten Daten. Dieser Effekt tritt sogar dann auf, wenn zwischen Schreiben und Lesen nur wenig Zeit verstreicht. Für die Langzeitarchivierung ist das eine schwere Hypothek.
Ein Forscherteam um Robert Grass, Dozent am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich , hat nun gezeigt, wie eine fehlerfreie Langzeitspeicherung der Daten in DNA-Form aussehen könnte. Immerhin lässt sich auch mehrere hunderttausend Jahre altes Erbgut aus fossilen Knochen isolieren und analysieren, denn es ist in den Fossilien verkapselt und geschützt. «Ähnlich wie in solchen Knochen wollten wir die informationstragende DNA durch eine künstliche Hülle schützen», erklärt Robert Grass in einer Mitteilung der ETH.
Dazu verwendeten die ETH-Forscher Siliziumdioxid-Kügelchen von etwa 150 Nanometern Durchmesser. In diese Glaskügelchen kapselten sie die DNA ein, die sie mit dem Schweizer Bundesbrief von 1291 sowie «Archimedes‘ Methodenlehre von Mechanischen Sätzen» beschrieben hatten. Zum Lesen der archivierten Daten wurde die Erbsubstanz mittels einer Fluoridlösung wieder aus dem Silikatmantel gelöst.
Den chemischen Verfall der DNA über mehrere Jahrhunderte simulierten die Wissenschaftler dadurch, dass sie die eingebettete DNA bis zu einem Monat bei Temperaturen zwischen 60 und 70 Grad Celsius lagerten. Würde man die DNA-kodierte Information dagegen bei tiefen Temperaturen aufbewahren, wie zum Beispiel bei minus 18 Grad Celsius im weltweiten Saatgut-Tresor auf Spitzbergen, könnten die Daten über eine Million Jahre überdauern, prophezeien die Forscher.
Neben der beschädigungsfreien Lagerung des Informationsträgers spielt jedoch auch die Fehleranfälligkeit beim Schreiben und Lesen der Daten eine wichtige Rolle. Reinhard Heckel vom Institut für Kommunikationstechnik der ETH entwickelte deshalb eine Methode zur Fehlerkorrektur. Sie basiert darauf, an die eigentlichen Daten zusätzliche Information anzuhängen. Heckel: «Um eine Parabel zu definieren, braucht es eigentlich nur drei Punkte. Wir fügen quasi noch zwei weitere hinzu, falls einer verloren geht oder sich verschiebt.»
Dank dieser auf sogenannten Reed-Solomon-Codes basierenden Korrektur konnten die Forscher die testweise DNA-kodierte Information, also den Bundesbrief und den Archimedes-Text, fehlerfrei wiederherstellen. (dhr)