Fünf grundlegende Geschmacksrichtungen kann der Mensch mit den Rezeptoren seiner Geschmackssinneszellen unterscheiden – süss, sauer, salzig, bitter und umami. Umstritten ist, ob es noch einen sechsten Geschmack gibt, nämlich «fett». Unser Geschmackssinn hilft uns dabei, Dinge – vor allem Nahrungsmittel – zu identifizieren, die wir in den Mund stecken. Die Geschmacksrichtung umami deutet beispielsweise auf energiereiche, nahrhafte Stoffe hin, während bitterer Geschmack eher als Warnung dient – bitter schmeckende Früchte könnten eventuell giftig sein.
Es gibt drei verschiedene Typen von Geschmackssinneszellen:
Die Zellen sind jedoch gewissermassen spezialisiert: Während die eine Typ-II-Zelle ausschliesslich die Geschmacksrichtung umami registriert, ist es bei einer anderen süss. Bisher galt denn auch als gesichert, dass jede Sinneszelle nur Rezeptoren enthält, die jeweils nur eine bestimmte Geschmacksqualität registrieren können. Eine Geschmacksknospe kann allerdings bis zu hundert Sinneszellen für verschiedene Geschmacksrichtungen beherbergen, und eine Papille wiederum enthält bis zu hundert Geschmacksknospen.
Forscher der Universität von Buffalo im US-Staat New York haben nun aber bei Mäusen Geschmackssinneszellen entdeckt, die nicht nur eine Geschmacksrichtung registrieren können, sondern gleich vier: süss, sauer, bitter und umami. Lediglich salzig können diese multitaskingfähigen Zellen nicht feststellen, wie die Wissenschaftler um Kathryn Medler in ihrer Studie schreiben, die im Fachmagazin «PLOS Genetics» erschienen ist.
Diese multitaskingfähigen Zellen nannten die Wissenschaftler «BR-Zellen» (für «broadly responsive», etwa «allgemein reaktionsfähig»). Sie konnten sie auf den Zungen der Nagetiere nachweisen, indem sie mittels Farbstoffen, die auf Zellaktivität reagieren, genau feststellten, welche Zellen auf welchen Reiz ansprachen. Alle BR-Zellen reagierten auf vier verschiedene Geschmacksreize und meldeten diese dem Gehirn.
Die BR-Zellen scheinen dabei nicht einfach die anderen Zellen zu ergänzen – sie spielen offenbar eine wichtige Rolle. Wenn diese Zellen nicht funktional seien, erklärt Medler, würden sich Mäuse so benehmen, als ob sie Wasser trinken statt Flüssigkeit mit Geschmacksreizen. Dies lässt vermuten, dass sie in der Tat nichts schmecken und dass deshalb beide Zelltypen notwendig sind, sowohl die BR-Zellen wie die spezifischen Geschmackszellen. Der Verlust von einer dieser beiden Zellpopulationen, so Medler, führe dazu, dass das Gehirn nicht aktiviert werde. Dies weise darauf hin, dass Signale von beiden Zellgruppen notwendig seien, um die Geschmacksinformation zum Gehirn zu schicken.
Warum diese BR-Zellen ausgerechnet die Geschmacksrichtung salzig nicht erkennen können, wissen die Forscher nicht. Um diese Frage zu beantworten, wollen sie weitere Untersuchungen durchführen. Die Vermutung von multitaskingfähigen Geschmackszellen bei Säugetieren ist übrigens nicht neu. Sie waren aber bisher nie nachgewiesen worden. Die Frage ist nun, ob auch Menschen solche BR-Zellen besitzen. Dafür sind weitere Untersuchungen notwendig. (dhr)