In der Gegenwartskultur haben Totenköpfe viele Bedeutungen: Als Sinnbild für den Tod sind sie eine Warnung vor Gewalt oder Gefahr, vor giftigen oder toxischen Substanzen. In den 1960er-Jahren waren die Totenköpfe ein beliebtes Designmotiv der Popkultur, als das sie oft Widerstand oder das Brechen von traditionellen Tabus symbolisierten.
1969 begann der Popkünstler Andy Warhol seine schreiend bunte Gemäldereihe mit Schädeln, die möglicherweise von seiner Nahtoderfahrung in einem Schussattentat ein Jahr zuvor ausgelöst wurde. Rockmusikgruppen wie Grateful Dead oder Motörhead verwendeten in ihren Grafiken häufig Totenkopf- und Skelettbilder und in den letzten Jahren ist vor allem der Totenkopf immer häufiger in der Mode- und Schmuckwelt anzutreffen.
Diese heutigen Nutzungen sind das Erbe einer viel älteren Geschichte des Totenkopfs und des Skeletts als Designmotiv in der europäischen Kunst und Schmuck, wobei die Symbolik mehr Zwischentöne hatte als ein einfaches Vorzeichen des Todes und sie einen philosophischeren Ansatz der menschlichen Übergangsriten darstellten.
Der Ring, das intimste aller Schmuckstücke, erinnert an spezielle Ereignisse im Leben und trägt oft persönliche Botschaften. Rubine und Diamanten, die Liebe und Tugend symbolisieren, waren und sind die beliebtesten Schmucksteine für Verlobungs- und Eheringe, wie das Beispiel mit den ineinander verschlungenen Zwillingsringen zeigt. Diese werden Zwillingsringe genannt und waren im späten 16. und 17. Jahrhundert populär.
Im Ringkopf des einen Rings ist eine emaillierte Miniaturskulptur eines Kindes in Windeln verborgen, die nur sichtbar wird, wenn die beiden Ringe auseinandergenommen werden. Im entsprechenden Fach des Zwillingrings befindet sich ein Skelett, das möglicherweise als Memento mori gedacht ist, als Erinnerung an die Unvermeidbarkeit des Todes und die Notwendigkeit des sittlichen Lebens.
Mit der Gravur eines Teils des Ehegelübdes in die Ringinnenseite erinnern die Ringe auch an dessen dauerhafte Natur: «QUOD DEUS CONNIUNXIT, HOMO NON SEPARAT» (Was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht trennen). Solche Ringe wurden in ganz Europa getragen, mit ähnlichen umgangssprachlichen Gravuren in Englisch, Niederländisch, Deutsch oder Französisch. Die beiden rechten Hände, welche den Ringkopf stützen, gehören zum Schliessmechanismus und stellen das Vertrauen und die Treue des Ehelebens dar.
Dieser Ring (spätes 16. bis frühes 17. Jahrhundert) führt diese erstaunliche Verbindung des Totenkopfs mit der Ehe weiter. Sein Ringkopf besteht aus einem Totenkopf, der von zwei Skeletten getragen wird. Auf der Unterseite des Rings ist das Fede-Motiv (Italienisch für Vertrauen) mit verschränkten rechten Händen zu sehen, das auf zahlreichen römischen, mittelalterlichen und Renaissance-Ringen zu finden ist. Das Fede-Motiv erinnert an das Ineinandergreifen der rechten Hände während der Trauung und steht auf den Verlobungs- oder Trauringen symbolisch für die Treue.
Ebenso unerwartet ist ein emaillierter Goldring aus dem frühen 18. Jahrhundert in Form eines diamantbesetzten Schädels und gekreuzten Knochen. Auch wenn das Design nur der Dekoration zu dienen scheint, waren Diamanten seit dem späten 15. Jahrhundert beliebte Schmucksteine für Verlobungsringe: Sie symbolisierten Beständigkeit und Tugend.
Memento-mori-Symbole – Lateinisch «Gedenke des Todes» – spielten auf die Unvermeidbarkeit des Todes an und waren eine Ermahnung, den christlichen Werten zu folgen. Sowohl in der europäischen Kunst, als auch in Europas Literatur und Musik diente die Darstellung des Todes der Moralisierung. Im frühen 17. Jahrhundert tauchte in den Niederlanden das Genre der Vanitas-Stillleben auf, wie jenes von Adriaen van Utrecht (1599–1652) und breitete sich rasch auf ganz Europa aus.
Diese Gemälde erinnerten die Mäzene, die das Kunstwerk in Auftrag gaben, an ihre Sterblichkeit und die Belanglosigkeit von weltlichem Reichtum oder Eitelkeit. Neben dem Totenkopf beginnt das Blumenbouquet zu welken, die Taschenuhr und das Stundenglas symbolisieren das Zerrinnen der Zeit und das Buch suggeriert die Vergeblichkeit des intellektuellen Strebens.
Die aufwändigen Weingläser, der kunstvolle Goldbecher und die Tonpfeife mit losem, in Papier gewickeltem Tabak sind Symbole für die weltlichen Freuden des Trinkens und Rauchens und die Münzen, die Perlen- und Goldkette, der Ring und die Ohrringe stehen für die menschliche Eitelkeit. Die Moral der Gemälde und des Schmucks mit ähnlichen Motiven ist klar: Das Leben ist vergänglich und irdisches Glück flüchtig.
Totenköpfe wurden auch verwendet, um religiöse Überzeugungen zu vermitteln. Zwei Schlangen, die sich um einen leuchtend hell emaillierten Totenkopfring aus dem frühen 18. Jahrhundert winden, betonen die Verwobenheit von Leben und Tod. Die Schlange mit ihrem giftigen Biss stellt den Tod dar; gleichzeitig symbolisiert die natürliche, regelmässige Häutung die Auferstehung Christi.
Im späten 17. und 18. Jahrhundert spielte Schmuck mit abgebildeten Särgen und Skeletten weniger auf das moralische Konzept des Memento mori an, als vielmehr auf den Verlust einer geliebten Person. Der sargförmige Ringkopf aus schwarz-weisser Emaille eines zierlichen Rings des späten 17. Jahrhundert verbirgt ein Skelett. Das weisse Kreuz auf dem Schaubett des Sargs deutet darauf hin, dass er als Zeichen der Trauer getragen wurde. Dies wird noch verstärkt durch das Auge auf der Ringschulter, aus dem drei Tränen fallen.
Trauerringe wurden insbesondere in England als Andenken an die Verstorbenen gefertigt und wurden in Testamenten oft als Erinnerungsgeschenk für Freunde und Familie aufgeführt. Diese waren nicht selten mit dem Namen der verstorbenen Person, ihrem Alter und Todesdatum beschriftet, wie auf einem englischen Ring von 1734, auf dem in einer Mischung von Englisch und Lateinisch steht: Mary Friend, verstorben am 12. Juni 1734, im Alter von 18. Trauerringe enthielten oft ein Haar der verstorbenen Person, wie es bei diesem Beispiel unter dem Kristall hinter einem winzigen weissen Totenkopf auf dem Ringkopf zu sehen ist.
Ein spätviktorianischer Goldring mit plastischen Figuren und gotischen Architekturelementen wurde wohl nie getragen, sondern als Liebhaberstück aufbewahrt. Die Themen einer weiter zurückliegenden Symbolik – wobei die Gestaltung wohl einer literarischen Quelle folgt – sind Vergänglichkeit und Erlösung. Auf einem aufwändig mit Quasten geschmückten Tischtuch thront als Memento-mori-Symbol ein weiss emaillierter Totenkopf.
Eine lebensnahe, sich an den Tisch krallende Eule symbolisiert die Nacht, den Schlaf und den Tod. Der darunter schwebende bunte Schmetterling ist das Symbol für die wiederauferstandene menschliche Seele. Auf der gegenüberliegenden Seite stellt die liegende Engelsfigur mit zum Gebet gefalteten Händen die Erlösung dar.
Die Faszination für den Totenkopf und das Skelett als Symbole für den Kreislauf von Leben und Tod ist in der ganzen europäischen Schmuckgeschichte präsent.